Stadt will Brunnen nicht geschenkt bekommen
Städtebau Münchner Bauträger plante Wasserspiele auf eigene Kosten, um den Platz vor dem neuen Studentenwohnheim gegenüber der City-Galerie attraktiv zu gestalten. Warum Juristen im Baureferat das Geschenk ablehnen
Brunnen sind in Augsburg sehr beliebt. Am Augustus-Brunnen treffen sich im Sommer fast täglich viele junge Leute zum Plaudern. Am Königsplatz sitzen bei Hitze häufig Eltern mit Kindern. Die Kleinen spielen rund um das Brunnenmädchen im Wasser. Auch der Platz vor dem neuen Studentenwohnheim gegenüber der City-Galerie sollte eigentlich einen Brunnen als Treffpunkt bekommen. Ein Münchner Bauträger plante dort Wasserspiele mit Fontänen. Doch daraus wurde nichts. Und nun ärgern sich Bürger. Die Kritik: Ausgerechnet am Eingang zum schick sanierten Augsburger Textilviertel sei eine „öde Betonwüste“entstanden.
Zwar hat sich das historische Textilviertel zu einem schönen Wohngebiet mit einem interessanten Mix aus alten und neuen Bauten entwickelt. Bastian Goßner aus Augsburg ärgert sich deshalb umso mehr über die Eingangssituation zum Viertel. Der Bereich zwischen der City-Galerie und dem neuen Studentenwohnheim sei städtebaulich total misslungen, schrieb Goßner in einem Leserbrief. Und weiter: „An der SchleifenstraßenKreuzung stauen sich Hitze und Abgase, sodass hier Bäume und Wasser zur Gliederung und Abgrenzung des Platzes und als Kälteinsel richtig gewesen wären.“Weder Investor noch Stadt hätten sich hier mit Ruhm bekleckert, denn die Aufenthaltsqualität gehe gegen Null.
Diese Bürgerschelte will der Münchner Investor für das neue Studentenwohnheim Studiosus 5 nicht auf sich sitzen lassen. Das Un- ternehmen habe monatelang darum gekämpft, den Platz vor den großen Gebäuden mit einem Brunnen attraktiv gestalten zu dürfen, erklärt Gabriel Winter, der geschäftsführende Gesellschafter der Firma SWI Schimpel und Winter Hausbau in München. Allerdings seien alle Bemühungen vergeblich gewesen. Winter sagt: „Es ist eine kuriose Geschichte in meinem nun schon 25-jährigen Berufsleben.“Wie es dazu kam? Auch das will Winter nun öffentlich machen. Das Thema beschäftige ihn noch immer, sagt er. „Es geht mir nicht um mein Ego.“Vielmehr wolle er starre Strukturen sichtbar machen, die nicht dem Leben zugewandt seien. Nach Winters Angaben hat sich das mittelständische Bauträgerunternehmen beim Kauf des Grundstücks fürs neue Studentenwohnheim in Augsburg gegenüber der Stadt verpflichtet, auch den öffentlichen Platz vor dem Gebäude herzustellen. Um diesen Bereich städtebaulich attraktiv zu gestalten, plante der Bauträger ein Wasserspiel mit unterschiedlich hohen Fontänen. „Wir waren uns einig, dass der Platz nach Wasser schreit“, sagt Winter. Die Fontänen hätten nach seiner Einschätzung auch wie ein Schallvorhang gegenüber dem Verkehrslärm an der Schleifenstraße gewirkt.
Die mittelständische Bauträgerfirma wollte den Brunnen auf eigene Kosten bauen und dann der Stadt schenken. „Weil wir das Element Wasser an dieser Stelle richtig und wichtig fanden, haben wir monatelang gekämpft, aber die Stadt wollte keinen Brunnen, auch nicht geschenkt“, sagt Winter. Zwar sei die Stadtplanung für den Brunnen gewesen, die Rechtsabteilung im Baureferat habe diese Lösung jedoch abgelehnt. Dabei habe sein Unternehmen angeboten, auch die Kosten für den Betrieb der Wasserspiele zu übernehmen. Dies sollte nicht nur vertraglich, sondern sogar über einen Eintrag ins Grundbuch abgesichert werden. „Wir haben die Stromkosten und andere Details ermittelt, es ging nur um sehr geringe Beträge“, sagt Winter.
Im städtischen Baureferat nennt man zahlreiche Gründe, warum die Stadt den Brunnen nicht haben will, und das auch nicht geschenkt. Jurist Sven Sosna macht rechtliche Bedenken geltend. „Die Stadt hat sich intensiv mit dem Angebot des Bauträgers beschäftigt“, so der Jurist. Für eine Übernahme des Wasserspiels in städtisches Eigentum und den damit einhergehenden dauerhaften Unterhalt hätten aber keine Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden.
Auch auf das Angebot des Bauträgers, die Fläche für den Brunnen zu erwerben und zu unterhalten, habe die Stadt Augsburg wegen der komplexen Rechtslage nicht eingehen können. Der Jurist befürchtet bei dieser Lösung eine unübersichtliche Situation bei der Verteilung der Verkehrssicherungspflicht und bei der Haftung im Schadensfall, falls am Brunnen etwas passieren sollte. Auch hätte der dauerhafte Unterhalt des Wasserspiels nach seiner Einschätzung tatsächlich nur eingeschränkt sichergestellt werden können: Der Bauträger habe sich zwar bereit erklärt, den Unterhalt zu übernehmen. „Allerdings hätte diese Vereinbarung einen möglichen Rechtsnachfolger grundsätzlich nicht gebunden“, so Sosna. Würde ein Rechtsnachfolger den Unterhalt vernachlässigen, müsste die Stadt diesen selbst übernehmen und die Kosten von den Eigentümern der anliegenden Bebauung einfordern. Nach Angaben des Baujuristen hat die Stadt dem Bauträger im Gegenzug vorgeschlagen, den Brunnen auf seinem eigenen Teil des Platzes näher am Gebäude zu bauen. Dies habe der Bauträger abgelehnt. Winter sagt, dieser Bereich sei nur sehr klein. Dort müsse auch eine Aufstellfläche für die Feuerwehr freigehalten werden. Für ihn stellt sich städtebaulich die Frage: Wo gehört ein Brunnen hin, der einen großen Platz beleben soll? „Sicher nicht neben eine Hauswand, wo er nicht wahrgenommen wird“, meint der Unternehmer.