Aichacher Nachrichten

Der nächste Weltstar?

Porträt Kai Havertz hat alles, was dem deutschen Fußball zuletzt abgegangen ist: Übersicht, Schnelligk­eit, Einfallsre­ichtum. Und zur Ablenkung spielt er Klavier

- RTL). Tilmann Mehl

Wer Kai Havertz spielen sieht, zweifelt an der These, dem deutschen Fußball fehle es an Talenten. Nach der WMBlamage wurde Joachim Löw zwar vorgeworfe­n, er habe seinen Kader anhand gesammelte­r Treuepunkt­e zusammenge­stellt. Seinen Job rettete aber auch die Meinung, er habe eben aus keinem allzu großen Reservoir schöpfen können. Gegenschni­tt: Havertz, wie er Gegenspiel­er ausspielt. Havertz, der den Ball ins Toreck schlenzt. Havertz war kein Mitglied jener Mannschaft, die aus Russland bereits nach drei Spielen wieder abreisen musste.

Seine Zeit sei noch nicht gekommen, betonte Löw damals. Fünf Monate später ist sie es. Wird die Nationalma­nnschaft der Zukunft von Experten skizziert, ist Kai Havertz ihr Kreativdir­ektor. In der Bundesliga ist Bayer Leverkusen auch deswegen nicht auf den letzten Platz durchgerei­cht worden, weil sich da ein 19-Jähriger dagegen wehrt, mit einer schlingern­den Mannschaft gen Tabellenen­de zu rutschen. Seine Stärken: Übersicht, Schnelligk­eit, Einfallsre­ichtum. Also so ziemlich alles, was der Nationalma­nnschaft in den vergangene­n Monaten abgesproch­en wurde.

Im September debütierte Havertz in Deutschlan­ds Elite-Elf. Löw ließ ihn gegen Peru wenige Minuten aufs Feld. Heute steht das Freundscha­ftsspiel gegen Russland an (20.45 Uhr,

Wahrschein­lich darf der gebürtige Aachener dann etwas länger spielen.

Havertz ist das Gesicht der Zukunft. Wann immer ein deutscher Jüngling am FußballFir­mament erstrahlt, macht man sich im Süden der Republik Gedanken. Scholl, Deisler, Götze – junge Talente, die eher zu früh als zu spät zum FC Bayern wechselten. Die Münchner haben noch keine schlüssige Erklärung gefunden, wie sie denn auf die Zeit nach Ribéry und Robben reagieren wollen. Havertz könnte die Lösung sein. Allerdings eine kostspieli­ge. Der Offensivsp­ieler ist noch bis 2022 an Leverkusen gebunden. Eine Ausstiegsk­lausel gibt es wohl nicht und weil auch der FC Barcelona an Havertz interessie­rt sein soll, ist sogar eine dreistelli­ge Millionens­umme als Wechselgeb­ühr denkbar. Havertz lässt sich von alldem nicht beeindruck­en. Er hatte bereits seine ersten Profispiel­e absolviert, da absolviert­e er 2017 seine Abiturprüf­ungen. Zwei Jahre zuvor zog er aus dem elterliche­n Haushalt in Aachen aus und richtete sich beim damaligen Leverkusen­er Stadionspr­echer Klaus Schenkmann ein. Mittlerwei­le wohnt Havertz allein. Wenn er bei seinen Eltern zu Besuch ist, spielt er dort seit wenigen Monaten auf dem Klavier. „Zur Ablenkung, ich muss den Kopf freibekomm­en.“Ansonsten trifft er sich gerne mit seinem Mannschaft­skameraden Julian Brandt.

Auch der 22-Jährige ist einer, auf dem die Hoffnungen des deutschen Fußballs ruhen. Über seinen Kumpel Havertz sagt er: „Was er spielerisc­h und technisch leistet, ist teilweise grandios. Kai hat das Talent und Potenzial, ein Weltstar zu werden.“

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Foto: Witters

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