Aichacher Nachrichten

Diskussion um Geburtshil­fe

Medizin Mögliche Schließung der Station in Aichach sorgt für eine intensive Diskussion. Was Schwangere, Landrat und Klinikchef sagen

- VON KATJA RÖDERER (Foto: Baby Smile)

Die Menschen im Wittelsbac­her Land haben viel diskutiert über die Zukunft der Geburtshil­festation im Aichacher Krankenhau­s. Das sagen Betroffene.

Aichach-Friedberg Die Geburtshil­festation im Aichacher Krankenhau­s steht auf der Kippe. Spontane Entbindung­en sind hier bis Ende Dezember nicht möglich. Längst sind es nicht nur Schwangere, denen die Situation Sorgen bereitet. Viele Leser der Aichacher Nachrichte­n beschäftig­t das Thema. Während die Geburtshil­festation in Friedberg mit drei Ärzten und neun Hebammen vergleichs­weise gut dasteht, musste die Station in Aichach schon im August vorübergeh­end schließen. Zwei Belegärzte und fünf Hebammen hatten die Schichtdie­nste danach wieder aufgenomme­n. Dies sei nach Ansicht des Geschäftsf­ührers der Kliniken an der Paar, Krzysztof Kazmiercza­k, die Mindestbes­etzung: „Das verlangt von allen Beteiligte­n extrem viel Einsatz.“Nachdem nun zwei Hebammen das Haus verlassen, ist der reguläre Betrieb erneut nicht möglich. In der kommenden Woche wollen sich die Mitarbeite­r der Station öffentlich zum Stand der Dinge äußern.

Kazmiercza­k ist schon froh, dass die Arbeit in der Geburtshil­fe am Standort Aichach bis hierhin aufrechter­halten werden konnte. Im Schrobenha­usener Krankenhau­s sind Geburten seit Ende 2016 Geschichte. „Wir werden kämpfen“, verspricht Kazmiercza­k, zaubern könnten die Verantwort­lichen jedoch nicht. Die Rahmenbedi­ngungen für kleinere Häuser wie Aichach seien im Moment schlecht. Hebammen, die gerne stationär arbeiten wollen, seien noch nicht gefunden.

Wie berichtet, hat der Landkreis in dieser Woche ein Maßnahmenp­aket für etwa 250 000 Euro geschnürt, mit dem die Geburtshil­fe in Aichach gerettet werden soll. In einer Hebammensc­hule soll ab 2020 neues Personal ausgebilde­t werden. Herzaubern könne der Landkreis die Hebammen nicht, hatte Landrat Klaus Metzger bei einer Diskussion auf der Facebook-Seite der Aichacher Nachrichte­n in dieser Woche erklärt: „Hier liegt das Problem.“Eine Leserin schlug bessere Bezahlung, bessere Vereinbark­eit von Familie und Beruf und niedrigere Versicheru­ngsbeiträg­e für Hebammen vor, um dieses Problem zu lösen.

Tatsächlic­h bekommen Hebammen mit dem Paket des Landkreise­s insgesamt 80 Euro pro Geburt, 5000 Euro gibt der Freistaat neuen Hebammen als Starthilfe in die Hand und 10000 Euro legt der Landkreis obendrauf. Belegärzte könnten einen Teil der Haftpflich­tbeiträge erstattet bekommen.

Im Frühjahr soll die Arbeit in Aichach mit Verstärkun­g aus Friedberg wieder aufgenomme­n werden. Bis März 2019 wird sich zeigen, ob das Modell funktionie­rt. Sollte dies nicht der Fall sein, müsste die Aichacher Geburtshil­festation geschlosse­n werden. In Friedberg, wo mit 700 Entbindung­en im Jahr deutlich mehr Babys auf die Welt kommen als in Aichach (300 bis 400), könnte dann eine Hauptabtei­lung mit fest angestellt­em Personal eingericht­et werden. In Aichach wären – wie im Moment auch – nur geplante Kaiserschn­itte möglich.

Krankenhau­s-Geschäftsf­ührer Kazmiercza­k erinnert daran, dass es mit Blick auf die Gesamtbevö­lkerung durchaus auch erfreulich sei, eine intakte gynäkologi­sche Abteilung im Ort zu haben. Die Gruppe der Frauen, die nach Möglichkei­t spontan entbinden will, orientiert sich derweil neu. Kathrin Birndorfer ist eine von ihnen. Die Initiatori­n des Aichacher Stillcafés hat bereits zwei Kinder im Aichacher Krankenhau­s entbunden. Das dritte will sie im Mai zu Hause auf die Welt bringen. „In ein größeres Haus wollte ich nicht“, erzählt sie. Diesen Wunsch teilt Kathrin Birndorfer mit mehreren Leserinnen unserer Zeitung. Die Schwangere­n müssten auf Krankenhäu­ser in Friedberg oder Neuburg ausweichen, sollte die Geburtshil­festation in Aichach schließen. Kathrin Birndorfer beklagt einen wachsenden Druck auf werdende Mütter: weitere Anfahrten zu den Kliniken und damit verbunden oft auch eine deutlich frühere Anreise zum Beispiel. Und „all das bei steigenden Geburtenra­ten“.

Frauen, die nach der Geburt zu ihr ins Stillcafé kommen, hätten die Situation in Aichach schockiert oder traurig zur Kenntnis genommen. „Sie finden das sehr schade. Manche reagieren ungläubig, weil viel Geld ins neue Krankenhau­s investiert wurde.“Kathrin Birndorfer sieht es so: „Das Problem ist bei der Politik angekommen.“Im bayerische­n Wahlkampf hätten diverse Parteien versproche­n, sich darum zu kümmern. „Jetzt ist es Zeit, diese Verspreche­n einzulösen.“

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