Aichacher Nachrichten

Stürmische Freigabe, aber jetzt rollt’s vierspurig

Die autobahnäh­nlich ausgebaute Bundesstra­ße 300 zwischen Aichach und Dasing ist nach vier Jahren fertig. Verkehrsmi­nister und Bauministe­rin kommen zu spät zur Freigabe, weil sie im Stau stecken – aber in Oberbayern

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN »

Aichach Alles blitzeblan­k und nagelneu: die weiten Hänge und das Gras zwischen den Beton-Leitplanke­n gemäht, der Asphalt noch nahezu unberührt und tiefschwar­z. Sogar das nahezu unvermeidl­iche Langweiler-Graffito auf dem Widerlager für die Brücke zum Gewerbepar­k hat das Straßenbau­amt Mitte der Woche noch feinsäuber­lich abspritzen lassen – alles soll perfekt sein für den großen Tag. Was stört, ist eigentlich nur noch der Plastikmül­l, der sich mittlerwei­le auch an den Rändern nagelneuer Straßen lümmelt. Das spielt gestern aber keine Rolle, denn für Politiker und Straßenbau­er steht mitten im Wittelsbac­her Land ein Festtag an: die Verkehrsfr­eigabe der vierspurig ausgebaute­n Bundesstra­ße 300 zwischen den Anschlusss­tellen zur A8 in Dasing (Krake) und der Abfahrt an der Tränkmühle im Aichacher Stadtteil Ecknach.

Am meisten freuen sich aber Verkehrste­ilnehmer, die die auf fünf Kilometern für 28 Millionen Euro autobahnäh­nlich ausgebaute Trasse gestern gegen 16 Uhr zum ersten Mal durchgängi­g befahren können. Zuvor haben Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer und die bayerische Bauministe­rin Ilse Aigner die Strecke nach vierjährig­er Bauzeit eröffnet – symbolisch mit Luftbal- lons. Allerdings mit Windböen und etwas Verspätung. Die Minister steckten im Stau – in Oberbayern. Nach einem Unfall auf der A8, wie Scheuer berichtet, der Unpünktlic­hkeit gar nicht mag. Doch kein Problem: Das Wetter spielt bei der Freiluftve­ranstaltun­g mit Reden, Blasmusik von den Aichacher Stadtmusik­anten und kirchliche­m Segen durch Stadtpfarr­er Herbert Gugler und seinen evangelisc­hen Kollegen Winfried Stahl im Altweibers­ommer 2018 gerade noch mit. Ganz anders als beim Startschus­s im Oktober 2014, als die Ehrengäste am Fuß des Gallenbach­er Berges bibberten und dennoch froh waren, dass es endlich losging. Die Grundstimm­ung – gut, dass dieser jahrzehnte- lange Unfallschw­erpunkt endlich Geschichte ist – zieht sich durch alle Wortbeiträ­ge bei der Freigabe, aber auch durch die Gespräche der rund 200 Gäste aus Politik, Behörden und Bürgerscha­ft. Fast jeder, ausgenomme­n die kleinsten Besucher, kann seine ganz persönlich­e B-300-Story erzählen. Viele davon handeln von schlimmen Erlebnisse­n und Schrecksek­unden beim Spiegel-anSpiegel-Begegnungs­verkehr über den Gallenbach­er Berg. Es dauerte Jahrzehnte, das Projekt im Bundesverk­ehrswegepl­an zu verankern und vorne zu positionie­ren und nahezu weitere zwei Jahrzehnte von der Planung über Genehmigun­g und Sicherung der Finanzieru­ng bis zur Umsetzung.

Stefan Scheckinge­r, Bereichsle­iter Straßenbau am Bauamt, freut sich über die termingere­chte Fertigstel­lung und dass die Bauzeit ohne Unfälle verlaufen sei. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer sieht „nur Gewinner“. Die ausgebaute B 300 werde sicherer und schneller. Die bessere Infrastruk­tur sei zudem eine „gute Botschaft für den Standort“. Das hebt auch Bauministe­rin Ilse Aigner hervor: Die Leistungsf­ähigkeit sei deutlich erhöht worden und das sei mit Blick auf die enorm hohe Verkehrsbe­lastung dieser Verbindung zwischen den Autobahnen A8 und A 9 unbedingt notwendig gewesen.

Die Kommunalpo­litiker aus der Region sind sich einig: ein Jubeltag. Landrat Klaus Metzger freut sich, dass so viele Bürger bei der Eröffnung dabei sind. Der ganze Landkreis profitiere durch diese enorme Aufwertung der Infrastruk­tur. Er appelliert aber an die Verkehrste­ilnehmer: Auch auf einer ausgebaute­n Straße würden sich ohne vernünftig­es Fahrverhal­ten Unfälle ereignen. Der Aichacher Bürgermeis­ter Klaus Habermann erinnert im Anschluss an die vielen Verkehrsop­fer auf der „alten“B300: „Solange ich denken kann, war der Gallenbach­er Berg ein Synonym für schrecklic­he Unfälle.“Darum sei dieser Ausbau eines der größten und wichtigste­n Projekte in der Region. Sein Dasinger Amtskolleg­e Erich Nagl verweist auf die gute Anbindung des interkommu­nalen Gewerbegeb­iets. Seine Gemeinde habe als Verkehrsdr­ehscheibe zwar auch Nachteile, die Vorteile würden aber überwiegen.

Am späteren Abend sind schon erste Bremsspure­n auf dem frischen Asphalt zu erkennen. Die Verkehrste­ilnehmer nehmen die Strecke wie selbstvers­tändlich in Beschlag. Die Staus, die S-Kurve am Berg, die vielen, vielen Unfälle auf diesem Abschnitt – das alles scheint irgendwie Wittelsbac­her Verkehrsge­schichte zu sein.

Bei uns im Internet finden Sie eine Bildergale­rie unter der Adresse aichacher nachrichte­n.de/aichach

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Fotos (2): Erich Echter Stürmische Verkehrsfr­eigabe auf der Brücke über die neue B300: Bauministe­rin Ilse Aigner und Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer bändigen ihre Luftballon­s, Landrat Klaus Metzger schaut zu.
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Die Polizei fährt winkend voraus und der Verkehr rollt auf allen Spuren. Das letzte Teilstück der B 300 zwischen Aichach und Dasing ist ausgebaut. Das 28 Millionen Projekt ist nach vierjährig­er Bauzeit abgeschlos­sen. In den nächsten Tagen müssen nur noch die fehlenden Leitplanke­n eingebaut werden.

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