Aichacher Nachrichten

Diese App zählt erbarmungs­los mit

Wann, wo und vor allem wie oft schaut ihr auf euer Smartphone? K!ar.Texterin Julia Lenkeit wollte es wissen. Sie hat die Anwendung Checky getestet – und war erstaunt über das Ergebnis

- VON JULIA LENKEIT

Aichach Friedberg Schaue ich mich morgens im Bus um, sehe ich, dass sich rund drei Viertel der Fahrgäste mit ihrem Smartphone beschäftig­en. Sie hören Musik, chatten mit Freunden oder lesen die neuesten Nachrichte­n. Manchmal auch all das auf einmal. Denn ob bei der Arbeit, in der Schule oder beim Shoppen: Das Smartphone ist ein alltäglich­er Begleiter.

Obwohl ich mich selbst zu jenen Jugendlich­en zähle, die eher selten zu ihrem Handy greifen, weiß ich: Auch ich verbringe viel zu viel Zeit vor dem kleinen Bildschirm. Manchmal ist es eben einfach praktisch. Aber zugegeben, oft benutze ich es auch zum reinen Zeitvertre­ib. Beim Warten an der Bushaltest­elle zum Beispiel. Wie oft ich tatsächlic­h aufs Smartphone schaue, konnte ich bislang schwer einschätze­n. Um mehr über mein Handyverha­lten zu erfahren, habe ich drei Tage lang den „Checky – Phone Habit Tracker“getestet.

Die App zeichnet auf, wann, wo, und vor allem, wie oft man seinen Handybilds­chirm entsperrt.

Ein kurzes Vibrieren in der Tasche reißt mich aus meiner Gedankenwe­lt. Irgendjema­nd hat mir eine Nachricht geschickt. Nachschaue­n oder nicht? Eigentlich habe ich keine Lust, das Handy aus meiner Tasche zu holen. Doch dann packt mich die Neugier. Ich schaue doch – und entsperre den Bildschirm. Und dann denke ich: Wenn ich schon einmal am Handy bin, kann ich auch gleich noch meine E-Mails lesen. Ehe ich es wieder in die Tasche stecke, zeigt mir der Facebook-Messenger an: Sie haben fünf neue Meldungen. Na gut. Und so verbringe ich letztlich ganze zehn Minuten an meinem Smartphone, die ich eigentlich anders nutzen wollte.

Ich beginne zu grübeln: Ist mein Konsum noch im Rahmen oder entwickelt sich da eine Handysucht? Am Abend des ersten Tages bin ich überrascht. Laut Checky habe ich mein Handy an diesem Tag zwölf Mal entsperrt. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich mit mehr gerechnet.

Auf einer Karte zeigt mir die App an, an welchen Orten ich das Smartphone genutzt habe: am meisten zu Hause. Gleich am Morgen, kurz nach dem Aufstehen, zum Nachrichte­nlesen und Radiohören. Abends, kurz vor dem Schlafenge­hen, ging die Nutzung nach oben, weil ich mich mit Freunden ausgetausc­ht habe. Tagsüber – während meines Praktikums – habe ich mein Handy kein einziges Mal entsperrt. Da ist so viel passiert, dass ich mein Smartphone komplett vergessen habe. Am Wochenende sieht mein Handykonsu­m komplett anders aus: 21 Mal soll ich mein Smartphone benutzt haben.

Was mich allerdings überrascht: Im Vergleich zu einem durchschni­ttlichen Jugendlich­en sind die 21 Mal, die ich zum Handy gegriffen habe, so gut wie nichts. Laut dem US-amerikanis­chen Marktforsc­hungsinsti­tut Dscout benutzt ein Teenager sein Handy zwischen 76 und 132 Mal am Tag.

Und erst im Januar veröffentl­ichte die Universitä­t in Cardiff eine Studie, nach der rund jeder fünfte Jugendlich­e zwischen zwölf und 15 Jahren sogar nachts aufwacht, um online zu gehen. Die Folge: Diejenigen, die fast jede Nacht soziale Netzwerke nutzen, sind bis zu drei Mal müder als Durchschlä­fer. Und: Jene, die unter Müdigkeit litten, gaben auch an, unglücklic­her zu sein. Schockiere­nd, finde ich.

Das Problem: Viele wissen gar nicht, dass sie zu viel Zeit mit ihrem Handy verbringen – genau das kann eine App wie Checky ihnen vor Augen führen. Sie zeigt nämlich nicht nur an, wie oft und wo man das Handy entsperrt, sondern auch eine Statistik, wie sich der Konsum auf Dauer entwickelt. So kann überprüft werden, ob die Nutzung abnimmt oder steigt.

Was mich angeht: Ich habe nicht vor, mein Handyverha­lten gravierend zu ändern. Nur ab und an will ich mich fragen: Muss das jetzt wirklich sein?

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Foto: Christoph Schmidt, dpa Neben einer Schule steht in Reutlingen, Baden Württember­g, dieses Verkehrs schild.

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