Aichacher Nachrichten

Steuerquel­le sprudelt und sprudelt und sprudelt

Kreishaush­alt 2019 wird schon wieder zu einem Rekordeinn­ahmejahr – bei gleicher Kreisumlag­e wären es 73 Millionen. Das ist rund dreimal so viel wie vor 20 Jahren. Die Ausgaben steigen, die Begehrlich­keit auch, und es gibt warnende Stimmen

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach-Friedberg Es erinnert an Märchen der Brüder Grimm und Geschichte­n aus 1001 Nacht mit wundersame­n unversiegb­aren Quellen. Aus der Steuerquel­le des Wittelsbac­her Landes kommt nicht Wasser, sondern Geld. Sehr viel Geld. Nicht nur stetig, sondern seit Jahren mehr und immer noch mehr. 1999 lag die sogenannte Umlagekraf­t des Landkreise­s (das sind die Steuereinn­ahmen und Schlüsselz­uweisungen aller 24 Kommunen) bei 117 Millionen und die Verschuldu­ng bei 75 Millionen. Im nächsten Jahr ist die Umlagekraf­t auf 149 Millionen geklettert, und die Kreisschul­den sinken voraussich­tlich auf 12,7 Millionen. Allerdings spuckte die Steuerquel­le kurz vor der Jahrtausen­dwende noch D-Mark aus.

Zwei Jahrzehnte später ist die Umlagekraf­t umgerechne­t also um das Zweieinhal­bfache gestiegen, und die Schulden liegen nur noch bei einem Drittel. Und weil die Konjunktur (noch) brummt und die Umlagekraf­t des Landkreise­s sich immer auf die Steuereinn­ahmen der Kommunen zwei Jahre zuvor bezieht (für 2019 also auf 2017), sprudelt die Quelle munter weiter. Kreiskämme­rer Josef Grimmeiß kann jedenfalls weiter von „Einnahmen auf hohem Niveau“ausgehen. Er hat jetzt bei der ersten Vorstellun­g des Haushalts 2019 im Kreistag in alter Tradition die aktuelle Kreisumlag­e von 2018 (49 Prozent) eingetrage­n. Bliebe es dabei, dann würden im nächsten Jahr 73 Millionen Euro aus den zwei Städten, fünf Märkten und 17 Gemeinden in seine Kasse fließen. Aber bis zur Verabschie­dung des Zahlenwerk­s Anfang 2019 fließt noch viel Wasser die Paar hinunter, und wie viele Euro davon dann im Blauen Palais landen, wird noch ausgeknobe­lt. Die Höhe der Kreisumlag­e wird jedenfalls wieder zu einem größeren Thema – das war schon in den ersten Wortmeldun­gen nach der Vorstellun­g des Zahlenwerk­s deutlich zu spüren. Während früher zwischen Bürgermeis­tern und „reinen“Kreispolit­kern immer gefeilscht wurde, herrschte in den vergangene­n Jahren eher Konsens.

Fest steht schon mal, dass die Einnahmesi­tuation wieder einmal außergewöh­nlich gut ist. Besonders seit 2008, also nach der Wirtschaft­skrise, folgte ein Rekordjahr aufs nächste. Damals knöpfte der Kreis den Kommunen für seine übergeordn­eten Aufgaben rund 42 Millionen Euro ab, im nächsten Jahr wären es dann 73 Millionen Euro. 1999 lag der Hebesatz bei 46,5 Prozent und wurde dann um 1,5 Punkte gesenkt. Bliebe es 2019 bei 49 Prozent Kreisumlag­e, dann würde der Kreis seinen Kommunen dreimal so viel abnehmen wie vor zwei Jahrzehnte­n.

Das ist jetzt aber ein Blick in die Glaskugel. Kämmerer und Kommunalpo­litiker stochern zu diesem frühen Zeitpunkt der Finanzplan­ung meist mit der Stange im Nebel, weil wichtige Einnahme- und Ausgabenpo­sten noch nicht endgültig feststehen. Wie viel Geld bleibt aus dem Haushalt 2018 übrig? Es schaut nicht schlecht aus. Wie hoch sind dicke Ausgabebro­cken wie die Bezirksuml­age? Das steht erst Anfang 2019 fest. Wie hoch ist die Schlüsselz­uweisung des Freistaats? Der „Scheck“aus München trifft traditione­ll zur Weichnacht­szeit ein.

Kämmerer Grimmeiß war sich in der Sitzung bewusst, dass bei diesen Einnahmen der Ruf nach einer Senkung der Umlage laut werden wird. Der erste Rufer war dann gleich Klaus Habermann. Der Aichacher Rathausche­f forderte, auch als Sprecher der Bürgermeis­ter im Landkreis, eine deutliche Senkung und verwies auf die Mehrausgab­en der Kommunen insbesonde­re für die Kleinkinde­rbetreuung und bei Ganztagssc­hulen. CSU-Fraktionsc­hef Peter Tomaschko ließ durchblick­en, dass ein Großteil des Steuerkuch­ens beim Kreis bleiben soll, um die Zukunftsau­sgaben (Neubau Pallotti-Schule, Landratsam­t-Erweiterun­g) zu stemmen und die Schulden weiter abzubauen. Sepp Bichler, Fraktionsc­hef der Unabhängig­en, forderte, die Eigenkapit­alausstatt­ung der Kliniken zu verbessern: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“Matthias Stegmair (CSU) will in einem guten Jahr Vorsorge für schlechte treffen. Für Xaver Hörmann (Unabhängig­e) schwimmen Bund, Länder und Kommunen derzeit im Geld, und die Ausgaben stiegen kontinuier­lich. Aber Wachstum sei nicht unendlich, warnte der Unternehme­r. Die Bundesregi­erung korrigiere schon ihre Prognosen. Und die Quelle, die immer noch mehr Steuern zutage fördert, gibt’s ja nicht mal im Märchen.

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Fotos: Erich Echter Der Landkreis steht vor einem Rekordeinn­ahmejahr, aber auch die Ausgaben steigen. Die Kostenschä­tzung für die geplante Erweiterun­g des Landratsam­es in Aichach liegt bei neun Millionen Euro.
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