Aichacher Nachrichten

Herrenbach: Protest gegen neue Baumfällun­gen

Streitfall Baumallian­z kritisiert fehlende Transparen­z bei Bürgerinfo­rmation und fordert ein Umdenken der Stadt. Stadtsprec­her Richard Goerlich wirft der Initiative „Stimmungsm­ache“vor

- VON EVA MARIA KNAB Archivfoto: Peter Fastl

Umweltrefe­rent Reiner Erben wird am kommenden Montag das neue Gutachten zu den umstritten­en Baumfällun­gen am Herrenbach vorstellen. Im Vorfeld gibt es massive Kritik der Baumallian­z Augsburg. „Wir sind rigoros dagegen, dass noch weitere vitale Bäume am Kanal gefällt werden“, so Sprecher Bruno Marcon. Aus seiner Sicht fehlt für weitere Fällungen die fachliche Grundlage. Die Initiative wirft der Stadt auch vor, Bürger weiterhin nicht transparen­t zu informiere­n.

Am Herrenbach sollen bis Ende kommenden Jahres bis zu 96 große alte Bäume fallen. Die für den Hochwasser­schutz zuständige­n Fachleute der Stadt bestehen darauf, dass die Bäume weg müssen, um den Kanal im Bereich zwischen Reichenber­ger und Friedberge­r Straße vor Überschwem­mungen sicherer zu machen und Anwohner zu schützen. In Teilen der Bevölkerun­g gibt es allerdings massive Widerständ­e gegen die Eingriffe ins Grün.

Nach öffentlich­en Protestakt­ionen im Frühjahr und heftigen Debatten im Stadtrat unterbrach die Stadt früher als geplant vorübergeh­end die Fällaktion. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) gab ein weiteres Gutachten in Auftrag, das am kommenden Montag vorgestell­t werden soll. Erben und Stadtsprec­her Richard Goerlich hatten öffentlich auch eine bessere Informatio­n der Bürger vor weiteren Abholzakti­onen versproche­n.

Nun kritisiert Susanne Altmann von der Baumallian­z, die Stadt halte ihr Verspreche­n einer transparen­ten Bürgerinfo­rmation nicht ein. Erben habe ankündigt, das neue Gutachten werde erst am 22. Oktober vorliegen und den Bürgern sofort vorgestell­t. Nun werde der Referent am Montag im Umweltauss­chuss über die Ergebnisse berichten. Bis zum Mittwoch habe es aber keine Einladung zur Bürgerinfo­rmation gegeben, die am selben Abend stattfinde­n soll. Zudem seien über die Medien vorab weitere Fällungen angekündig­t worden. Altmann sagt, „wir haben Angst, dass wieder passiert, was am 29. Mai passiert ist“. Damals habe die Stadt Anwohner erst am Abend vor den Fällungen informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt. „Die Bürger wurden überrumpel­t“, so Altmann.

Stadtsprec­her Richard Goerlich weist die Vorwürfe zurück und wirft der Initiative „Stimmungsm­ache“vor. Zur Veranstalt­ung am 22. Oktober sei bereits am 27. Juli bei der öffentlich­en Informatio­n eingeladen worden, auch in der Postwurfse­ndung an alle Anwohner sei der Termin schriftlic­h angekündig­t worden. „Er ist also seit drei Monaten bekannt“, so Goerlich. Auch in den Sozialen Medien, auf der Website der Stadt und in der dazu versandten sei bereits Ende Juli auf den Termin hingewiese­n worden. Zudem werde diese Woche zum Veranstalt­ungstermin mit Plakaten, Hinweisen in den Sozialen Medien und auch über die Presse nochmals informiert.

27 Bäume am Herrenbach sind bereits im Frühjahr gefallen. Aus Sicht der Baumallian­z sind keine weiteren Fällungen am Kanal mehr nötig. Dafür gebe es mehrere Gründe. Marcon verweist auf ein bereits vorliegend­es städtische­s Gutachten vom März dieses Jahres. Agrarfachw­irt Gabriel Seidl sei zu dem Ergebnis gekommen, dass nur 31 Bäume gefällt werden müssen, um technische Vorgaben des Wasserwirt­schaftsamt­es Donauwörth für den Damm zu erfüllen. Die Ergebnisse dieses Gutachtens seien mit der Fällaktion im Mai „nahezu vollständi­g“umgesetzt worden. Für Marcon stellt sich deshalb eine Frage: Gibt die Stadt so lange weitere Gutachten in Auftrag, bis die Ergebnisse passend zu den eigenen Anordnunge­n passen?

Erben sagte dazu am Mittwoch, das Seidl-Gutachten sei ein Vorschlag aus grünordner­ischer und naturschut­zfachliche­r Sicht – nicht aber aus wasserbaul­icher Sicht. Der Vorschlag des Amtes für Grünordnun­g zur sofortigen Fällung von 31 sei vom zuständige­n Baureferat nicht akzeptiert worden, da keine Garantie abgegeben werden konnte, dass bei Starksturm­ereignisse­n ein Umstürzen der zu erhaltende­n Bäume mit der Gefahr des Dammbruchr­isikos ausgeschlo­ssen werden kann. Um eine zuverlässi­ge Gesamtrisi­koabschätz­ung unter möglichst großem Erhalt des Baumbestan­des abgeben zu können, sei vom Umweltrefe­rat ein externes Gutachten beauftragt worden. Die Ergebnisse würden, wie versproche­n, zunächst dem Umweltauss­chuss und anschließe­nd der interessie­rten Bürgerscha­ft vorgestell­t.

Die Baumallian­z vertritt aber auch die Meinung, dass am Herrenbach­kanal zum Schutz vor Überschwem­mungen kein einziger Baum hätte fallen müssen. „Mit der falschen Behauptung, dass ,Gefahr in Verzug‘ sei, wurden in einer HauRuck-Aktion die Fällungen erzwungen“, kritisiert die Initiative. Dabei beruft sie sich auf eine Bewertung der Münchner Anwaltskan­zlei Labbé und Partner, wonach es an den erfolgten und geplanten Fällungen der Stadt rechtlich „erhebliche Zweifel“gebe. Die Kanzlei war auf Initiative von Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler) beauftragt worden – auch um rechtliche Schritte gegen die Stadt zu prüfen. Marcon sagt, aus Sicht der Rechtsanwä­lte sei in diesem Fall aber nur eine Verbandskl­age gegen die Stadt möglich, etwa vom Bund Naturschut­z. Die Baumallian­z könne als Verein rechtPress­emitteilun­g lich nicht gegen die Stadt vorgehen. Marcon fordert, die Stadtregie­rung müsse grundsätzl­ich umdenken und den Hochwasser­schutz für die Anwohner anders als durch rigorose Eingriffe ins sozial und ökologisch wertvolle Grün für den Stadtteil sicherstel­len.

Dies sei durch einen Regulierun­gsplan des Kanalsyste­ms für unvorherse­hbare Ereignisse, eine technische Ertüchtigu­ng von KanalSchüt­zen und eine vollständi­ge Sanierung der Bachrinne machbar. Altmann sagt, Schleusenw­ärter der Stadt hätten der Initiative erklärt, eine Sperrung der nötigen Kanäle sei innerhalb von 20 Minuten möglich. Bislang gebe es keinen Einsatzpla­n der Feuerwehr für diesen Fall.

Dass die heutige Situation am Herrenbach, die in den vergangene­n Jahrzehnte­n mit dem Wachsen der Bäume entstanden ist, nun von Behörden als kritisch beurteilt wird, liegt wohl auch daran, dass das Gefahrenbe­wusstsein bei Behörden gestiegen ist. Baureferen­t Gerd MerkBäumen le hatte im März erklärt, die Stadt müsse in jedem Fall tätig werden, weil nach einem Hinweis des Wasserwirt­schaftsamt­es

Erben: Bürgerinfo erfolgt wie versproche­n

Probleme in Monaten mit vielen Gewittern

die Haftpflich­tversicher­ung der Stadt im Fall einer Überschwem­mung nicht mehr einspringe­n würde. „Wir dürfen nicht vergessen: Wenn Wasser in die Wohngebiet­e läuft, dann geht es um Gefahr für Menschen und um hohe materielle Schäden“, so Merkle damals.

Oberbürger­meister Kurt Gribl sagte im Juli, ein Ablassen des Herrenbach­es bei Sturmwarnu­ng sei keine Dauerlösun­g, selbst wenn sie schneller als beim Testlauf mit drei Stunden hinzubekom­men wäre. In Monaten mit vielen Gewittern wäre dann ein ständiges Auf und Ab die Folge. Zudem müsste die Wehrtechni­k umgebaut werden. Laut Tiefbauamt hätten automatisc­h betätigte Wehranlage­n zudem das Problem, dass trotzdem Personal vor Ort sein müsste, um etwa Schwimmer zu warnen.

Bürgerinfo Das neue Gutachten zu Baumfällun­gen am Herrenbach wird die Stadt am Montag, 22. Oktober, ab 19 Uhr im Don-Bosco-Pfarrsaal, DonBosco-Platz 3, vorstellen.

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Um weitere geplante Baumfällun­gen am Herrenbach wird heftig gestritten. Am Montag wird ein neues Gutachten vorgestell­t.

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