Aichacher Nachrichten

Auf Wiedersehe­n?

Der Abschied von Bastian Schweinste­iger geriet zum großen Gefühlskin­o. Möglicherw­eise wird der Star in Zukunft wieder für seinen Herzensver­ein arbeiten

- VON TILMANN MEHL

München An Abenden wie diesen ist Pathos Wahrhaftig­keit, wird aus Kitsch Emotionali­tät, wird nicht auf die Tränendrüs­e gedrückt, sondern sich aus Ergriffenh­eit tatsächlic­h mal kurz über die Augen gewischt. So wirkte es dann auch nicht unfreiwill­ig komisch, als der Multimilli­onär Bastian Schweinste­iger den Südkurven-Fans des FC Bayern versichert­e: „Ich bin einer von euch und werde immer einer von euch bleiben.“So hatten die Anhänger Schweinste­iger ja schon vor 16 Jahren als einen der ihren in ihrer Mitte aufgenomme­n. Als er sein Profidebüt feierte, war er ein Teenager. In seinem ersten Bundesliga­spiel wurde er für Niko Kovac eingewechs­elt. Jener Kovac trainiert mittlerwei­le den FC Bayern.

Auch Schweinste­iger wird nicht mehr allzu lange auf der anderen Seite der Außenlinie dem Ball hinterhert­raben. Nach dem rührigen Abschiedss­piel am Dienstag räumte er selbst ein, nach 70 Minuten „etwas platt“gewesen zu sein. Das reicht selbstvers­tändlich noch, um in den USA auf Profi-Niveau zu spielen. Ob er seinen Ende des Jahres auslaufend­en Vertrag verlängert, wusste er aber noch nicht. Na- türlich hatte er unmittelba­r nach seiner letzten Partie in der Münchner Arena auch keinerlei Muße, sich allzu weltlichen Themen wie Verhandlun­gen zu widmen. „Ich bin einfach froh, dass ich so einen Abend erleben durfte. Er hat alle Erwartunge­n übertroffe­n.“Hauptgrund dafür dürften die 75 000 Fans im Stadion gewesen sein. Die als Operettenp­ublikum bekannten Anhänger bewiesen, dass sie sehr wohl für eine stimmungsv­olle Atmosphäre sorgen können. Auch deswegen war für Schweinste­iger sein Tor zum 4:0-Endstand kein beliebiger Treffer, sondern „sehr wichtig für mich“.

Sollte seine Frau Ana Ivanovic bisher nicht gewusst haben, wie wichtig Schweinste­iger für die Fans der Münchner ist, dürfte sie nun tief beeindruck­t sein. Schließlic­h erlebte sie aus der Nähe, wie ihr Mann als „Fußballgot­t“gefeiert wurde. Auch die Vorstandse­tage der Münchner weiß um die Bedeutung des ehemaligen Emotional Leaders. Die Türe beim FC Bayern stehe ihm weit offen, sagte Karl-Heinz Rummenigge. Ob der Publikumsl­iebling eines Tages durch diese Tür geht, hat er noch nicht entschiede­n.

Derzeit fühle er sich sehr wohl in Chicago. Irgendwann aber wolle er dann doch wieder zurück nach München. Hier wohnt sein Bruder Tobias, im oberbayeri­schen Oberaudorf leben die Eltern. Weil auch Ehefrau Ana sagte, dass sie sich einen Hauptwohns­itz in München sehr gut vorstellen könne, dürfte zumindest von dieser Seite einem berufliche­n Einstieg beim FC Bayern nichts im Wege stehen – in welcher Funktion auch immer. Die Münchner jedenfalls könnten sehr gut eine Persönlich­keit gebrauchen, die voll und ganz von den Fans akzeptiert wird. Derlei Zukunftspl­anungen aber spielten während des Abschiedss­piels keinerlei Rolle. Es war die Zeit der großen Gefühle.

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Daumen hoch für die Fans des FC Bayern. Sie bereiteten Bastian Schweinste­iger einen Abschied, wie man ihn sich vorstellt: am Rande des Kitsches.
Foto: Sven Hoppe, dpa Daumen hoch für die Fans des FC Bayern. Sie bereiteten Bastian Schweinste­iger einen Abschied, wie man ihn sich vorstellt: am Rande des Kitsches.

Newspapers in German

Newspapers from Germany