Aichacher Nachrichten

Kessler: Insolvenz-Auktion erzielt Millionen

Wirtschaft Bald stehen auch die Bobinger Grundstück­e zum Verkauf. Neuer Verwalter überprüft Unternehme­nsführung

- VON VERONIKA LINTNER

Bobingen Die Auktion ist beendet, das Inventar versteiger­t. Im Insolvenzv­erfahren der Bobinger Firma „Kessler Druck + Medien“kamen mehr als 60 Jahre Firmengesc­hichte unter den Hammer – von der Druckmasch­ine bis zum Staubsauge­r. Nun wandert das Inventar quer durch Europa zu seinen neuen Besitzern. „Im Sinne der Gläubiger ist alles sehr gut verlaufen“, sagt Clemens Fritzen, der Vorsitzend­e der Auktionsfi­rma Angermann/Netbid. Eine konkrete Summe will Fritzen nicht nennen, doch der Erlös liege über seinen Erwartunge­n: „Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass es sich um einen siebenstel­ligen Betrag handelt.“

Die Kessler-Versteiger­ung lockte Online-Bieter bis aus Mazedonien. Dorthin geht nun eine der zahlreiche­n Druckmasch­inen. „Aber auch der deutsche Mittelstan­d ist versorgt worden“, sagt Fritzen. Das teuerste Gut, eine Achtfarben-Offset-Druckmasch­ine, ging mit einem Startpreis von 180000 Euro in die Auktion. Das Endergebni­s: mehr als 400 000 Euro. „Es war nichts für Schnäppche­njäger“, sagt Fritzen. Fast alles, was den Druck und die Produktion betreffe, sei verkauft worden. „Wenn dabei eine Maschine im Wert von 20000 Euro übrig bleibt, fällt das bei diesen Summen nicht groß ins Gewicht.“

Etwa 120 Auktionen organisier­t Angermann jedes Jahr – davon etwa zehn in der Druckerei-Branche. „Momentan ist die Krise verschärft“, sagt Fritzen. „Wir kommen, wenn nichts mehr geht. Uns geht leider der Ruf des Totengräbe­rs voraus.“Im Mai 2018 meldete Kessler Druck Insolvenz an. Fast 60 Jahre hatte Gründer Caspar Kessler seine Firma geleitet, bis sie zunehmend in finanziell­e Schieflage geriet. Die Dresdner Astov-Gruppe, die das Unternehme­n 2017 übernahm, wandte die Insolvenz nicht ab. Etwa 150 Mitarbeite­r verloren ihren Job.

Noch bevor die Auktion begann, hat sich hinter den Kulissen ein Wandel vollzogen. Seit 12. September ist Nico Kämpfert der neue Verwalter der Insolvenz. Das zuständige Gericht in Dresden hatte zunächst Albert Wolff mit dem Fall betraut, doch die Insolvenzo­rdnung ermöglicht Gläubigern die Wahl eines neuen Insolvenzv­erwalters. Kesslers Gläubiger haben von ihrem Recht Gebrauch gemacht. „Ein solcher Wechsel ist keinesfall­s üblich, sondern eher die Ausnahme“, erklärt Kämpfert. Er vertieft sich jetzt in die Buchführun­g der Druckerei. „Ich arbeite die Ereignisse nach dem Insolvenza­ntrag, aber auch einen Zeitraum von mindestens vier Jahren vor diesem Antrag auf.“Er prüft, ob Organe der Gesellscha­ft gegen ihre Pflichten verstoßen haben – und ob dadurch den Gläubigern Geld entgangen ist. Firmengrün­der Caspar Kessler erhebt schwere Vorwürfe gegen die AstovGrupp­e. Er ist sich sicher, dass die neue Unternehme­nsleitung nie am Erhalt der Firma interessie­rt war.

Zunächst muss Kämpfert den Erlös der Auktion verteilen: Zuerst kommen jene Gläubiger zum Zug, die Anteile am Inventar und an den Immobilien von Kessler halten. Der Restwert geht an die weiteren Gläubiger, entspreche­nd der Höhe ihrer Forderunge­n. Kämpfert koordinier­t und überwacht den Prozess und zieht Bilanz: „Der bisherige Erlös übertrifft sogar meine Erwartunge­n.“Dabei seien noch nicht einmal alle Posten verwertet. Der nächste Schritt für Kämpfert ist der Verkauf der Bobinger Betriebsst­ätte. Davon erhofft er sich den größten Erlös im Insolvenzv­erfahren.

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Foto: Veronika Lintner Auch diese Zusammentr­agmaschine zählte zu den knapp 1000 Posten aus dem Kessler-Inventar, die unter den Hammer kamen.

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