Im Pfarrheim Mering wird scharf geschossen
Kabarett „Wellbappn“nehmen bei Aktionsbündnis gegen Osttangente kein Blatt vor den Mund
Mering Es ist zwar eine zufällige, aber passende Ironie, dass Bayerns beste Spott-Truppe wenige Stunden vor der Landtagswahl vor einem kitschig gemalten Gebirgsmassiv auftritt, das den Hintergrund für eine Theateraufführung des Meringer Trachtenvereins bildet. Im Tal ist auf der Bühne ein kompletter Musikladen aufgebaut mit Akkordeon, Geige, Gitarre, Kontrabass, Saxofon, Trompete und Tuba.
So viele Zuhörer warten im Pfarrheim auf Hans Well und seine Kinder, dass einige von ihnen zwei Stunden lang stehen müssen. Und wie immer legen die Wellbappn richtig los, denn vor ihrem Auftritt haben sie sich bestens informiert über den fehlenden Meringer Maibaum, über Bauträger und andere Ungereimtheiten in der Marktgemeinde. So geht es den ganzen Abend lang weiter mit einem topaktuellen Programm, geistreich und genial, witzig und wortgewandt. Abgesehen von einigen bekannten Stücken wie dem Straßenbahn schienen ritze nr einig ergreift das Quartett alles an und auf, was die Schlagzeilen beherrscht: Asylpolitik, Dieselskandal, Digitalisierung, Klimawandel, Seehofer und Söder.
Dass es schon ein halbes Menschenleben her ist, seit Hans Well mit seinen Brüdern die erste Langspielplatte in der Münchner Kleinkunstbühne „Muh“aufgenommen hat, mag man kaum glauben. Die Well-Brüder Michael und Christoph aus der früheren Formation vermisst das Publikum nicht, denn Sarah, Tabea und Jonas haben das Talent ihrer legendären Musikerfamilie geerbt. Mit ihrem „Derblecken“stehen die Wellbappn in der Tradition des Kraut’n Sepp und des Roider Jackl, die schon lange vor den Biermösln ihren Spott musikalisch verpackt haben. Überall findet Hans Well seine Themen und ruht sich nicht auf dem Erfolg von vier Jahrzehnten aus, sondern aktualisiert sein Programm bis zu Themen wie Snapchat oder Youporn. Entspannung vom Pointenfeuerwerk gönnen die Musiker sich und den Zuhörern gelegentlich mit instrumentalen Stücken. Wenn Sarah und Tabea aufgeigen, ist es mucksmäuschenstill im Pfarrsaal und niemand merkt, dass sich Tabea mit einer heftigen Grippe durch den Abend kämpft.