Jetzt heißt es: Weiterkämpfen
Parteien Die SPD schafft in einigen Orten des Wittelsbacher Landes nicht einmal mehr die Fünf-Prozent-Hürde. Worin Sozialdemokraten die Gründe für den Absturz sehen und wie sie aus dem Tief kommen wollen
Aichach-Friedberg Von über 23 Prozent auf unter zehn – Hans-Dieter Kandler ist regelrecht geschockt über den Absturz seiner Partei in Mering. Wie dem Bürgermeister der Marktgemeinde geht es auch vielen anderen Sozialdemokraten an der Basis. Auch über die Ursachen der Entwicklung sind sich die Genossen weitgehend einig.
Gerade noch 7,6 Prozent fuhr die SPD Aichach-Friedberg am vergangenen Sonntag mit ihrer Direktkandidatin Simone Strohmayr ein, die immerhin schon seit 15 Jahren im Landtag sitzt und als stellvertretende Vorsitzende eines der prominenteren Fraktionsmitglieder ist. Nur in Kissing gelang ihr noch der Sprung über die Zehn-ProzentMarke, ansonsten gab es durchweg einstellige Ergebnisse im Landkreis. Den Tiefpunkt markieren Gemeinden wie Petersdorf, Schiltberg oder Sielenbach, wo nicht einmal mehr eine Vier vor dem Komma steht.
„Das bringt keine große Freude“, stellt der Kreisvorsitzende der SPD, Bernd Bante aus Friedberg, fest. Neben den störenden Einflüssen aus Berlin sieht er den Grund für das schlechte Abschneiden in der mangelnden Präsenz der Sozialdemokraten in der Fläche. „Wir haben einiges geleistet, aber man muss die PS auch auf die Straße bringen“, erklärt er. Die Parteibasis tue, was sie kön- ne, doch die personellen Ressourcen sind begrenzt.
Dabei steht aus Bantes Sicht fest. „Wir müssen wieder viel mehr draußen sein und die Sorgen und Nöte der Menschen aufnehmen.“Betriebsbesuche, Kontakt mit den Gewerkschaften und anderen Organisationen – das ist Bantes Rezept für eine Trendwende. Dass die Ergebnisse auf Landes- und Bundesebene von Wahl zu Wahl schlechter werden, schreckt ihn nicht ab: „Wenn man aufgibt, hat man verloren. Wenn man weiterkämpft, kann man gewinnen.“
Auch Merings Bürgermeister Hans-Dieter Kandler sieht keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. „Ich rechne immer noch damit, dass die SPD aufgrund ihrer Geschichte eine gewisse Faszination hat“, sagt er. Neben den Berliner Einflüssen sieht er ein Problem auch bei der Personalauswahl. „Wir haben bei der SPD lauter kluge Leute, aber ohne den Hauch eines Charismas“, bedauert Kandler. Die Spitzenkandidatin Natascha Kohnen sei als Einzelkämpferin verlassen auf weiter Flur gewesen.
Wenig überrascht war Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann vom Abschneiden der SPD. Die Ursachen sieht er unter anderem im „nicht besonders positiven“Erscheinungsbild in Berlin und in der „nicht sehr glücklichen“Wahlkampagne. „Ein klassisches Gegenmo- zur CSU hat gefehlt“, sagt Habermann, zum Beispiel in der Flüchtlings- und Umweltpolitik. Jetzt gilt für ihn: „Weitermachen, weiterkämpfen.“Die SPD sei 150 Jahre alt. „Was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker“, sagt er.
Für Habermann ist klar: „Wir müssen wieder stärker in die Fläche raus.“Die SPD sei in vielen Gemeinden überhaupt nicht mehr präsent. Thematisch sei das schwieriger. Den klassischen Arbeiter, früher Stammwähler der SPD, gebe es nicht mehr. „Man muss sich der Zeit anpassen und auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen, ohne ihnen nach dem Mund zu reden“, findet der Bürgermeister. „Man spürt die Ängste der Menschen, dass ihnen etwas genommen werden könnte“, sagt er, gerade in Zusammenhang mit den Flüchtlingen. Das sei aber nicht der Fall und das müsse man deutlich rüberbringen. Kommunalpolitisch sieht er die SPD gut aufgestellt, sagt Habermann und verweist auf die Oberbürgermeister Ulrich Maly in Nürnberg und Dieter Reiter in München. „Sie beweisen, dass sie es können“, sagt er. Für die SPD kommen auch wieder bessere Zeiten, ist er überzeugt: „Die Sozialdemokratie wird weiter gebraucht.“
Das sieht auch Helga Holland so. Sie sitzt für die SPD im Aindlinger Marktgemeinderat und sagt: „Wir vertreten unser sozialdemokratidell sches Gedankengut trotzdem hier im Landkreis – halt im Kleinen.“Denn abseits der in jüngster Zeit so heftig geführten Asyldebatte gebe es viele andere große Themen, die die Menschen umtreiben. Holland nennt als Beispiel die Pflege. Hier und auch in anderen Themenfeldern müsse die SPD wieder klare, arbeitnehmerfreundliche Positionen beziehen und diese laut und deutlich vertreten. Das habe sie zuletzt bei ihrer Partei vermisst, so Holland.
Ulrike Sasse-Feile war als SPDOrtsvorsitzende in Friedberg selbst im Wahlkampf aktiv und ist vom Ergebnis nicht überrascht. Sie macht vor allem zwei Ursachen für das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten aus: Die eine liegt im Wahlkampf selbst. „Unsere Botschaft war zu wenig transparent“, bedauert Sasse-Feile. Vergeblich habe sie sich um Themenplakate bemüht, die den Markenkern der SPD veranschaulichen. Wofür die SPD stehe, sei im Wahlkampf nicht rübergekommen. Das zweite Manko sieht sie darin, dass Erfolge der Sozialdemokraten nicht gut genug verkauft wurden. „Wir müssen wieder über Sachthemen sprechen und nicht nur über uns selbst“, lautet darum ihre Forderung. Anfang Januar plant sie eine Klausur des Ortsvorstands mit Blick auf die Kommunalwahl im Jahr 2020, bei der solche Fehler vermieden werden sollen.