Ein Zuhause für die letzte Lebensphase
Sterbebegleitung Das St.-Vinzenz-Hospiz eröffnet seinen Neubau in Augsburg. Künftig gibt es 14 Betten für Schwerstkranke. Der Bedarf kann damit aber nicht gedeckt werden
Augsburg Die Zimmer mit den dunkelroten Sesseln, den mehrfarbigen Gardinen und dem direkten Zugang zum Garten wirken einladend. Sie könnten sich in einem Hotel befinden. Die Gäste, die in dem Neubau im Augsburger Stadtteil Oberhausen „einchecken“, sind aber nicht in Urlaubsstimmung. Sie sind schwer krank und verbringen hier im St.Vinzenz-Hospiz ihre letzte Lebensphase – die einen nur wenige Tage, manche mehrere Wochen oder Monate.
Innerhalb eines guten Jahres ist das neue Hospiz auf dem Grundstück der Kirchengemeinde St. Martin entstanden. Der Trägerverein hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil die dringend nötige Erweiterung am bisherigen Standort im Stadtteil Hochzoll nicht möglich gewesen wäre. Dort standen neun Betten zur Verfügung. Im Neubau im Augsburger Nordwesten sind 16 Zimmer eingerichtet. Belegt werden dürfen laut Krankenkassenvertrag aktuell nur 14 Betten, das entspricht einem Bett pro 60 000 Einwohner im Einzugsgebiet, das weit über die Region Augsburg hinausreicht. Hospizleiterin Christine Sieberth und der Vereinsvorsitzende Pfarrer Armin Zürn hoffen, dass die Kassen diese Zahlen angleichen. Denn das neue Hospiz – eines von insgesamt 18 in Bayern – ist längst ausgebucht, die Warteliste extrem lang. Im vergangenen Jahr wurden 130 Gäste in Hochzoll betreut, 150 Patienten mussten abgewiesen werden. Immer mehr Menschen wünschen für sich oder ihre Angehörigen, die letzte Lebensphase bestmöglich versorgt, aber in einem familiären Umfeld verbringen zu können.
Die Zimmer sind dafür nicht nur mit Pflegeschränken und einem rollstuhlgerechten Bad, sondern auch mit einem besonderen Accessoire ausgestattet. Weil die Gäste überwiegend im Bett liegen, schauen sie nicht auf eine weiße Fläche, sondern auf eine farbige Deckenleuchte, in die persönliche Bilder gespannt werden können.
Im Haus verteilt finden sich mehrere Glas-Holzobjekte, die der Künstler Martin Knöferl gern als „Hoffnungszeichen“bezeichnet. Berühren ist hier erlaubt, auch dürfen die Werke in die Zimmer mitgenommen werden. Ein besonderer Blickfang ist im Foyer die Glasstele „Mit dem Abend beginnt der neue Tag“als Symbol für die Auferstehung. Auch wenn hinter dem Hospiz ein katholischer Verein steht, spielt die Konfession der Gäste keine Rolle. „Wir entscheiden allein nach Krankheitsbild und Dringlichkeit. Außerdem müssen alle ambulanten Versorgungsmöglichkeiten ausgeschöpft sein“, sagt Leiterin Sieberth. Auch wenn der Tagessatz wegen des hohen Personalschlüssels bei mehr als 400 Euro liegt, ist der Aufenthalt grundsätzlich kostenlos. Das Hospiz finanziert sich zu 95 Prozent durch einen Pflegesatz, der Rest aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.
Gleichwohl war der 6,5 Millionen Euro teure Neubau in Oberhausen für den Verein ein finanzieller Kraftakt. Trotz eines 2,6 MillionenZuschusses des Bistums und Zuwendungen von Stiftungen muss er zwei Millionen selbst erwirtschaften. Dank kleiner und größerer Spenden und Nachlässen sieht er sich hier auf einem guten Weg.
Von der modernen Ausstattung profitieren nicht nur Gäste und Angehörige im stationären Bereich, sondern auch die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter in der ambulanten Hospizbegleitung. Sie betreuen jährlich 500 Schwerstkranke in ihrer häuslichen Umgebung oder im Krankenhaus und haben jetzt mehr Raum für ihre Arbeit.
Wer das neue Hospiz in der Zirbelstraße 23 besichtigen möchte, hat dazu am Samstag, 27. Oktober, Gelegenheit. Von 10 bis 16 Uhr gibt es Führungen. Für Pfarrer Zürn ist der Tag der offenen Tür eine Möglichkeit, das Thema Sterben zu enttabuisieren. Die Zimmer werden erst in der nächsten Woche bezogen. „Unser Haus ist ein Lebensraum für Menschen, die ihre Privatsphäre brauchen.“»Kommentar ⓘ
Näheres zum stationären und ambulanten Hospiz finden Sie im Internet unter: www.vinzenz-hospiz.de.