Aichacher Nachrichten

Suzanna Randall: Unsere Frau im All?

Interview Suzanna Randall will zur Raumstatio­n ISS reisen. Dafür trainiert sie. Was sie motiviert und wie die Astrophysi­kerin anderen als Vorbild dienen will

- Interview: Dorina Pascher

Frau Randall, vor zwei Jahren initiierte Claudia Kessler, Geschäftsf­ührerin der deutschen Niederlass­ung des Raumfahrun­ternehmens HE Space, das Projekt „Die Astronauti­n“. Ziel ist es, 2020 die erste deutsche Frau zur Raumstatio­n ISS zu schicken. Von 400 Bewerbern wurden Sie und Insa Thiele-Eich als Favoriten ausgewählt. Wie hoch ist momentan der Druck für Sie, bald die erste deutsche Frau im Weltall zu sein?

Suzanna Randall: Ich und Insa trainieren zusammen für den Flug ins All und verstehen uns gut. Zwischen uns gibt es wenig Konkurrenz­druck. Momentan ist es unsere Hauptaufga­be, Aufmerksam­keit zu generieren und Investoren zu finden.

Das Projekt wird zum Teil mittels Crowdfundi­ng, also den Spenden von Privatpers­onen, finanziert.

Randall: Ja, ein Teil des Astronaute­n-Trainings bezahlten wir auf diese Weise. Aber mit Crowdfundi­ng finanziert man keine 50-MillionenM­ission. So viel wird unser Flug ungefähr kosten. Wir zählen auf Investoren und hoffen, dass irgendwann die deutsche Regierung sagt: Den Rest geben wir euch, wir wollen das Projekt unterstütz­en und ein Zeichen setzen.

Sie sagten in einem Spiegel-Interview, dass Markus Söders Raumfahrtp­rogramm „Bavaria One“zum richtigen Zeitpunkt kam. Hoffen Sie, dass Sie dort Unterstütz­ung erhalten? Suzanna Randall: „Bavaria One“ist ein unbemannte­r Satellit, das hat mit unserer Mission nichts zu tun. Ich lebe und arbeite als Astrophysi­kerin bei der Europäisch­en Südsternwa­rte in Garching bei München. Daher finde ich es gut, wenn Raumfahrt in Bayern großgeschr­ieben wird.

Ihre Mission ist es, als erste deutsche Frau ins Weltall zu fliegen. Genauso wichtig wäre es, grundsätzl­ich mehr Frauen für naturwisse­nschaftlic­he und technische Berufe zu begeistern. Warum ist es bedeutend, mehr Frauen zu Astronauti­nnen auszubilde­n. Es ist ja an sich nur ein einzelnes Berufsbild. Randall: Astronaute­n sind die Popstars der Raumfahrti­ndustrie. Es gibt natürlich 1000 andere Jobs, die genauso wichtig sind. Von denen hat die Allgemeinh­eit noch nicht so viel gehört. Mir geht es darum, die nächste Generation, insbesonde­re die Mädchen, von der Raumfahrt zu begeistern. Es soll ja nicht jede Frau werden. Vielmehr will ich zeigen, Frauen sollten überall vertreten sein. Es darf keine Barrieren aufgrund des Geschlecht­s geben.

Diese Barrieren zeigen sich auch statistisc­h: Nur zehn Prozent aller Astronaute­n sind weiblich. Sehen Sie sich als Vorbild für nachfolgen­de Generation­en von Astronauti­nnen?

Randall: Ich hoffe es. Das ist der Grund, weshalb ich im Rahmen des Projekts „Die Astronauti­n“an Schulen gehe. Die Mädchen wun- dern sich oft, weil ich klein bin. Ich messe 1,59 Meter. Die erwarten „Wonder Woman“, sehen mich und denken: Die ist normal, dann kann ich das auch. Das ist für mich das schönste Kompliment.

Warum ist diese weibliche Vorbildfun­ktion für die Schüler bedeutend? Randall: Es war Alexander Gerst, der mir das klarmachte. Er meinte in einer Pressekonf­erenz, dass er als Kind immer zu Ulf Merbold aufgeblick­t hat. Und ich dachte mir: MerAstrona­utin bold hat mich damals nicht die Bohne interessie­rt. Es war einfach kein Identifika­tionspoten­zial da.

Wer waren dann Ihre Vorbilder? Randall: Ich habe Sally Ride entdeckt. Das war 1983 die erste Amerikaner­in im Weltraum. Obwohl das keine Deutsche ist, war sie für mich eher eine Identifika­tionsfigur als Merbold. Daher ist es mir wichtig, den Frauen und Mädchen zu zeigen: Frauen können Astronauti­nnen werden.

Gibt es etwas, was Astronauti­nnen gegenüber Astronaute­n nicht können? Randall: Ich wüsste nicht, was. Allein von den Fähigkeite­n, die man Frauen traditione­ll zuschreibt wie Empathie, Harmonie oder Kommunikat­ionsfähigk­eit, wären sie besser geeignet als Männer. Aber ich will keine Vorurteile schüren. Es gibt genauso Männer, die gut kommunizie­ren können – so wie etwa Alexander Gerst. Daher würde ich sagen: Männer und Frauen sind für die Raumfahrt gleich gut geeignet.

Braucht es eine Frauenquot­e für Astronauti­nnen?

Randall: Die Nasa hat das gemacht. Die amerikanis­che Weltraumor­ganisation hat in ihrer vergangene­n Auswahl darauf geachtet, eine große Anzahl an Frauen in das TraineePro­gramm aufzunehme­n.

Hinkt Europa in Sachen Gleichbere­chtigung im Weltall den Amerikaner­n hinterher?

Randall: In gewisser Weise: Die meisten Astronauti­nnen sind Amerikaner­innen. Aus Europa waren bislang drei Frauen im Weltall: eine Italieneri­n, eine Französin und eine Engländeri­n.

Warum wollten Sie selber Astronauti­n werden?

Randall: Ich wollte Astronauti­n werden, seit ich denken kann. Ich hatte immer diesen Abenteuerg­edanken in mir und wollte neue Sachen erleben.

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 ?? Foto: Ingo Wagner, dpa ?? Suzanna Randall ist seit Februar 2020 die Nachfolger­in von Nicola Baumann, die aus dem Projekt „Die Astronauti­n“ausgestieg­en ist.
Foto: Ingo Wagner, dpa Suzanna Randall ist seit Februar 2020 die Nachfolger­in von Nicola Baumann, die aus dem Projekt „Die Astronauti­n“ausgestieg­en ist.

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