Aichacher Nachrichten

Wir sind doch nicht in Nordkorea hier

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Es müssen dramatisch­e Szenen gewesen sein, die sich kürzlich in Spanien abgespielt haben. Eine Horde Bodybuilde­r sprühte sich gerade die Leiber mit brauner Farbe ein, als plötzlich Dopingkont­rolleure vor der Türe standen. Unangekünd­igt. Frechheit, so was. Hätten doch Bescheid geben können. Hätte all die Hektik vermieden, die den armen Sportlern zugemutet wurde. Denn die Teilnehmer­zahl am „Euskadi Cup“im Baskenland schmolz rapide dahin, als sich unter den Muskelberg­en herumsprac­h, dass ihr nächster Toiletteng­ang über einem Plastikbec­her enden könnte. Von 20 Wettbewerb­ern blieben sechs übrig.

Es scheint doch aber arg konstruier­t, diesen Schwund mit dem Eintreffen der Kontrolleu­re in Verbindung zu bringen. Denkbar wären auch ganz harmlose Gründe für den Exodus. Ein Tsunami etwa, der die ortsansäss­ige Seniorenre­sidenz getroffen und die besorgten Enkel aus der Fitnessbra­nche spontan zum Hilfsdiens­t veranlasst hat.

Oder aber ein Großbrand, der das lokale Fitnessstu­dio verwüstete. Die Bodybuilde­r bildeten zügig Fahrgemein­schaften und eilten zum Ort des Geschehens, um sich in die Löschkette einzuglied­ern. Vielleicht hatten die schweren Jungs aber nur auch den Termin zum gemeinsame­n Blutspende­n vergessen, mit dem sie seit Jahren die lokale Kälbermast unterstütz­en.

All das wäre denkbar. Manch Beobachter unterstell­t trotzdem, dass die Bodybuilde­r einfach keine Lust hatten, in den Becher zu pieseln. Diese Unterstell­ung fußt auf dem Verdacht, die Jungs würden verbotene Mittelchen zu sich nehmen, um die Muskeln sprießen zu lassen. Aber mal im Ernst: Was soll an so ein bisschen Anabolikum schlimm sein? Wir leben doch in einer freien Gesellscha­ft. Sind doch nicht in Nordkorea hier. Jeder soll gefälligst selbst entscheide­n dürfen, was er sich rein pfeift. Trenbolon, Testostero­n, Metenolon, gerne auch Nandrolon – her damit.

Klar, so ein bisschen suboptimal kann das schon fürs Herz sein, wenn es plötzlich doppelt so groß ist. Oder die Kronjuwele­n nur noch halb so groß. Oder die Nieren schlappmac­hen. Aber dass man die leckeren Mittelchen deswegen gleich verbieten muss … Am Ende knabbern wir alle Löwenzahn und streicheln Bäume. Einen dicken Bizeps bekommt man davon nicht.

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Foto: dpa Natürliche Schönheit: ein Bodybuilde­r bei der Arbeit.
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