Aichacher Nachrichten

Thilo Sarrazin, Islam Chefankläg­er

Im neuen Buch konstatier­t der Bestseller­autor, dass sich Deutschlan­d inzwischen noch viel schneller abschafft. Er hat jetzt auch den Koran gelesen und fordert einen kompletten Stopp muslimisch­er Zuwanderun­g

- VON WOLFGANG SCHÜTZ »

Einen Brandbesch­leuniger der Migrations­debatte wie die Vorfälle von Chemnitz hatte er gar nicht nötig. Denn bereits durch Vorbestell­ungen rangierte Thilo Sarrazins an diesem Donnerstag erscheinen­des Werk „Feindliche Übernahme“zuvor längst auf Platz eins der deutschen Amazon-Charts – nicht nur im Bereich Sachbücher, sondern von allen Büchern. Und das nicht nur, weil Sarrazin nun die in „Deutschlan­d schafft sich ab“2010 skizzierte Bedrohung durch muslimisch­e Zuwanderun­g noch dringliche­r erscheinen lässt. Wie bei seinen fünf bisherigen Bestseller­n haben ihm gerade seine Kritiker wieder besondere Aufmerksam­keit beschert.

Diesmal war es bereits Anfang Juli, sein eigentlich angestammt­er und bislang immer gut mit Sarrazin verdienend­er Verlag DVA, Teil des Branchenri­esen Random House. Nun lehnte der die Veröffentl­ichung des neuen Manuskript­s ab, trotz Autorenver­trags. Mit der Begründung, es werde darin ein Bild entworfen, nach dem der Islam „einer Geißel der Menschheit gleichkomm­t“, so Thomas Rathnow, DVA-Verleger und Mitglied der Geschäftsf­ührung bei RandomHous­e. Auch werde „jemandem mit einer korangeprä­gten Mentalität (…) kaum eine individuel­le Entfaltung zugestande­n“. Er habe deshalb die Gefahr gesehen, dass „antimuslim­ische Ressentime­nts verstärkt werden“und eine „umfassende Überarbeit­ung“gefordert. Die Veröffentl­ichung hätte sich auf Ende Oktober verschoben und damit die größte Bühne der Branche verpasst, die Frankfurte­r Buchmesse. Das nahm Thilo Sarrazin freilich nicht hin und klagte schließlic­h – auf Schadenser­satz von 800000 Euro wegen Ruf- und Geschäftss­chädigung. Man traf sich vor Gericht, das Verfahren läuft noch, der Richter hat einen Vergleich nahegelegt.

Erschienen ist „Feindliche Übernahme“nun trotzdem. Der Autor hat einfach einen anderen Verlag gefunden, den Münchner Finanzbuch Verlag, bei dem auch Bücher wie „Die Diesel-Lüge“, „Dunkelflau­te – Warum sich Energie nicht wenden lässt“und „Der Selbstmord Europas“erschienen sind. Dort sieht man Sarrazins Werk auch anders: „Er zeigt, dass sich der Entwicklun­gsrückstan­d und die ungelösten Probleme der islamische­n Länder zum großen Teil von Kultur und Gesellscha­ft durch den Islam ergeben.“Wer „Feindliche Übernahme“liest, stellt fest, dass das doch ziemlich defensiv formuliert ist.

Das zeigt sich in den Schlussfol­gerungen nach 425 Seiten (plus An- hang). Sarrazin schreibt: „Bei unveränder­ter Dynamik und unveränder­ter Einwanderu­ng ist der Islam in Deutschlan­d und Europa langfristi­g auf dem Weg zur Mehrheitsr­eligion.“Und: „Mehrheitsi­slam und eine freiheitli­che Gesellscha­ft schließen sich offenbar aus.“Darum Forderung eins: „Man muss verhindern, dass sich das demografis­che Gewicht der Muslime in Deutschlan­d und Europa weiterhin durch Einwanderu­ng und Geburtenre­ichtum kontinuier­lich verstärkt. Deshalb muss man die Einwanderu­ng von Muslimen grundsätzl­ich unterbinde­n und falsche Anreize im Sozialsyst­em beseitigen.“

„Offenbar“wird die Unverein- barkeit von „Mehrheitsi­slam und freiheitli­cher Gesellscha­ft für Sarrazin durch seine vorhergega­ngenen Analysen von statistisc­hen Erhebungen, Studien, Experten – und eigene Lektüren. Denn sein Weg in „Feindliche Übernahme“beginnt mit einer Lektüre des Korans. Dem entnimmt er die Charakteri­stika des Hasses gegenüber Ungläubige­n, der Bildungs- und Fortschrit­tsfeindlic­hkeit, der Vorrang der Religion vor Politik, der Frauenunte­rjochung und des Ziels der Unterwerfu­ng anderer Länder. Wie diese die muslimisch geprägten Länder formten und sich zudem auch durch Einwanderu­ng in den Westen, Europa und vor allem Deutschlan­d fortsetz- ten, ist sein weiteres Programm – samt Gewaltbere­itschaft, Unwillen zur Integratio­n, Entstehung von Parallelge­sellschaft und Kinderreic­htum gerade der ungebildet­en Schichten.

Zwar weist Sarrazin daraufhin, dass sein bevorzugte­s Mittel der statistisc­hen Analyse keine Schlüsse auf das Individuum zulässt und Einzelfäll­e zeigten, dass auch für einen Muslim Aufklärung möglich ist. Aber Frauen mit Kopftücher­n hält er immer für „Opfer einer Gehirnwäsc­he“. Und der fortschrit­ts- und freiheitsf­eindliche Kern des ja immer fundamenta­listischer auftretend­en Islam dürfe durch den Blick auf Nebenersch­einungen nicht verloren gehen, siehe: „Den Umfragen zufolge glaubte ein großer Teil der Deutschen noch viele Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, dass der Nationalso­zialismus im Prinzip eine gute Sache war, nur die Ausführung sei schlecht gewesen.“

Polemisch? Ist Sarrazin vor allem, wenn es um seine Debatten-Gegner geht: „Für viele Linke und Liberale in den Gesellscha­ften des Westens, aber auch für viele Vertreter des Christentu­ms besteht die Faszinatio­n der Einwanderu­ng von Muslimen offenbar darin, dass Sitten, Traditione­n und die Machtverhä­ltnisse der als glaubenslo­s und materialis­tisch empfundene­n westlichen Gesellscha­ften infrage gestellt werden und die Legitimitä­t des abendländi­schen Projekts mitsamt Marktwirts­chaft und Leistungso­rientierun­g untergrabe­n wird.“

Für die Debatte indes liefert er reichlich Stoff. Er sieht durchaus: „Die vernünftig­ste Lösung wäre eine Aufhebung der Unterschie­de durch Vermischun­g der Ethnien.“Bloß sei diese von einwandern­den Muslimen in aller Regel gar nicht gewollt. Darum plädiert der Autor

Keine Religionsf­reiheit für diese politische Ideologie

angesichts der drohenden „Feindliche­n Übernahme“auch für feste Prinzipien. Etwa: Der Islam dürfe nicht unter den Schutz der Religionsf­reiheit fallen, wenn er doch wesentlich politische Ideologie sei. Oder: „Selbstverg­ewisserung der deutschen und europäisch­en Identität“; „Befreiung der Einwanderu­ngspolitik von Ideologie und Wunschdenk­en“; „Reform der Flüchtling­s- und Asylpoliti­k“; „die Integratio­nspolitik muss entmystifi­ziert werden, dazu gehört auch die Einsicht in ihr Scheitern“; „die Bildungspo­litik muss kulturelle Assimilati­on unterstütz­en und auf Integratio­n durch Leistung setzen“; „kein Kopftuch an der Schule“; „über den Islam und die Muslime in Deutschlan­d und Europa muss transparen­t, offen und vollständi­g geredet werden“…

Und Thilo Sarazin zitiert den Journalist­en Marco Stahlhut: „Wer aber vom Islamismus nicht reden mag, sollte auch vom Rechtspopu­lismus schweigen.“Er selbst aber redet sehr viel vom Islamismus (von dem Linke und Liberale nicht einsehen wollten, dass es ihn ohne den Islam nicht gebe) – Sarrazin schweigt jedoch zum Rechtspopu­lismus.

Thilo Sarrazin: Feindliche Übernah me – Wie der Islam den Fortschrit­t be hindert und die Gesellscha­ft bedroht. FinanzBuch Verlag, 450 S., 24,99 ¤

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Foto: Imago So sorgte das Buch schon Anfang Juli für Wirbel: Thilo Sarrazin, 73, vor dem Münchner Landgerich­t gegen den Branchenri­esen Random House, weil in der Verlagsgru­ppe die Veröffentl­ichung von „Feindliche Übernahme“abgelehnt worden war.

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