Wo kracht es am häufigsten?
Vergangenes Jahr gab es in der Stadt über 10000 Unfälle, fast 2000 Menschen wurden verletzt. Manche Kreuzungen sind öfter betroffen als andere. Woran das liegt und was Polizei und Stadt dagegen tun
Es kracht ständig auf den Augsburger Straßen. Genau 10660 Unfälle zählte die Polizei hier im vorigen Jahr, 1817 Menschen wurden dabei verletzt, sieben verloren ihr Leben. Was viele nicht wissen: Die Polizei erfasst bei jedem Unfall die genaue Lage der Unfallstelle. Die Standortdaten sind so exakt, dass sie sich in eine Karte übertragen lassen. Das Statistische Bundesamt erstellt daraus einen Unfallatlas, der im Internet abrufbar ist. Der Atlas zeigt, wo sich Unfälle mit Verletzten abgespielt haben und wo sie sich häufen. In Augsburg zeigen sich dabei bekannte Schwerpunkte – aber auch unerwartete Problemstellen.
Gibt es eine Stelle, an der Verkehrsteilnehmer besonders oft bei Unfällen verletzt werden?
Ja – und es ist ein Bereich, den man vielleicht nicht unbedingt vermutet hätte. Denn nach den Daten des Statistischen Bundesamtes spielten sich im Bereich der Bärenwirt-Kreuzung im vorigen Jahr die meisten Unfälle mit Verletzten ab. Neben der großen Kreuzung in Oberhausen befand sich früher eine CocaCola-Abfüllung, heute ist dort unter anderem ein Rewe-Supermarkt. Betroffen ist vor allem der Verkehr auf der Ost-West-Achse jeweils kurz vor und auf der Kreuzung. Elf Mal hat es im Jahr 2017 hier so gekracht, dass dabei Menschen verletzt worden sind. Verletzt wurden Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger. Todesopfer gab es hier aber keine. Im Jahr 2016 mussten Polizei und Sanitäter in diesem Bereich nicht ganz so oft anrücken, aber trotzdem immerhin noch sieben Mal.
In welchen anderen Straßen häufen sich Unfälle mit Verletzten noch?
Schaut man die Karte des Statistischen Bundesamtes an, so kristallisieren sich vier weitere Straßenabschnitte heraus, an denen es im vorigen Jahr häufig Verletzte durch Verkehrsunfälle gegeben hat. Betroffen sind der Leonhardsberg, die Hermanstraße (nahe Königsplatz), die Haunstetter Straße in etwa auf Höhe der Sportanlage Süd sowie der Bereich der Inverness-Allee (B300) kurz vor dem Tunnel. Dort gab es überall, jeweils innerhalb eines Bereichs von rund 200 Metern Länge, zwischen sieben und zehn Unfälle mit Verletzten. Was dabei auffällt: Die Unfallschwerpunkte haben Gemeinsamkeiten. Sie sind alle viel befahren, zumindest teilweise mehrspurig. Dazu kommen an mehreren Stellen auch Bus- und Tramlinien.
Gibt es auch Straßen, in denen besonders viele Radfahrer in Unfälle verwickelt sind?
Ja, die gibt es. Sogar einige. Die Statistik hat gleich 14 Straßenabschnitte erfasst, an denen es voriges Jahr drei oder mehr Radfahrunfälle mit Verletzten gab. Sechs Unfälle mit Verletzten waren es in der Hermanstraße. Das ist die Straße zwischen der Gögginger Brücke (Eisenbahnbrücke) und dem Königsplatz. Dort gibt es in beiden Richtungen teils keinen eigenen Radweg. Sieben entsprechende Radfahrerunfälle gab es in der Stadtbachstraße – das ist die Straße zwischen der MAN-Kreuzung und der dortigen Lechbrücke. Riskante Abschnitte für Radfahrer sind auch die Wertachstraße, die Ulmer Straße nahe der Wertachbrücke und die Langenmantelstraße auf der Höhe des Plärrergeländes. Auch hier sind Radwege bislang Mangelware. Zumindest in der Langenmantelstraße soll die Situation aber noch dieses Jahr entschärft werden. Hier werden Radspuren eingerichtet, dafür fällt für Autos in beide Richtungen je eine Fahrspur weg.
Und wie es sieht es bei den Unfällen mit Fußgängern aus?
Hier gibt es ebenfalls ein paar Orte, an denen sich Unfälle mit verletzten Fußgängern im vorigen Jahr auffällig gehäuft haben. Die Statistiker haben im Stadtgebiet vor allem vier Schwerpunkte ausgemacht: In der Dieselstraße, die auch bei der Zahl aller Verkehrsunfälle mit Verletzten die Statistik anführt, in der Augsburger Straße in Pfersee, in der Ulmer Straße auf Höhe des Oberhauser Bahnhofs und an der Kreuzung vor dem Jakobertor. Was auffällt: An all diesen Stellen halten Straßenbahnen und Linienbusse, die Haltestellen werden auch jeweils stark genutzt. Wer es eilig hat und noch Bahn oder Bus erwischen will, überquert hier die Straße mitunter auch mal so, dass es knapp zugeht – oder eben auch zum Unfall kommt.
Wo sieht die Polizei kritische Stellen im Stadtgebiet?
Für die Polizei zählt nicht alleine, wie oft sich in einem Bereich Unfälle abspielen. Die Beamten lassen in ihre Bewertung auch einfließen, wie schwer die Unfälle sind und ob sich ein- und dasselbe Unfallgeschehen an einer Stelle wiederholt. Es gibt klar definierte Kriterien, ab wann die Polizei von einem Unfallschwerpunkt spricht. Beispielsweise, wenn sich auf einer Landstraße in einem Abschnitt von 300 Metern innerhalb von drei Jahren drei Unfälle mit Schwerverletzten ereignen. Auf so etwas reagiert die Polizei zusammen mit den Kommunen und den Straßenbauämtern. Bei einzelnen, schweren Unfällen, etwa mit Todesopfern, wird auch sofort etwas an der Verkehrsführung geändert, wenn das nötig erscheint, sagt Polizeioberrat Ralf Bührle, der sich im Augsburger Präsidium mit dem Thema Verkehr befasst.
Wie haben die Behörden auf Unfallschwerpunkte zuletzt reagiert?
Es gibt Beispiele. Am nördlichen Ende der Donauwörther Straße, nahe des Bauhaus-Marktes kreuzte ein Radweg gefährlich die Straße. Eine Radfahrerin wurde hier von einem Lastwagen erfasst und so schwer verletzt, dass sie starb. Der Radweg wurde gesperrt, stattdessen gibt es für Radler eine neue Verkehrsführung – etwas umständlicher, aber sicherer. An einem anderen Schwerpunkt, der Inverness-Allee, hat die Polizei einen Super-Blitzer aufgestellt. Seit Mai 2017 ist er in Betrieb. Geblitzt werden sowohl Autofahrer, die bei Rot über die Ampel fahren als auch jene, die zu »Kommentar stark aufs Gas treten.
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