Als die WM in Gefahr geriet
Behindertensport Für den Petersdorfer Stephan Mägele war das Rollstuhl-Hockey-Turnier in Lignano in Italien nach schweren gesundheitlichen Rückschlägen eine sehr positive Erfahrung
Petersdorf Lignano ist ein beliebter Urlaubsort im Norden Italiens. Stephan Mägele hat die Stadt auf andere Weise kennengelernt: als Austragungsort der Power Chair Hockey World Championship. Es handelte sich also um eine Hockey-WM, an der Behinderte in ihren speziellen Rollstühlen teilnehmen durften. Die deutsche Mannschaft landete auf dem vierten Platz; ihre Gruppenspiele hatte sie jeweils siegreich ab- geschlossen. Im Halbfinale und im Spiel um Rang drei gab es zwei hauchdünne Niederlagen. So ganz glücklich ist Mägele über dieses Abschneiden nicht: „Ich brauche nicht dahin zu fahren, wenn der Titel nicht das Ziel ist.“Und das wäre wohl auch zu erreichen gewesen. Gleichwohl denkt der Petersdorfer gerne an die Tage in Italien zurück: „War eine schöne Erfahrung.“Und nicht zuletzt auch eine sehr wichtige nach den gesundheitlichen Rückschlägen der vergangenen Monate. Mägele leidet an Mukoviszidose; die Krankheit gilt als nicht heilbar. Dabei bildet sich zähflüssiger Schleim in der Lunge. Nun muss der junge Mann 24 Stunden rund um die Uhr beatmet werden. Im Gegenzug braucht er seine Gesichtsmaske nicht mehr zu tragen. Die Eltern Anita und Erwin begleiteten und betreuten ihren Sohn in Lignano. Der sagt: „Es hat ein bisschen gedauert, bis ich mich daran gewöhnt habe. Jetzt geht es mir besser als vorher.“Er kann sich ruhig und klar verständlich artikulieren. Mutter Anita denkt zurück an den Krankenhausaufenthalt vom 1. Mai bis zum 28. Juni: „Die WM war in Gefahr.“
Einmal im Monat verbringt er in der Regel ein Wochenende zu Hause, ansonsten lebt er in MünchenSchwabing in einer Einrichtung der Pfennigparade. „Das ist optimal für ihn“, freut sich der Vater und nennt wichtige Aspekte: „Da hat er einen kurzen Weg zur Arbeit und einen kurzen Weg zum Hockeytraining.“Welcher beruflichen Tätigkeit kann ein Mann mit dieser Behinderung nachgehen? Auf diese Frage erklärt er mit einem gewissen Stolz: „Ich bin Künstler.“Als solcher malt und zeichnet er am Computer von Montag bis Donnerstag mit dem Programm Photoshop. Und macht das Spaß? „Auf jeden Fall.“Die Aussage gilt erst recht für seinen Sport, der nach strengen Regeln abläuft; so wird der Einsatz von Doping kontrolliert. Zweimal 20 Minuten dauert ein Spiel, weil aber bei jeder Unterbrechung die Uhr angehalten wird, kann es sich auch mal über 90 Minuten erstrecken. Den Gegner zu rempeln, um sich einen Vorteil zu verschaffen, ist strafbar. Eine grüne Karte steht für eine Verwarnung, eine gelbe für eine Strafe über zwei Minuten und eine rote für den Ausschluss für diese Partie und die nächste. Jeweils vier Feldspieler und ein Torhüter sind im Einsatz. Die Teams sind nicht allein Männern vorbehalten, auch Frauen mischen mit. Das Alter spielt keine Rolle, bei der WM war der älteste Teilnehmer aus Deutschland 49 Jahre alt. Worauf sich Stephan Mägele sichtlich freut: In wenigen Tagen geht die Bundesliga los: „Dann sehen wir uns wieder.“Aus den Freunden vom Nationalteam werden dann Rivalen im Ringen um den Titel auf Bundesebene.
Die Familie Mägele hat sich arrangiert mit dem schweren Handicap des 27-Jährigen. „Das Planen haben wir aufgegeben“, erklärt die Mutter. In zwei Jahren steht die nächste EM an und in vier Jahren die nächste WM. Dass Stephan großen Wert darauf legt, dann wieder um den Titel zu kämpfen, das steht außer Frage.
Erwin Mägele spricht noch ein Thema an, das den Mägeles auf dem Herzen liegt. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass sie nicht nur auf Verständnis für die Krankheit stoßen, sondern sehr wohl auch auf konkrete Hilfe. Vor einem Jahr versuchte man, durch sogenanntes Crowdfunding Geld zu sammeln, weil ein neuer Rollstuhl für den Sport erforderlich war (wir berichteten). „Durch die Spenden ist genügend zusammengekommen, dass wir uns das eine oder andere Extra noch leisten konnten“, sagt der Vater und dankt allen Spendern, beispielsweise den Vereinen aus der Gemeinde, aber auch auswärtigen Leuten etwa in Schrobenhausen oder Ingolstadt. So konnte man unter anderem ein Sitzkissen kaufen, das stolze 600 Euro kostet.