Was den Deutschen Angst macht
In den letzten zwei Jahren löste die Terror-Gefahr die größte Furcht aus. Doch das sieht 2018 ganz anders aus
Berlin Die Angst vor Terrorismus hat sich in den Köpfen festgesetzt. In den vergangenen zwei Jahren gab es nichts, was die Deutschen stärker beunruhigte. Doch nun gibt es ein neues Schreckensszenario: Die Bevölkerung fürchten sich vor allem vor der „America First“-Politik des US-Präsidenten. „Mehr als zwei Drittel der Deutschen haben große Angst davor, dass die Politik von Donald Trump die Welt gefährlicher macht“, sagte Brigitte Römstedt von der R+V-Versicherung bei der Vorstellung der Studie „Die Ängste der Deutschen“am Donnerstag in Berlin.
Mit 69 Prozent erreicht diese Sorge einen der höchsten Werte, die jemals in der Ängste-Studie gemessen wurde. Auf den Plätzen zwei und drei folgen mit jeweils 63 Prozent die Befürchtung vor einer Überforderung durch Flüchtlinge und vor Spannungen durch Ausländer. „Das Fazit: 2018 ist ein Jahr der politischen Ängste“, resümierte Manfred Schmidt, Politologe an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Ein „epochaler Bruch“ist für Schmidt, dass ein außenpolitisches Thema auf Platz eins landet: „So etwas hatten wir noch nicht.“
Die Gefährdung des Freihandels, das aggressive Verhalten Trumps gegen internationale Bündnisse und die Nato-Sicherheitspolitik: Das alles ist laut Schmidt ausschlaggebend für die größte Angst der Deutschen. „Verstärkend wirken Trumps Attacken gegen Deutschland. Wenn die USA sich weigern sollten, Ländern mit vermeintlich zu geringen Verteidigungsausgaben militärischen Beistand zu leisten, bringt das die derzeit verteidigungsunfähige Bundesrepublik in eine schwierige Lage.“
Deutsche fühlen sich von der großen Zahl von Flüchtlingen überfordert. Außerdem fürchten sie, dass es durch den weiteren Zuzug zu Spannungen zwischen Deutschen und Ausländern kommen könnte. Auf Platz vier folgt die Sorge um Politiker (61 Prozent), die den Problemen nicht gewachsen sind. Danach kommt erst die Angst vor Terrorismus: Sie sinkt mit zwölf Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr am stärksten, bleibt dennoch mit 59 Prozent überdurchschnittlich hoch.
„Aus der Langzeitbeobachtung wissen wir, dass die Ängste von aktuellen Ereignissen und der Präsenz in den Medien beeinflusst werden. Unmittelbar nach spektakulären Attentaten ist die Furcht dementsprechend größer“, erklärte Römstedt. Platz sechs belegt die Furcht vor hohen Kosten für Steuerzahler durch die EU-Schuldenkrise. Die Angst vor Extremismus – im Vorjahr noch auf Platz zwei im Ranking – steht 2018 auf Platz sieben. Die Ausschreitungen in Chemnitz fließen nur zum Teil in die Bewertung ein. Die letzten Zahlen belegen laut Schmidt jedoch: „Zwei Drittel der Deutschen befürchten nach Chemnitz, dass der Rechtsextremismus an Gefährdungspotenzial gewinnt.“
Zum ersten Mal fiel die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten (49 Prozent) aus den Top Ten. Auf Rekordtief befindet sich mit 25 Prozent die Sorge vor Arbeitslosigkeit. Was die Ängste betrifft, ist Deutschland homogen – regionale Unterschiede gibt es kaum. Insgesamt bleibt die Angst 2018 aber überdurchschnittlich hoch. Der Angstindex – der Durchschnitt der abgefragten Sorgen – ist seit 2017 um ein Prozent gestiegen. Dieses Jahr knackten zehn der abgefragten 21 Sorgen die 50-Prozent-Marke – deutlich mehr als zuvor.