Kunst – bitte nicht anfassen
In großen Museen gibt es manchmal diese Linien, die den Betrachter auf Abstand zur Kunst halten sollen. Und wehe, man wagt es, dem Werk zu nahe zu kommen. Dann erklärt man schnell der durch die Sirene herbeigeeilten Aufsicht etwas von Nahperspektive und Materialität, während die anderen Besucher den Barbaren in ihren Reihen schief ansehen.
Anschauen ja, anfassen nein. Gerade dadurch bekommt das Kunstwerk seinen Nimbus. Und natürlich gibt es in der Kunst gegen diese Überhöhung eine Gegenbewegung, Kunst, die angefasst werden soll. Dies macht zum Beispiel das Augsburger Medienkunstfestival Lab30 beim Publikum so beliebt. Die Arbeiten dort setzen oft auf Interaktion mit den Besuchern.
Schwierig wird es allerdings, wenn nicht ganz klar ist, um was für eine Art von Objekt es sich nun handelt. Eines zum Anfassen? Oder doch nicht? Als am Mittwoch im Jüdischen Kulturmuseum in Augsburg die Installation von Ramesch Daha präsentiert wurde, war das zu beobachten. Die Arbeit, ein kniehoher schwarzer Quader, war zu Beginn nicht als Kunstwerk markiert. Frauen wollten Taschen auf dem Quader abstellen, andere glaubten, dass die Kalenderblätter auf dem Quader lose aufliegen. Als sie diese anfassen wollten, schritt die Museumsleiterin ein und klärte die Besucherin auf. Dass das Kunst sei, dass man Kunst im Museum nicht anfasse. Nein, die Kunst macht es einem tatsächlich nicht einfach, weder Besuchern noch Ausstellungsmachern.
* * * „Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.