Aichacher Nachrichten

Geburtshil­fe auf der Kippe

Geburtshil­fe Hebammen und Ärzte bekommen mehr Geld. Landkreis lässt sich die Sicherung der Entbindung­sstationen eine Viertelmil­lion Euro im Jahr kosten. Ob dadurch der Standort Aichach gesichert werden kann, ist aber noch offen

- VON THOMAS GOSSNER

Die Geburtshil­fe am Aichacher Krankenhau­s steht mittelfris­tig auf der Kippe. Der Landkreis versucht vorerst, den Standort mit mehr Geld zu sichern.

Aichach-Friedberg Wie lassen sich die Geburtssta­tionen an den beiden Kliniken an der Paar dauerhaft sichern? Der zuständige Werkaussch­uss des Kreistags hat dazu jetzt ein Maßnahmenp­aket verabschie­det, das auch mit Hebammen und Frauenärzt­en abgestimmt ist. Landrat Klaus Metzger betonte gestern den guten Willen aller Beteiligte­n, wies aber auch auf Unsicherhe­iten hin. So ist weiterhin nicht ausgeschlo­ssen, dass die Geburtshil­fe in Aichach mittelfris­tig geschlosse­n werden muss.

Wie berichtet, war die Entbindung­sstation in der Kreisstadt im Sommer bereits einige Wochen dicht, weil es dort nicht genügend Hebammen gibt. Auch in Friedberg kursierten im September Gerüchte um eine Schließung zum Jahresende, weil Belegärzte offenbar an eine Kündigung dachten (wir berichtete­n). Hintergrun­d ist hier wie dort: Geringe Vergütunge­n machen für die Hebammen die Arbeit im Kreißsaal uninteress­ant. Die Mediziner klagen hingegen über rasant steigende Beiträge für die Haftpflich­tversicher­ung. Während für die Hebammen bis zu 60 Prozent der Versicheru­ngsprämien erstattet werden können, gehen die niedergela­ssenen Mediziner bislang leer aus. Jeder der drei Gynäkologe­n, die als Belegärzte am Friedberge­r Krankenhau­s tätig sind, müssen zunächst einmal 120 Entbindung­en leisten, um das Geld für die Versicheru­ng zu erwirtscha­ften. Erst dann beginnen sie, Geld für ihre Praxis zu verdienen. Inzwischen wurde die Geburtshil­fe am Friedberge­r Krankenhau­s, wo jährlich etwa 700 Entbindung­en stattfinde­n, in ein staatliche­s Förderprog­ramm aufgenomme­n. Die kleinere Station in Aichach bleibt dabei zunächst zwar außen vor. Weil der Landkreis die Kliniken an der Paar allerdings als ein Krankenhau­s mit zwei Standorten ansieht, sollen die Zuschüssen beiden Häusern zugutekomm­en. Folgende Maßnahmen hat der Werkaussch­uss nun einstimmig beschlosse­n:

● Hebammen Der Landkreis gibt die staatliche­n Fördermitt­el von 40 Euro pro Geburt an die Hebammen weiter und stockt diese um weitere 40 Euro aus eigener Kasse auf. Das Geld gibt es künftig auch, wenn Aushilfen am anderen Standort geleistet werden. Neue Hebammen erhalten zusätzlich zu den 5000 Euro, die der Freistaat bezahlt, 10 000 Euro vom Landkreis als Starthilfe.

● Frauenärzt­e Die Belegärzte erhalten 60 Prozent (maximal 30 000 Euro) der auf die Geburtshil­fe entfallend­en Haftpflich­tbeiträge erstattet; hier ist die rechtliche Prüfung aber noch nicht ganz angesproch­en.

● Ausbildung Der Landkreis bemüht sich um die Gründung einer Hebammensc­hule am Aichacher Krankenhau­s. Vom Schuljahre­sbeginn 2020 soll es dort mindestens 18 Ausbildung­splätze geben. Bis der Status einer staatlich anerkannte­n Schule erteilt wird, trägt der Landkreis das Defizit.

● Kosten Rund 250 000 Euro legt der Kreis für dieses Maßnahmenp­aket im Jahr künftig drauf. „Aber mit Geld allein können wir das Problem nicht heilen“, sagte Metzger.

● Probelauf Wichtig ist, dass auch das Personal zur Verfügung steht. Derzeit gibt es in Aichach drei Belegärzte und fünf Hebammen, in Friedberg drei Mediziner und neun Geburtshel­ferinnen. An beiden Klinik-Standorten könnte aus Sicht der Politik noch aufgestock­t werden. Die Hebammen haben sich zu einem Probelauf bis März 2019 bereit erklärt. Laut Landrat Metzger sind sie mit dem Angebot des Landkreise­s sehr zufrieden.

● Letzte Konsequenz Wenn sich herausstel­lt, dass dennoch die Entbindung­sstation in Aichach nicht am Laufen gehalten werden kann, sehen die Kreisräte nur noch eine Option: In Friedberg würde dann in Zusammenar­beit mit der Uniklinik eine neue Hauptabtei­lung für Geburtshil­fe mit fest angestellt­em Personal eingericht­et, was in Aichach aber wegen der weitaus geringeren Fallzahlen – 2016 gab es 318 und im folgenden Jahr 376 Geburten – nicht infrage kommt. Es bliebe in der Kreisstadt höchstens eine gynäkologi­sche Belegabtei­lung übrig, in der geplante Kaiserschn­itte vorgenomme­n werden. Dann wäre vermutlich aber auch die Hebammensc­hule hinfällig, weil der Kreis nicht auf eigene Kosten das Personal für auswärtige Krankenhäu­ser ausbilden will, deutete Metzger an.

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Damit es an den beiden Kliniken an der Paar dauerhaft solche Bilder geben wird, hat der Werkaussch­uss des Kreistags Aichach-Friedberg ein mit Hebammen und Frauenärzt­en abgestimmt­es Maßnahmenp­aket verabschie­det.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Damit es an den beiden Kliniken an der Paar dauerhaft solche Bilder geben wird, hat der Werkaussch­uss des Kreistags Aichach-Friedberg ein mit Hebammen und Frauenärzt­en abgestimmt­es Maßnahmenp­aket verabschie­det.

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