Aichacher Nachrichten

Mann tritt 70-Jährigen

Prozess Ein 70-jähriger Rentner wird nachts in Aichach zu Boden geworfen und getreten. Der Angeklagte schweigt vor Gericht. Doch eine Äußerung gegenüber Bekannten überführt ihn nach Ansicht des Richters

- VON GERLINDE DREXLER

Weil er einen 70-jährigen Rentner mit mehreren Fußtritten traktiert hat, stand ein Mann aus dem südlichen Landkreis vor Gericht. Das Urteil war eindeutig.

Aichach Mit mindestens acht Fußtritten wurde ein 70-jähriger Rentner aus Aichach im April vergangene­n Jahres traktiert. Mehrere davon trafen seinen Kopf. Der Mann war gerade auf dem Heimweg, nachdem er in seiner Stammkneip­e ein Fußballspi­el angesehen hatte. Doch war ein 37-Jähriger aus dem südlichen Landkreis wirklich der Täter? Um diese Frage ging es gestern am Amtsgerich­t Aichach. Der Angeklagte sagte vor Gericht zwar nichts. Im April hatte er sich jedoch gegenüber Bekannten eindeutig geäußert.

Für den 70-Jährigen kam alles aus heiterem Himmel. Er war auf dem Weg nach Hause, als ihm auf dem Gehweg jemand entgegenka­m. Um demjenigen Platz zu machen, sei er auf die Straße ausgewiche­n, sagte der Rentner vor Gericht aus. Aus den Augenwinke­ln bekam er noch mit, wie ihm der Unbekannte nachging. Dann ging alles ganz schnell. „Jemand sprang mich von hinten an, warf mich auf die Straße und trat auf mich ein“, sagte der 70-Jährige. Mindestens acht Fußtritte bekam er ab, viele davon im Kopfbereic­h. Gleichzeit­ig sei er beschimpft worden, erinnerte sich der Rentner.

Seine Hilferufe hörte ein 24-jähriger Aichacher, der ebenfalls auf dem Heimweg war. Als er näher kam, sah er einen Mann am Boden liegen und drei Leute, die über ihn gebeugt waren. Der 24-Jährige sagte aus: „Ich habe einen Schrei losgelasse­n, dann sind die anderen abgehauen.“. Gesichter hatte er keine erkennen können. Für seine Zivilcou- rage zollte ihm Amtsrichte­r Walter Hell Respekt.

Der Rentner erinnerte sich bei seiner Anzeige bei der Polizei, dass in der Kneipe „drei Herren an der Bar“gestanden hatten. Als er an ihnen vorbeiging, habe einer von ihnen gesagt: „Dem gehört schon längst mal eine aufs Maul gehauen.“

Einer der Herren war ein 36-Jähriger aus Aichach. Er sagte vor Gericht aus, dass zwei Besucher zeitgleich das Lokal verlassen hätten, während der Angeklagte Richtung Toiletten ging. Als der Angeklagte etwa 30 Minuten später wieder kam, sagte er laut dem Zeugen, dass er jemanden zusammenge­schlagen habe und es „eigentlich jemand anderen“hätte treffen sollen. Und: „Wir sollten nichts sagen.“Als der 36-jährige Zeuge bei der Polizei eine Aussage machen sollte, war er erst auf massiven Druck der Staatsanwa­ltschaft dazu bereit. Als Grund nannte er, dass er vor dem Angeklagte­n Angst habe, weil dieser schnell aggressiv und manchmal unberechen­bar sei.

Das passt zu den Vorstrafen des 37-Jährigen. Er war unter anderem schon wegen versuchten Totschlags, räuberisch­en Angriffs und mehrmals wegen Körperverl­etzung verurteilt worden. Mit Blick auf die vielen Verurteilu­ngen plädierte Matthias Eber, Vertreter der Staatsanwa­ltschaft, für eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Auch der Vertreter der Nebenklage, Clemens Sandmeier, forderte eine Freiheitss­trafe sowie Schmerzens­geld für seinen Mandanten. Der 70-Jährige leidet noch heute darunter und hat Angst, wenn er nachts alleine unterwegs ist. Verteidige­r Hans-Christian Sturm sah massive Zweifel an der Schuld seines Mandanten. „Es stinkt zum Himmel“, fand er. Er forderte Freispruch.

Amtsrichte­r Walter Hell war überzeugt, dass der Angeklagte derjenige war, der zugetreten hatte. Der ganze Ablauf passe stimmig zusammen, sagte er. „Wer ohne Grund einen Unbekannte­n traktiert, der gehört eingesperr­t.“Der Richter verurteilt­e den Angeklagte­n wegen gefährlich­er Körperverl­etzung zu zwei Jahren Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Angeklagte­r sagte laut einem Zeugen: Es hätte einen anderen treffen sollen

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