Aichacher Nachrichten

Eine Fotocollag­e und ihre Geschichte

Die Französin Rose-Marie Duval suchte nach Spuren ihres Vaters in Augsburg. Die Nachforsch­ungen haben sich gelohnt. Bald möchte sie wieder in die Stadt zurückkehr­en

- VON CAROLIN STEINKE

Der Zweite Weltkrieg zerstörte Familien, Beziehunge­n und trennte Menschen über Ländergren­zen hinweg. Auch die 75-jährige Rose-Marie Duval hat ein solches Schicksal zu bekunden: Die Französin, die 1943 während des Zweiten Weltkriegs geboren wurde, erfuhr im Alter von 17 Jahren, dass ihr Vater ein Augsburger mit dem Namen Rudolf Dieminger ist. Durch die Kriegswirr­ungen bekam sie ihn jedoch nie zu Gesicht. Das Rätsel um ihn blieb jahrzehnte­lang ungeklärt.

Ein bisschen von der Geschichte hatte ihre Mutter ihr erzählt: Sie hatte Rudolf Dieminger während des Zweiten Weltkriegs in Augsburg kennengele­rnt. Die Französin, die hier in einer Streichhol­zfabrik arbeitete, verliebte sich in den deutschen Soldaten und wurde schwanger von ihm. Ihr gemeinsame­s Kind musste Monique Mené jedoch 1943 in Frankreich zur Welt bringen, da Rudolf Diemingers Eltern die Französin nicht akzeptiert­en und die erforderli­chen Papiere für die Geburt nicht unterschre­iben wollten. Nach Rose-Marie Duvals Entbindung kehrte ihre Mutter nach Augsburg zurück und blieb dort weitere zwei Jahre. Gegen Ende des Kriegs ging ihre Mutter wieder nach Frankreich und heiratete dort einen Franzosen. Dieser Mann nahm Rose-Marie Duval als sein eigenes Kind an, die erst im Alter von 17 Jahren erfuhr, dass dieser Mann nicht ihr richtiger Vater war.

Um zu erkunden, wo ihre Wurzeln liegen, machte sich Rose-Marie Duval nach dem Tod ihres Mannes mit ihren Enkeln Emma und Léa Wrobel sowie deren Freund Erwann Masurel nach Augsburg zur Spurensuch­e auf. Sie besuchten Rudolf Diemingers Grabstätte, sein ehemaliges Wohnhaus und sogar die Kirche, in der die Hochzeit mit seiner deutschen Frau stattgefun­den haben soll. Und sie wandte sich an unsere Zeitung, um ihre Suche öffentlich zu machen. Doch trotz aller Bemühungen blieb Rose-Marie Duvals größter Wunsch, nämlich ein Foto ihres Vaters zu sehen, unerfüllt.

Bis vor Kurzem. Kurz nach ihrer Rückkehr nach Frankreich wurde der 75-Jährigen eine Freude bereitet, mit der sie schon nicht mehr gerechnet hatte: Auf den im Juli in der Augsburger Allgemeine­n erschienen­en Artikel reagierte ein Augsburger, der Bilder von Rudolf Dieminger besaß. Als Sohn des Trauzeugen von Rudolf und seiner Frau war er eng mit der Familie verbunden, er kannte sie gut. Sofort schickte er das Fotomateri­al an die Enkel von RoseMarie Duval nach Frankreich.

Diese gestaltete­n ihrer Großmutter eine Fotocollag­e und überrascht­en sie damit. „Rose-Marie konnte ihr Glück kaum fassen“, erzählt Erwann Masurel. „Sie war völlig aufgelöst und beteuerte, das sei das schönste Geschenk ihres Lebens.“Diese Überraschu­ng ist wohl der Höhepunkt einer Geschichte, deren Beginn fast acht Jahrzehnte zurück

Die Französin will mehr über ihren Vater erfahren

liegt. Auch wenn Rose-Marie Duval nun genau das bekommen hat, was sie sich immer erhoffte – vorbei ist ihre Geschichte noch lang nicht: „Rose-Marie möchte unbedingt wieder nach Augsburg zurückkehr­en. Sie kann es kaum erwarten, noch mehr über ihren Vater in Erfahrung zu bringen“, sagt Léa Wrobel. Im nächsten Frühjahr will sich das vierköpfig­e Team deshalb wieder nach Deutschlan­d aufmachen, auch um Augsburg ein bisschen besser kennen zu lernen. Denn dafür sei beim letzen Mal kaum Zeit gewesen: „Die Schnitzelj­agd bei unserem ersten Besuch war sehr schön, aber auch anstrengen­d. Nächstes Mal lassen wir es hoffentlic­h entspannte­r angehen“, lacht Erwann Masurel.

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Foto: privat Rose Marie Duvals Enkel gestaltete­n für ihre Großmutter eine Fotocollag­e. Darauf sind auch Bilder von Duvals Vater Rudolf Die minger zu sehen, etwa ganz oben rechts.
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Foto: Annette Zoepf (Archiv) Waren auf Spurensuch­e in Augsburg (von links): Léa Wrobel, Erwann Masu rel, Rose Marie Duval und Emma Wro bel.

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