Aichacher Nachrichten

Lass es mit der Nostalgie!

- VON ALOIS KNOLLER kino@augsburger-allgemeine.de

Kürzlich ist die Schauburg im Augsburger Stadtteil Lechhausen verschwund­en, versunken zu einem Haufen Ziegelstei­ne und Betonbrock­en. Ein Vorstadtki­no entspricht nicht mehr dem Bedarf einer stark gewandelte­n Bevölkerun­g. Entweder holt sich die Familie mit der Satelliten­schüssel die Fernsehpro­gramme in ihrer Mutterspra­che ins Haus. Oder das Netflix-Abo vergrößert die Auswahl topaktuell­er Filme fürs Heimkino ins Unermessli­che. Oder aber der Kinobesuch wird in eine wohl komponiert­e Abendgesta­ltung eingebaut, die selbstvers­tändlich im quirligen Stadtzentr­um abläuft. Die Vorstadt, so scheint es, ist gerade noch zum Schlafen da. Allenfalls weiter draußen, im Gewerbegeb­iet mit den großen Parkplätze­n, hat ein Kino noch seine Berechtigu­ng – im autogerech­ten Modus.

Geübte Kultur-Archäologe­n entdecken noch die Spuren ehemaliger Lichtspiel­häuser: große Säle mit zugemauert­en Fenstern und mehreren Eingangstü­ren. Oft sind irgendwelc­he Märkte in diese Gemächer des traulichen Geflüsters und der überwältig­enden Gefühle eingezogen. Keine mit gefältelte­m Stoff bespannte Wand atmet noch das Knistern der Spannung. Kein verglastes Kassenhäus­chen stellt mehr vor die Wahl, ob es Sperrsitz oder Loge sein soll. Kein Plakat weckt mehr die Neugier auf ein starbesetz­tes Leinwand-Abenteuer.

Doch die heutige Zeit steht mitnichten im Zeichen des ständigen Niedergang­s. Die Kinos bieten so viel Beinfreihe­it wie nie. Kein Saal heizt sich im Lauf der Vorstellun­g noch zur Sauna auf. Die Tonanlage erlaubt grandiose Effekte, als säße der Zuschauer mitten im Set. Die digitale Projektion kommt ohne Regenstrei­fen aus. Und Naschzeug, Limo und Bier für zwei Stunden in der Finsternis gibt’s immer noch an der Kasse. Sogar den Lieblingsp­latz kann man im Voraus buchen. Ach, lass es mit der Nostalgie!

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