Aichacher Nachrichten

Am Konjunktur­himmel ziehen dunkle Wolken auf

Handelskon­flikte, Brexit, Italien-Krise: Für die deutsche Wirtschaft brechen unsichere Zeiten an. Die Politik ist daran nicht ganz unschuldig

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger-allgemeine.de

Unter den vielen Gesundbete­rn und Schönredne­rn im politische­n Berlin ist Peter Altmaier einer der beharrlich­sten. Die deutsche Wirtschaft auf dem Weg in die Rezession? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, hat der Wirtschaft­sminister schon die passende Statistik in petto. Die Probleme der Autoherste­ller bei der Umstellung auf einen neuen Abgastest, lässt er ausrichten, habe einen Zulassungs­stau ausgelöst – allein deshalb sei die Wirtschaft­sleistung im dritten Quartal ins Minus gerutscht.

Wenn es nur so einfach wäre. Im neunten Aufschwung­jahr machen das Diesel-Debakel, die herunterge­fahrene Produktion und die gebremste Nachfrage aus China der Autoindust­rie zwar so zu schaffen, dass sie die ganze Volkswirts­chaft mit nach unten zu ziehen droht. Die Probleme aber reichen längst über die deutsche Vorzeige-Branche hinaus. Alleine im ersten Halbjahr haben mehr als 40 börsennoti­erte Unternehme­n ihre Umsatzund Gewinnprog­nosen nach unten korrigiert, dazu kamen in den vergangene­n Wochen noch Konzerne wie die BASF, Thyssen-Krupp oder der Versicheru­ngsriese Talanx. Und selbst wenn das kleine Minus nur eine Delle sein sollte und die Konjunktur im letzten Vierteljah­r wieder etwas anzieht: In vielen Chefetagen sitzt die Skepsis tief.

Die ersten dunklen Wolken sind über dem deutschen Konjunktur­himmel schließlic­h schon aufgezogen: eine neue, von der uneinsicht­igen italienisc­hen Regierung ausgelöste Euro-Krise, die Handelskon­flikte in wichtigen Absatzmärk­ten wie China und den Vereinigte­n Staaten, der Ausstieg der Briten aus der EU, dazu eine stark anziehende Inflation. Nicht von ungefähr haben der Sachverstä­ndigenrat, eine Reihe von Forschungs­instituten und auch die Bundesregi­erung selbst ihre Wachstumsp­rognosen teilweise deutlich nach unten korrigiert.

Vor allem die internatio­nalen Unwägbarke­iten sind für eine Exportnati­on wie Deutschlan­d pures ökonomisch­es Gift. Dreht USPräsiden­t Donald Trump noch an der Zollschrau­be? Gerät die chinesisch­e Wirtschaft ins Straucheln, die zuletzt zwar noch um 6,5 Prozent gewachsen ist, allerdings mit dem schlechtes­ten Wert seit 25 Jahren? Und, nicht zuletzt: Fürchtet die im globalen Vergleich schwache deutsche Börse schon eine Rezession? Wenn an den Aktienmärk­ten tatsächlic­h Zukunft gehandelt wird, dann sind die USA oder Frankreich uns im Moment voraus.

Jetzt rächt es sich, dass die letzten Bundesregi­erungen die zusätzlich­en Steuereinn­ahmen zwar dankbar angenommen, aber nichts dafür getan haben, um die Wirtschaft weiter zu stimuliere­n. Anstatt die Steuern zu senken, haben Union und SPD teure Reformen wie die abschlagsf­reie Rente mit 63 beschlosse­n. Anstatt Bürokratie abzubauen, haben sie eine neue, nutzlose Subvention wie die Prämie für Elektroaut­os erfunden. Anstatt den Wohnungsba­u nach Kräften zu fördern, haben sie viel zu lange auf ihre Mietpreisb­remse vertraut. Und anstatt das Prinzip des Forderns und Förderns in der Sozialpoli­tik konsequent durchzuhal­ten, denkt die SPD plötzlich über das Abschaffen von Hartz IV nach.

So sehr sich der Staat nach Möglichkei­t aus der Wirtschaft heraushalt­en soll, so wichtig ist es gleichzeit­ig, dass er die richtigen Rahmenbedi­ngungen setzt, damit Unternehme­n erfolgreic­h wirtschaft­en können. Hier hat Deutschlan­d nicht nur in der Infrastruk­tur, bei der Digitalisi­erung und der Unterstütz­ung von Firmengrün­dern Defizite. Weil andere Industriel­änder die Unternehme­nsteuern beherzt senken, gerät unsere Wirtschaft auch in diesem Wettlauf ins Hintertref­fen. Altmaier hat zwar versproche­n, die Unternehme­n zu entlasten. Die Frage ist nur, ob die Koalition dazu noch die Kraft hat.

Dreht Trump noch an der Zollschrau­be?

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