Das brutale Ende eines „Ur Baarers“
Ein Fund aus der Frühgeschichte des Wittelsbacher Landes liefert überaus spannende Erkenntnisse. Was das Grab eines etwa 20-jährigen Mannes aus der Merowingerzeit den Fachleuten alles erzählt / Serie (8 und Ende)
Heimatgeschichte aus dem Wittelsbacher Land steht bei der Buchreihe „Altbayern in Schwaben“im Mittelpunkt. Acht Autoren haben Beiträge für den reich bebilderten 16. Band verfasst. Wir stellen sie in einer Serie vor. Der Leiter des Redaktionsteams, Wolfgang Brandner, hat sie zusammengefasst. Fabian Gall beschäftigt sich mit dem Thema: „Oberbaar im Frühmittelalter: Ein archäologischer Beitrag aufgrund neuer Grabfunde“.
Aichach Friedberg Mit seinem Aufsatz liefert Fabian Gall spannende neue Erkenntnisse zur Frühgeschichte des Wittelsbacher Landes. In der Merowingerzeit bleibt die Frequenz der Überlieferung immer noch spärlich, sodass viele Entwicklungen, insbesondere in kleineren Räumen, im Dunkeln liegen. In Oberbaar (Gemeinde Baar) war es durch archäologische Grabungen bei der Erschließung eines neuen Baugebietes möglich, Forschungslücken zu schließen.
Gefunden wurde ein Grab, in dem ein „etwa 20-jähriges, männliches Individuum mit einer Körperhöhe zwischen 1,75 Meter und 1,84 Meter“beerdigt war. Bestimmte, auffällig ausgebildete Muskelmarken weisen darauf hin, dass der Mann Rechtshänder gewesen ist und den rechten Arm schon in seinen jungen Jahren sehr häufig in der Weise bewegte, wie es ein Speerwerfer oder Schwertkämpfer macht.
Sehr auffällig sind vier unverheilte Hiebverletzungen am Schädel. Die ersten beiden Hiebverletzungen überlagern sich und befinden sich auf dem Schädeldach. Der erste Hieb hat den Schädel gespalten, der zweite, etwas kürzere, dann
einen Teil des Schädelgeografischen dachs regelrecht herausgesprengt. Der mutmaßliche Gegner dürfte vor dem jungen Mann gestanden und mit der rechten Hand die Schläge mit voller Kraft ausgeführt haben. Als Hiebwaffe kommt ein Sax in Frage; wahrscheinlicher ist ein Schwertkampf. Die ersten beiden Hiebe waren möglicherweise nicht sofort tödlich. Der Gegner schlug jedoch nochmals zu. Die beiden letzten, mit Sicherheit tödlichen Hiebe trafen den jungen Mann am linken Hinterkopf und führten schließlich dazu, dass das gesamte linke Schläfenbein und ein Abschnitt des Schädels abgetrennt wurden.
Dieses brutale Ende eines jungen „Ur-Baarers“dürfte insgesamt auf gewalttätige Auseinandersetzungen hindeuten, die nicht in der Ferne, sondern in der unmittelbaren Region stattfanden. Die historiografische Überlieferung berichtet einerseits vom damals allgegenwärtigen Phänomen der Fehde, auch Rache oder Blutrache, aber auch von Bruderkriegen und insbesondere im ausgehenden 7. und im 8. Jahrhundert von rivalisierenden Adelsgruppen, die um die Macht im Merowingerreich kämpften.
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Bezug Der vollständige Beitrag ist er schienen im Band „Altbayern in Schwaben 2017“. Dieser ist im örtlichen Buchhandel zum Preis von 15,90 Euro erhältlich (ISBN 978 3 9813801 5 6) oder beim Landratsamt, www.lra aic fdb.de/hier leben/kultur/altbayern in schwaben