Nicht von dieser Welt
Felicitas Hoppe spricht über Mozart
Mozart! Alles, fast alles ist schon geschrieben über das Genie, den Wolferl, den Vollkommenen, den Geheimnisvollen, den wiederum aber Nahbaren und Eingängigen. Da hat Augsburgs Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft in seiner Reihe „Mozart Lectures“Felicitas Hoppe geladen, über den Komponisten zu sprechen, nicht natürlich in Erwartung neuer wissenschaftlicher oder psychologischer Erkenntnisse zu Amadé. Prof. Mathias Mayr war in seiner Vorstellung der Büchner-Preisträgerin (2012) im Rokokosaal der Regierung gespannt, was Hoppe, das „Erzählgenie“(so u. a. die Büchner-Jury) schriftstellerisch-poetisch zum Thema „im Köcher hat“.
Und da wurde man nicht enttäuscht. Ihr Einstieg machte deutlich, dass ihr prägender Zugang zu Mozart ein Kindheits-, ein Jugenderlebnis war, nämlich Ingmar Bergmans „Zauberflöten“-Film (1975), der das Theatererleben selbst einbezieht (während der Ouvertüre sind nur die Gesichter der Zuhörer zu sehen), der vorführt, wie die Märchenebene, die Macht des Irrealen Besitz ergreifen kann. Und Hoppe erkennt ihr eigenes kreatives Innenleben
Bergmanns „Zauberflöte“war ein prägendes Ereignis
hier wieder. Sie reflektiert über die Rolle des Librettos, also eines „Büchleins“, das dem Komponisten den Alltag, Menschengeschichtchen, böse und gute Erlebnisse anbietet. Und was die Magie der Musik daraus entstehen lässt, enthebt die Gesichter und Masken eingleisiger irdischer Zusammenhänge; das Personal nimmt neue, schillernde, widersprüchliche Dimensionen an, wird letztendlich durch die Schönheit erlöst – und ist nicht von dieser Welt.
Hier setzt Felicitas Hoppes Mozart-Erleben biografisch an. Sie beschreibt nicht einen mehr oder weniger mühevollen intellektuellen Weg einer „Mozart-Erkenntnis“, sondern Phasen eigener künstlerischer Entäußerungen, als sie zu Gitarrenbegleitung aus trivialen Alltagstexten und -themen gewissermaßen musikalische Märchen und „Inszenierungen“erzeugte, erkennt darin eine permanente Mozart-Nähe. Sie schildert einen Lehrer, der imstande war, Musik als Erlebnis zu vermitteln, der zwar mit schweißnassen Händen Mozart respektvoll zelebrierte, der aber auch die Jupiter-Sinfonie, ausgeführt nur mit Blockflöten, zum authentischen Genuss machen konnte.
In der ihr eigenen Erzähltechnik, in der sich Felicitas Hoppe als „Hoppe“in der zweiten Person einbringt, wird der Erzählgegenstand auf eigene Art gefasst, lebendig. Und man bekommt ein Mozart-Erlebnis. Die Musica Annensis umrahmte dem Abend mit dem g-Moll-Klavierquartett KV 478.