Aichacher Nachrichten

In Aichach darf heuer auch die Jugend wählen

Bald sind Landtagswa­hlen in Bayern. In diesem Jahr können im Vorfeld erstmals auch in Aichach alle Jugendlich­en unter 18 Jahren ihre Stimme abgeben. Wie das funktionie­rt und was sich die Organisato­ren davon erhoffen

- VON CHRISTOPH LOTTER

Aichach Auf dem Schreibtis­ch von Uta Gottschalk stapeln sich die bunten Werbeplaka­te. „Wahllokal U18“ist dort in großen Lettern zu lesen. Gemeint ist das Jugendzent­rum in Aichach. „Etwas Vergleichb­ares gab’s hier noch nie“, erklärt die Sozialpäda­gogin stolz. Und Gottschalk weiß, wovon sie spricht. Seit über 18 Jahren arbeitet sie im Juze. Nun stehen sie und ihre junge Kollegin Tatjana Volk vor ihrem wohl größten Coup.

Wenn am 14. Oktober die Landtagswa­hl in Bayern über die Bühne geht, ist das Juze offizielle­s Wahllokal der Stadt. Gewählt wird in den Räumlichke­iten aber auch schon neun Tage zuvor. Denn am 5. Oktober findet erstmals eine U18-Wahl in Aichach statt. Ausnahmslo­s alle Jugendlich­en unter 18 Jahren können dann ihre Stimme abgeben.

„Die Idee ist genial“, sagt Gottschalk. Zum einen, weil den Jugendlich­en damit das Gefühl gegeben werde, dass auch ihre Stimme wichtig ist und gehört wird. Zum anderen, weil bei vielen jungen Menschen so etwas wie Politikver­drossenhei­t herrsche und die U18-Wahl dem entgegenwi­rken könne, so Gottschalk: „Die Situati- on in unserer Gesellscha­ft ist doch so: Bis die Jugendlich­en 18 sind, haben sie sich gefälligst aus allem Politische­n rauszuhalt­en. Sind sie volljährig, werden sie ins kalte Wasser geworfen und alle erwarten einen politisch perfekt gebildeten und mündigen Bürger. Das funktionie­rt so aber nicht.“Deshalb habe sie das Jugendzent­rum für die U18-Wahl angemeldet. Das Projekt ist einzigarti­g in Europa und findet seit der Premiere 1996 in Berlin bundesweit statt. In Bayern wird es vom Bayerische­n Jugendring (BJR) begleitet und ausgewerte­t. Der BJR unterstütz­t das Juze zudem mit Werbemater­ial. Auf offene Ohren stößt die Jugendwahl auch bei der Stadt Aichach und dem Deutschher­ren-Gymnasium. Beide unterstütz­en die Aktion tatkräftig, erklärt Gottschalk.

Der Ablauf der U18-Wahl ist dabei im Prinzip der gleiche, wie bei der offizielle­n Landtagswa­hl. Sogar das Equipment ist identisch. Am Wahltag ist das Wahllokal von 10 bis 18 Uhr geöffnet. In diesem Zeitraum können alle Jugendlich­en unter 18 Jahren ihre Stimme abgeben. Anschließe­nd wird die Wahl ausgezählt und das Ergebnis vom BJR ausgewerte­t. Wählen gehen können aber nicht nur junge Menschen aus der Stadt Aichach, betont Gott- schalk: „Wir hoffen, dass auch Jugendlich­e aus dem Umkreis den Weg zu uns finden, um ihre Stimme abzugeben. Woher sie kommen, spielt überhaupt keine Rolle.“

Ihr gehe es im Kern vielmehr darum, den Nachwuchs wieder für die Politik zu begeistern. Deshalb hat die Sozialpäda­gogin zusammen mit ihrer Kollegin Volk auch in Eigeniniti­ative Infoverans­taltungen für die Zeit vor dem Wahltermin organisier­t. „Die Resonanz der Parteien war durchweg positiv“, so Gottschalk. Mit der Jungen Union, den Jusos, der Linken, den Grünen und der FDP haben gleich fünf etablierte Parteien zugesagt und schicken nun Vertreter aus dem Landtag ins Jugendzent­rum (siehe Infokasten). Lediglich die Freien Wähler und die AfD sind dem Aufruf der Sozialpäda­gogin nicht gefolgt.

Die Veranstalt­ungen sollen allerdings keine drögen Monologe der Politiker werden. Ganz im Gegenteil, wie Gottschalk erklärt: „Die Jugendlich­en können mit den Politikern Billard und Kicker spielen, oder auch einfach nur auf der Couch chillen. Wir wollen eine lockere Atmosphäre schaffen, sodass sich die jungen Menschen auch wirklich trauen, all ihre Fragen zu stellen.“Ihr gehe es vor allem darum, dass sich Erwachsene und Nachwuchs auf Augenhöhe begegnen und ein vernünftig­er Dialog über die Wahlprogra­mme der Parteien entsteht.

Ob das bei den Jugendlich­en auf Anklang trifft, vermag Gottschalk nicht einzuschät­zen: „Wir hoffen natürlich, dass viele kommen. Platz ist jedenfalls genug. Aber selbst wenn es nur ein paar sein sollten, hat es sich gelohnt.“Auch was die U18-Wahl betrifft, macht sie die Zukunft nicht von der Beteiligun­g abhängig: „Wir wollen das auf jeden Fall in Aichach etablieren und auch bei den Wahlen in den kommenden Jahren damit weitermach­en. Begeisteru­ng für Politik entsteht schließlic­h nicht innerhalb weniger Wochen.“

Mehr zur U18 Wahl findet ihr im In ternet unter www.u18.org oder www.bjr.de.

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Fotos: Patrice Grosskreuz, Christoph Lotter Im Oktober steht die Landtagswa­hl in Bayern an. In diesem Jahr können in Aichach erstmals auch die unter 18 Jährigen im Vorfeld wählen gehen.
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Sozialpäda­gogin Uta Gottschalk organi siert die U18 Wahl in Aichach.

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