Wie kriegt Friedberg den Verkehr raus?
Innenstadt Das Unbehagen über die Zustände in der Ludwigstraße ist weit verbreitet. Lösungsvorschläge gibt es, aber es ist unsicher, ob sich Mehrheiten organisieren lassen
Eine Hauptstraße von Ost nach West, ein Platz und beschauliche Gassen nach beiden Seiten – am Plan der Altstadt lässt sich noch heute die mittelalterliche Struktur ablesen, die Friedberg bei seiner Gründung durch Herzog Ludwig II. im Jahr 1246 verpasst bekam. Was einerseits als großes Plus im ganzen Augsburger Umland gilt, stellt die Stadtgesellschaft andererseits vor ein großes Problem: Wie kann die Ludwigstraße als Haupteinkaufsmeile vom Durchgangsverkehr befreit werden, ohne Anwohner in anderen Bereichen der Altstadt zu belasten oder dem Einzelhandel zu schaden? Mit dieser Frage beschäftigt sich heute Abend der Friedberger Stadtrat.
Dis Diskussion über eine Aufwertung der Innenstadt reicht inzwischen Jahrzehnte zurück: 2002 startete der Stadtrat einen Offenen Planungsprozess, bei dem die Bürger ihre Wünsche für ein lebenswertes Friedberg formulieren konnten. Ganz ober auf der Liste stand bereits damals eine Verkehrsberuhigung in der Innenstadt. Es sollte allerdings dauern, bis sich die Politik zu einer Umgestaltung der Ludwigstraße durchringen konnte. Nach der Neupflasterung wurde ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich ausgewiesen, in dem von der Seniorin mit dem Rollator bis zum Geländewagenfahrer alle die gleichen Rechte haben sollten.
Doch kaum war die neue Ludwigstraße im Herbst 2008 eingeweiht, gab es einige Klagen: Viele Pkw-Fahrer missachten die Halteverbote und parken teilweise auf den Gehwegen, die nicht mehr durch Bordsteine von der Straße getrennt sind. Über 6000 Fahrzeuge sind täglich hier unterwegs – oft nur, um die kürzeste Achse durch die Innenstadt zu nutzen. Ein Zustand, an dem sich bis heute nichts geändert hat.
Zwar lehnten zwei Drittel der Friedberger 2009 bei einem von den Grünen initiierten Bürgerentscheid für eine Fußgängerzone ab, doch das Unbehagen blieb. Eine nicht repräsentative Umfrage unserer Zeitung fiel im Jahr 2012 eindeutig aus: Von 1294 befragten Personen beurteilt mehr als die Hälfte die Situation in der Ludwigstraße als schlecht.
Im Sommer 2014 gab der Stadtrat darum grünes Licht für den Versuch mit einer temporären Fußgängerzone: Jeweils von Freitagmorgen bis Samstagabend wurde die Ludwigstraße im Bereich vor der Stadtpfarrkirche gesperrt. Während die Kunden und Besucher der Innenstadt anfangs begeistert waren, hagelte es schon bald Kritik aus der Geschäftswelt, die massive Umsatzeinbußen beklagte. Protest kam auch von den Anwohnern der Seitenstraßen: Dorthin verlagerte sich nämlich der Verkehr, weil sich die Autofahrer ihre Schleichwege suchten.
Mit Blick auf die bayerische Landesausstellung, die im Jahr 2020 in Friedberg stattfinden wird, stießen die Grünen nun eine neue Diskussion an: Eine Einbahnregelung in West-Ost-Richtung soll den Durchgangsverkehr reduzieren. Einen Vorschlag, wie er zuvor auch schon von der SPD ins Gespräch gebracht wurde, der aber im Stadtrat quer durch die Reihen auf Skepsis stößt. Bei der gemeinsamen Fraktion von Parteifreien Bürgern, ÖDP und FDP glaubt man nicht, dass sich damit der Verkehr reduzieren lasse – im Gegenteil würden die Fahrten rund um das Stadtzentrum herum noch zunehmen.
Als Alternative schlägt die Gruppierung darum vor, an allen fünf Eingängen zur Innenstadt Schranken oder Poller aufzustellen. Die Autofahrer ziehen dort eine Karte und zahlen bei der Ausfahrt wie bisher eine Gebühr fürs Parken. Für den Durchgangsverkehr werde die Einfahrt ins Zentrum damit unattraktiv, während sich für Anwohner, Geschäftsleute und Kunden praktisch nichts ändere.
Weitgehend einig ist sich die Politik in ihrer Unzufriedenheit mit dem derzeitigen Zustand. Das Konzept des verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs sei gescheitert, weil sich keiner daran halte, heißt es bei der CSU. Bei der SPD sieht man in letzter Zeit eher noch eine Zunahme des Verkehrs. Für eine Lösung des Problems brauche es aber wohl die Quadratur des Kreises.
Bürgermeister Roland Eichmann schlägt eine Bürgerbefragung vor, mit der verschiedene Modelle zur Diskussion gestellt werden. Der Innenstadt-Einzelhandel hat sich unterdessen bereits in Stellung gebracht. Nach einer aktuellen Umfrage der Werbegemeinschaft Aktivring fürchtet eine Mehrheit der Geschäftsleute bei geänderter Verkehrsregelung Umsatzeinbußen und hält eine ungehinderte Zufahrt für notwendig.
Geschäftsleute fürchten Umsatzeinbußen