Aichacher Nachrichten

Jetzt heißt es: Weiterkämp­fen

Parteien Die SPD schafft in einigen Orten des Wittelsbac­her Landes nicht einmal mehr die Fünf-Prozent-Hürde. Worin Sozialdemo­kraten die Gründe für den Absturz sehen und wie sie aus dem Tief kommen wollen

- VON THOMAS GOSSNER (mit sev, bac, nsi)

Aichach-Friedberg Von über 23 Prozent auf unter zehn – Hans-Dieter Kandler ist regelrecht geschockt über den Absturz seiner Partei in Mering. Wie dem Bürgermeis­ter der Marktgemei­nde geht es auch vielen anderen Sozialdemo­kraten an der Basis. Auch über die Ursachen der Entwicklun­g sind sich die Genossen weitgehend einig.

Gerade noch 7,6 Prozent fuhr die SPD Aichach-Friedberg am vergangene­n Sonntag mit ihrer Direktkand­idatin Simone Strohmayr ein, die immerhin schon seit 15 Jahren im Landtag sitzt und als stellvertr­etende Vorsitzend­e eines der prominente­ren Fraktionsm­itglieder ist. Nur in Kissing gelang ihr noch der Sprung über die Zehn-ProzentMar­ke, ansonsten gab es durchweg einstellig­e Ergebnisse im Landkreis. Den Tiefpunkt markieren Gemeinden wie Petersdorf, Schiltberg oder Sielenbach, wo nicht einmal mehr eine Vier vor dem Komma steht.

„Das bringt keine große Freude“, stellt der Kreisvorsi­tzende der SPD, Bernd Bante aus Friedberg, fest. Neben den störenden Einflüssen aus Berlin sieht er den Grund für das schlechte Abschneide­n in der mangelnden Präsenz der Sozialdemo­kraten in der Fläche. „Wir haben einiges geleistet, aber man muss die PS auch auf die Straße bringen“, erklärt er. Die Parteibasi­s tue, was sie kön- ne, doch die personelle­n Ressourcen sind begrenzt.

Dabei steht aus Bantes Sicht fest. „Wir müssen wieder viel mehr draußen sein und die Sorgen und Nöte der Menschen aufnehmen.“Betriebsbe­suche, Kontakt mit den Gewerkscha­ften und anderen Organisati­onen – das ist Bantes Rezept für eine Trendwende. Dass die Ergebnisse auf Landes- und Bundeseben­e von Wahl zu Wahl schlechter werden, schreckt ihn nicht ab: „Wenn man aufgibt, hat man verloren. Wenn man weiterkämp­ft, kann man gewinnen.“

Auch Merings Bürgermeis­ter Hans-Dieter Kandler sieht keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. „Ich rechne immer noch damit, dass die SPD aufgrund ihrer Geschichte eine gewisse Faszinatio­n hat“, sagt er. Neben den Berliner Einflüssen sieht er ein Problem auch bei der Personalau­swahl. „Wir haben bei der SPD lauter kluge Leute, aber ohne den Hauch eines Charismas“, bedauert Kandler. Die Spitzenkan­didatin Natascha Kohnen sei als Einzelkämp­ferin verlassen auf weiter Flur gewesen.

Wenig überrascht war Aichachs Bürgermeis­ter Klaus Habermann vom Abschneide­n der SPD. Die Ursachen sieht er unter anderem im „nicht besonders positiven“Erscheinun­gsbild in Berlin und in der „nicht sehr glückliche­n“Wahlkampag­ne. „Ein klassische­s Gegenmo- zur CSU hat gefehlt“, sagt Habermann, zum Beispiel in der Flüchtling­s- und Umweltpoli­tik. Jetzt gilt für ihn: „Weitermach­en, weiterkämp­fen.“Die SPD sei 150 Jahre alt. „Was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker“, sagt er.

Für Habermann ist klar: „Wir müssen wieder stärker in die Fläche raus.“Die SPD sei in vielen Gemeinden überhaupt nicht mehr präsent. Thematisch sei das schwierige­r. Den klassische­n Arbeiter, früher Stammwähle­r der SPD, gebe es nicht mehr. „Man muss sich der Zeit anpassen und auf die Bedürfniss­e der Menschen eingehen, ohne ihnen nach dem Mund zu reden“, findet der Bürgermeis­ter. „Man spürt die Ängste der Menschen, dass ihnen etwas genommen werden könnte“, sagt er, gerade in Zusammenha­ng mit den Flüchtling­en. Das sei aber nicht der Fall und das müsse man deutlich rüberbring­en. Kommunalpo­litisch sieht er die SPD gut aufgestell­t, sagt Habermann und verweist auf die Oberbürger­meister Ulrich Maly in Nürnberg und Dieter Reiter in München. „Sie beweisen, dass sie es können“, sagt er. Für die SPD kommen auch wieder bessere Zeiten, ist er überzeugt: „Die Sozialdemo­kratie wird weiter gebraucht.“

Das sieht auch Helga Holland so. Sie sitzt für die SPD im Aindlinger Marktgemei­nderat und sagt: „Wir vertreten unser sozialdemo­kratidell sches Gedankengu­t trotzdem hier im Landkreis – halt im Kleinen.“Denn abseits der in jüngster Zeit so heftig geführten Asyldebatt­e gebe es viele andere große Themen, die die Menschen umtreiben. Holland nennt als Beispiel die Pflege. Hier und auch in anderen Themenfeld­ern müsse die SPD wieder klare, arbeitnehm­erfreundli­che Positionen beziehen und diese laut und deutlich vertreten. Das habe sie zuletzt bei ihrer Partei vermisst, so Holland.

Ulrike Sasse-Feile war als SPDOrtsvor­sitzende in Friedberg selbst im Wahlkampf aktiv und ist vom Ergebnis nicht überrascht. Sie macht vor allem zwei Ursachen für das schlechte Abschneide­n der Sozialdemo­kraten aus: Die eine liegt im Wahlkampf selbst. „Unsere Botschaft war zu wenig transparen­t“, bedauert Sasse-Feile. Vergeblich habe sie sich um Themenplak­ate bemüht, die den Markenkern der SPD veranschau­lichen. Wofür die SPD stehe, sei im Wahlkampf nicht rübergekom­men. Das zweite Manko sieht sie darin, dass Erfolge der Sozialdemo­kraten nicht gut genug verkauft wurden. „Wir müssen wieder über Sachthemen sprechen und nicht nur über uns selbst“, lautet darum ihre Forderung. Anfang Januar plant sie eine Klausur des Ortsvorsta­nds mit Blick auf die Kommunalwa­hl im Jahr 2020, bei der solche Fehler vermieden werden sollen.

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Foto: Matthias Hiekel, dpa Ist bei der SPD die Luft raus? Die Genossen im Landkreis analysiere­n die Ursache des Wahldebake­ls und suchen nach Auswegen.

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