Eine Gemeinde läuft sich warm
Morgen startet das Ehekirchener Hochzeitsfest. Das gipfelt am Sonntag im traditionellen Umzug. Bei vielen Teilnehmern steigt die Vorfreude darauf – aber auch der Stress. Denn noch gibt es einiges zu tun
Ehekirchen Hier noch ein Zupfen, da ein Ziehen, und schon steht der Festwagen geschmückt in der Garage. Nur das i-Tüpfelchen fehlt: die Blumen – vom Pferdegespann mal abgesehen. Diesen letzten Schliff bekommt das Gefährt allerdings erst Sonntag, kurz vor Beginn des traditionellen Umzugs durch Ehekirchen. Zum 36. Mal ziehen Frauen und Männer, Kinder und Erwachsene dann durch den Ort, um gemeinsam das Hochzeitsfest zu zelebrieren und um den Zuschauern zu zeigen, „wia’s früher war auf’m Land“. Doch noch ist einiges zu tun. Ein Stimmungsbild der Vorbereitungen:
Silvia Mittelhammer ist erleichtert. Wie viele andere ist auch ihr Objekt des Stolzes, der Wagen der Ehekirchener Waschfrauen, so gut wie fertig. „Nur halt die Blumendeko, der Hopfen und die Sonnenblumen fehlen“, sagt sie. Die Gerätschaften – darunter ein Kessel zum Wäschekochen, ein Waschtisch und ein Waschzuber – haben die Waschweiber bereits an einem Samstagnachmittag Mitte August auf die Ladefläche des Anhängers drapiert. Wie Silvia Mittelhammer erzählt, hätten ihre Familie und die Familie Lindermayr den Großteil der Gegenstände von vielen Flohmarktbesuchen in der Region zusammenge-
16 Leute haben vor Wochen Weizen gebunden
tragen. Zum fünften Mal werden sie in diesem Jahr zusammen durch Ehekirchen marschieren. Nervös? Silvia Mittelhammer lacht. Sie freue sich sehr, bekräftigt sie. Doch die Vorbereitungen laufen. Erst vor einigen Tagen habe sie entsprechende Unterlagen mit neuen Vorschriften für den Umzug bekommen. „Mittlerweile müssen wir aus Sicherheitsgründen ein Geländer am Wagen haben.“Dazu laufen Ordner nebenher, damit der Zug nicht gestört werden kann.
Mit gleich zwei Wagen startet der Schützenverein aus Walda in den Sonntag. Auf einem, erklärt Manfred Daferner, fahre ein Bauernpaar durch Ehekirchen. Beim zweiten Wagen handle es sich thematisch um einen Brotzeitwagen. Aufwendige Dekorationsarbeiten? Hach, sagt er und winkt ab, in zweieinhalb Stunden sei das erledigt gewesen – zumal acht Menschen beim Ausstaffieren mitgeholfen hätten. „Am Ende sitzen vier Erwachsene und zwei Kinder auf dem Brotzeitwagen.“Plus Pferdegespann, plus Kutscher. Als Zweiter Vorsitzender ist Alois Appel mit der bisherigen Organisation zufrieden. „Zu 90 Prozent sind wir mit allem durch“, sagt er überlegt. Lediglich der Bestand um das „Sonntagsg’wand“muss bis zum Wochenende weiter ausgebaut werden.
Nicht nur die Umzugsteilnehmer putzen sich heraus, auch der Ehekirchener Schulsportplatz hat in den vergangenen Tagen eine optische Veränderung durchlaufen: Seit gut einer Woche befindet sich hier ein knapp 1400 Quadratmeter großes Festzelt, das von Freitagabend an mehreren Tausend Menschen eine Obhut zum Feiern, Trinken und Beisammensein geben soll. Viele Stunden und die Kraft von 30 Männern aus sechs Ortsvereinen waren nötig, um die Stahlstelzen – inklusive Planen, exklusive Licht und Boden – aufzustellen. Die meisten Helfer mussten sich für diesen Tag extra freinehmen.
Seit Ende Juli stecken die Männer und Frauen vom Gartenbauverein Buch/Bonsal/Holzkirchen in den Vorbereitungen. Die Vorsitzende Gabi Grießer erzählt, dass eine Gruppe von 16 Leuten und mehreren Kindern schon vor Wochen den Weizen geerntet, eingeholt und gebunden habe, um damit den Umzugswagen auszulegen. Nach getaner Arbeit gab es für alle Brotzeit: mit Radi und Butter und allem
Drum und Dran. „Mei, das war schön“, schwärmt die Vorsitzende noch heute. „Eine Brotzeit wie früher.“Das Streu wird dem Verein übrigens von einem Landwirt der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Diesmal war es Franz Hugl.
Während der Getreidewagen bis zum Festsonntag im Geschützten verweilen darf, muss andernorts weiter Hand angelegt werden. Zum Beispiel am „alten G’wand“. Denn: Für etwa 40 Personen müssen Hosen und Röcke, Kleider und Schuhe, Blusen und Hemden aufgetrieben werden – ebenso wie Wagen, Obstkörbe und andere „Gretzl“. Doch
die Vorsitzende bleibt unbesorgt: „Da wird einfach jeder bei uns im Dorf beschäftigt“, sagt sie.
Woran’s dann noch fehlt? „Am Kraut und den Buben“, fasst Gabi Grießer zusammen. Kraut und Buben? Tatsächlich: Während des Umzugs am Sonntag, und das ist besonders, stampfen junge Burschen frisches Sauerkraut. „Für sie ist das eine Ehre“, sagt die Vorsitzende. Auch ihr eigener Sohn sei schon einmal mit dabei gewesen. Für diese Saison muss allerdings eine neue Mannschaft ausfindig gemacht werden. Ach ja – und das Kraut, das fehlt auch noch.