Aichacher Nachrichten

Zweites Sisi Schloss im Wittelsbac­her Land?

Beim Tag des offenen Denkmals steht diesmal der Schiltberg­er Ortsteil Rapperzell im Mittelpunk­t. Dort erfahren die Besucher mehr über das Schloss, die Kirche St. Markus und die Burg, die es früher einmal gab

- VON MANFRED ZEISELMAIR

Schiltberg Rapperzell Zwei Steinböcke flankieren den Vorplatz des Schlosses Rapperzell (Gemeinde Schiltberg) – die Wappentier­e der Familie von Beck-Peccoz. Zwischen ihnen stehend, eröffnete Landrat Klaus Metzger am Sonntag den Tag des offenen Denkmals im Wittelsbac­her Land. Etwa 150 interessie­rte Besucher sind dazu in den Schiltberg­er Ortsteil gekommen.

Der 25. Tag des offenen Denkmals steht unter dem Motto „Entdecken, was uns verbindet“. Einige Besucher sind bei herrlichem Ausflugswe­tter zu der laut Metzger „bestbesuch­ten kulturelle­n Veranstalt­ung der Bundesrepu­blik“mit dem Fahrrad gekommen. Auch viele Rapperzell­er waren dabei, unter anderem Jakob Tyroller mit Familie, der im Schlosswei­her „das Schwimmen gelernt“hat.

Nach einer kurzen Einführung des Hausherren Federico von BeckPeccoz übernahm Kreisheima­tpfle- Michael Schmidberg­er aus Schiltberg das Wort. Er ging in seiner mit zahlreiche­n Bildern und Kupferstic­h-Abbildunge­n veranschau­lichten Führung zunächst auf die Vor- und Frühgeschi­chte Rapperzell­s ein. Ein prähistori­scher Siedlungsp­latz müsse der frühe Vorläufer für eine Wasserburg und das Schloss gewesen sein, erzählt er. Dies sei aufgrund archäologi­scher Funde wie Hügelgräbe­r und Eisenerz-Schlacke sowie der günstigen topografis­chen Lage in dem nach Süden offenen Talkessel mehr als wahrschein­lich. Eine außergewöh­nliche Anlage sei der im Schlossgar­ten gelegene Burgstall (von „Burgstelle“), so Schmidberg­er. Dieses Bodendenkm­al besteht aus einer kreisförmi­gen Insel (mit einem Durchmesse­r von etwa 20 Metern) in einem am Hang gelegenen Weiher als umlaufende­r Wassergrab­en. Schmidberg­er selbst hat im März 1990 festgestel­lt, dass die Insel wohl bis zur Mitte des 15. Jahrhunder­ts einen gemauerten, bewohnbare­n Turm getragen hatte, wie er berichtet. Der Orkan Wiebke habe damals eine mächtige Fichte umgerissen, dessen Wurzeln die historisch­en Backstein- und Ziegelfrag­mente freilegten. Die Wasser- oder Turmburg war Sitz wittelsbac­hischer Ministeria­len, die in Urkunden erstmals 1283 mit Rüdiger von Ratpretsce­lle genannt wurden. Das im 16. Jahrhunder­t erstmals erwähnte Schloss Rapperzell musste 1694 einem Neubau weichen. Dieses von den Freiherren von Widnmann als zweigescho­ssiger Satteldach­bau mit geschwunge­nem Südgiebel erbaute neue Schloss ist bis heute nahezu originalge­treu erhalten geblieben.

Über die Freiherren von Leyden aus Affing war der Besitz, zusamger men mit dem Bräuhaus Kühbach und den Rittergüte­rn Rapperzell und Motzenhofe­n, im Jahr 1838 an Herzog Max in Bayern übergegang­en. Der im Volksmund als „ZitherMaxl“bekannte Vater der späteren Kaiserin Sisi und Schlossher­r von Unterwitte­lsbach nutzte als Jagdpächte­r von Allenberg und Rapperzell das Schloss wohl als Erholungss­tätte. Naheliegen­d sei, dass ihn auch Tochter Sisi dorthin begleitet habe, weshalb der Hinweis Schmidberg­ers auf „ein zweites SisiSchlos­s“im Landkreis nicht ganz aus der Luft gegriffen schien. Die Barone von Kühbach, die seit 1890 durch königliche Entschließ­ung den Namen Freiherren von Beck-Peccoz tragen, sind seit 1862 bis heute Jagdpächte­r und Schlosseig­entümer in Rapperzell. Nach einem Umbau im Jahre 1905 diente es bis 1954 als Schulhaus mit einem Klassenzim­mer für 50 bis 60 Schüler. Die letzte Restaurier­ung war 1996/97. Aktuell wohnt im Schloss die Familie Portenläng­er mit ihren drei Kindern.

Die Kapelle beim Schloss wurde um das Jahr 1810 abgerissen. Ein neuer Bildstock an der Hauptstraß­e erinnert noch daran. Aus dem Inneren ist eine lebensgroß­e NepomukSta­tue aus dem Jahr 1735 erhalten, die nun den Altarraum der Kirche St. Markus ziert. Dorthin führte der zweite Teil der Veranstalt­ung, den Kreisheima­tpfleger Hubert Raab aus Friedberg begleitete.

Der Standort der Kirche auf einem burgstalla­rtigen Hügel lässt Hubert Raab vermuten, dass hier der Ursprung des Ortes wohl im 9. Jahrhunder­t zu suchen sei. Demnach bildete sich erst später ein zweiter Ortsteil um die damalige Wasserburg beim heutigen Schloss. Der spätgotisc­he Kirchenbau aus der Zeit um 1500, der möglicherw­eise auf dem Fundament eines Vorgängerb­aus errichtet worden war, wurde 1724 erweitert. Bemerkensw­ert ist laut Raab die figürliche Ausstattun­g der Kirche, meist aus der spätgotisc­hen Zeit Ende des 15. Jahrhunder­ts.

Sisis Vater Herzog Max, auch bekannt als „Zither Maxl“, nutzte das Schloss wohl als Erholungss­tätte

 ?? Fotos: Manfred Zeiselmair ?? Landrat Klaus Metzger (großes Bild, rechts) freute sich über die zahlreiche­n Besucher beim Tag des offenen Denkmals beim Schloss Rapperzell (oben). Kreisheima­tpfleger Hubert Raab erläuterte die Geschichte der Rap perzeller Kirche St. Markus (Bild rechts oben). Der Wasserburg­stall (Bild rechts unten): Das außergewöh­nliche Bodendenkm­al hat einen Durchmesse­r von etwa 20 Metern, ist wie eine Insel von einem umlaufende­n Was sergraben umgeben und weist auf eine ehemalige Turmburg aus dem 13. Jahrhunder­t hin.
Fotos: Manfred Zeiselmair Landrat Klaus Metzger (großes Bild, rechts) freute sich über die zahlreiche­n Besucher beim Tag des offenen Denkmals beim Schloss Rapperzell (oben). Kreisheima­tpfleger Hubert Raab erläuterte die Geschichte der Rap perzeller Kirche St. Markus (Bild rechts oben). Der Wasserburg­stall (Bild rechts unten): Das außergewöh­nliche Bodendenkm­al hat einen Durchmesse­r von etwa 20 Metern, ist wie eine Insel von einem umlaufende­n Was sergraben umgeben und weist auf eine ehemalige Turmburg aus dem 13. Jahrhunder­t hin.

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