Eltern im Süden fühlen sich stark benachteiligt
Tests Zukünftig findet Untersuchung vor dem Schulstart zentral im Gesundheitsamt in Aichach statt. Gelassene Reaktionen im Norden
Aichach-Friedberg Das neue Vorgehen des Gesundheitsamtes bei der Schuleingangsuntersuchung sorgt für Unmut bei vielen Eltern im Süden des Landkreises Aichach-Friedberg. Wie berichtet, werden die angehenden Erstklässler nun nicht mehr in ihren Kindergärten, sondern zentral am Gesundheitsamt in Aichach getestet. Im Landkreisnorden nehmen die Eltern die Neuregelung offenbar gelassen hin.
Anders im Landkreissüden: Barbara Hogrefe ist Elternbeiratsvorsitzende im Kindergarten Merching und hat sich an die grüne Landtagsabgeordnete Christina Haubrich gewandt. Aus Sicht von Hogrefe seien Eltern aus dem Landkreissüden besonders benachteiligt. Die Fahrzeit nach Aichach beträgt von Merching aus mindestens 40 Minuten. Oft hätten die erziehenden Elternteile tagsüber gar kein Auto zur Verfügung, und Aichach sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln gerade aus dem Süden nur schwer zu erreichen.
Kolja Kröger aus Merching ist dreifacher Vater und von der neuen Regelung betroffen. „Hier wird eine sehr familienfreundliche Lösung durch eine familienunfreundliche ersetzt.“Er kritisiert, dass die Kindergärten und Eltern nicht in die Entscheidung eingebunden wurden. Ein Kompromiss hätte darin bestehen können, beispielsweise auch in Mering und Friedberg zu testen. Zudem spricht er den ökologischen Aspekt an. „Da werden jetzt Tausende von Autokilometern mehr gefahren.“
Die Kita-Leiterin in Merching, Josefine Peter, sagt im Hinblick auf die alte Regelung: „Für die Eltern hatte das Vorteile, die konnten sich die Termine gut legen.“Nun hätten sie Probleme durch die weite Anfahrt. Das Gesundheitsamt argumentiert, dass die Untersuchungen unter standardisierten Bedingungen stattfinden sollten. Die seien in den Kindergärten aber nicht unbedingt gegeben, beispielsweise im Hinblick auf Hintergrundgeräusche. Peter sagt aber: „Wir haben sehr gut geeignete Räume mit ruhiger Umgebung.“Auch die gewohnte Umgebung hält sie für vorteilhaft. In Merching stehen 35 bis 40 Kinder zur Testung an. „Da würde sich der Aufwand für das Gesundheitsamt schon lohnen.“Peter könnte sich zudem vorstellen, Anlaufstellen zu schaffen. Beispielsweise könnten die Kinder aus den kleineren Gemeinden wie Schmiechen und Steindorf in Merching getestet werden.
Auch dort herrscht laut den KitaLeiterinnen Unverständnis. „Die Eltern finden es besser, wenn das bei uns im Haus stattfindet“, sagt Manuela Pohr in Steindorf. Räume für die Untersuchung stünden zur Verfügung. „Bei uns war das nie ein Problem.“Die Leiterin in Schmiechen, Karola Gossla, erklärt: „Für alle Berufstätigen ist das ein Horror.“Zu den langen Anfahrtszeiten kämen organisatorische Probleme. Viele Eltern fürchteten, dass sie sich nun für die Eingangsuntersuchung einen ganzen Tag freinehmen müssen. Eine individuelle Berücksichtigung der Bedürfnisse wie vorher sei nicht mehr möglich. „Das hat doch 30 Jahre gut funktioniert“, sagt Gossla. Im Kindergarten in Baindlkirch sagt Leiterin Sybille Brendel: „Die Eltern nehmen es nicht so positiv auf, weil sie die weiten Fahrtwege in Kauf nehmen müssen.“In Mering hat ein Vater laut Leiterin Christine Hintersberger Unterschriften gegen das neue Vorgehen gesammelt. Sein Kind besucht zwar einen anderen Kindergarten, die Liste hing aber auch in der Kita Am Sommerkeller aus. „Gut die Hälfte hat unterschrieben, dass sie dagegen ist.“
Die neue Regelung steht aber fest. Laut Wolfgang Müller, Sprecher des Landratsamts, laufen die Schuleignungstests bereits. Die Eltern seien im Oktober mit Schreiben benachrichtigt worden. Sie würden in der kommenden Zeit über die Kitas erfahren, wann eine Terminvereinbarung für ihre Kinder möglich sei. „Es ist definitiv so, dass alle Eltern zum Gesundheitsamt müssen“, sagt Müller. Es könne aber noch bis zum Frühjahr dauern, bis die Kindergärten im Landkreissüden an der Reihe sind.
Aus dem Landkreisnorden sind beim Landratsamt bislang keine Beschwerden eingegangen, wie Müller auf Nachfrage sagt. Das bestätigt eine kleine Umfrage in weiter von Aichach entfernten Kommunen. Von Rehling sind es 22 Kilometer in die Kreisstadt. Im Kinderhaus Arche Noah mit fast 50 Vorschulkindern hat Leiterin Stefanie Herzog bislang dennoch nichts von Protesten von Eltern gegen die Neuregelung mitbekommen, wie sie sagt. Es sei allerdings auch immer eine Herausforderung gewesen, geeignete Räume für die Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. In Pöttmes, 17 Kilometer von Aichach entfernt, sagt Dagmar Lesti, Leiterin der Kita Spatzennest: „Bei uns hat sich noch niemand beschwert.“Die Eltern müssten sich ja auch für die Untersuchung im Kindergarten freinehmen. Sie fragten eher nach, wie die Terminvergabe läuft, so Lesti. Auch im Kinderhaus Klapperstorch in Pöttmes gibt es keine Aufregung. Leiterin Stefanie Werno sagt: „Die Eltern haben das einfach zur Kenntnis genommen.“Das gleiche sagt Monika Hyna, die das Haus für Kinder in Adelzhausen leitet – knapp 20 Kilometer von Aichach entfernt.
Das veränderte Vorgehen hänge auch mit einer Entscheidung an übergeordneter Stelle zusammen. Ab 2019/2020 soll schrittweise in ganz Bayern die Schuleingangsuntersuchung vom Gesundheits- und Entwicklungsscreening im Kindergartenalter (Gesik) abgelöst werden. „Vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wird als geeigneter Untersuchungsort das Gesundheitsamt nahegelegt“, heißt es vonseiten der Behörde.