Leerer Kreißsaal sorgt für Wut
Reaktionen Das Aus für die Geburtshilfestation am nagelneuen Aichacher Krankenhaus weckt Emotionen, aber auch Kampfgeist. Landes- und Bundespolitiker kommen dabei nicht gut weg
Das Aus für die Geburtshilfestation am neuen Aichacher Krankenhaus weckt Emotionen und Kampfgeist. Wer jetzt in die Pflicht genommen werden soll.
Aichach „Und ich hab so gehofft, dass ich es noch schaffe, bevor sie zumachen“, dieser enttäuschte Kommentar auf unserer FacebookSeite bringt eigentlich alles auf den Punkt: Die Schließung der Geburtsstation am Aichacher Krankenhaus ruft Frust und Verärgerung hervor. Aber auch Kampfgeist: Nicht nur Landrat und Bürgermeister wollen das Aus nicht einfach hinnehmen (wir berichteten). Es gibt schon erste Initiativen. Gerüchte über eine bevorstehende Schließung geisterten schon länger in und um Aichach. Es hatte sich unter den Schwangeren herumgesprochen, dass Beleghebammen ans Aufhören denken. Kathrin Birndorfer, Initiatorin des Aichacher Stillcafés, entschied sich zum Beispiel deshalb dazu, ihr drittes Kind zu Hause zu entbinden.
Irgendwann sei es so weit, dass Frauen ihre Kinder nur noch alleine zur Welt bringen, weite Wege auf sich nehmen müssen oder nur noch Geburten per Kaiserschnitt durchgeführt werden, fürchtet Andrea Hammer in ihrem Facebook-Beitrag. Daniela Stegmann schreibt: „Unfassbar. Hätte gehofft, dass ich in Aichach entbinden kann.“Auch Männer berührt das Thema, wie folgender Eintrag von Maximilian Randelshofer zeigt: „Das ist eigentlich ein Skandal. Seit Jahren ist das Problem mit den hohen Versiche- rungsprämien bekannt. Die Bundesund Landespolitik hat das Problem bewusst ignoriert. Zu spüren bekommen es die Hebammen, die ihren Job sicher gerne machen, und die Bürger vor Ort. Ein neu eröffnetes Krankenhaus, und es gibt keine Geburtenstation. Es ist einfach himmelschreiend.“
Frustriert ist der Pöttmeser Bürgermeister Franz Schindele. Schwangere aus seiner Gemeinde könnten nun weder in Schrobenhausen noch in Aichach entbinden. Sie müssen für die Geburt bis nach Neuburg oder Augsburg ins Krankenhaus fahren. Auf Politiker auf Landes- und Bundesebene ist Bürgermeister Schindele gerade nicht besonders gut zu sprechen. „Wenn das Krankenhaus eingeweiht wird, dann ist alles da, was Rang und Namen hat. Wenn es Probleme gibt, dann sind sie nicht da.“Dabei bräuchten gerade jetzt Landrat Klaus Metzger und Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann deren Unterstützung. Dass die beiden sich für den Erhalt der Geburtenstation einsetzen, stellt Kreisrat Schindler nicht infrage: „Die versuchen alles, davon bin ich überzeugt.“Was ihn ärgert, ist, dass Politiker im Wahlkampf von gleichen Bedingungen für Stadt und Land sprechen. „Und wenn es um Strukturen für den ländlichen Raum geht, dann ist man allein gelassen.“Nachdem vor rund zwei Jahren die Geburtsstation in Schrobenhausen schloss, fällt jetzt auch Aichach weg. „Der Pöttmeser Raum wird abgehängt“, ärgert sich Schindele. Und das gerade in einem Bereich, der wehtue: „Für Familien ist das ein Rückschritt.“Der Beruf der Hebamme müsse wieder attraktiv gemacht werden, fordert der Bürgermeister. Um für die Situation am Aichacher Krankenhaus eine Lösung zu finden, plädiert er dafür, dass sich alle an einen Tisch setzen.
Das sieht auch Kristina KolbDjoka so. Die Aichacher Stadträtin und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) machte zusammen mit Landtagsabgeordneter Simone Strohmayr auf Infoveranstaltungen auf die sich verschärfende Situation an den Geburtskliniken im Kreis aufmerksam. Bei Gesprächen mit schwangeren Frauen hörte sie immer wieder, dass denen „angst und bange ist, weil sie nicht wissen, wo sie entbinden können“.
Die Aichacher müssten zusammenstehen und ein klares Zeichen setzen, schreibt Wolfgang Holzhauser. Er setzt auf Vernetzung und hat unter „Aichach braucht die Geburtshilfe“eine eigenständige Facebook-Gruppe ins Leben gerufen. In der Mittelschule Aindling findet am Sonntag ab 9 Uhr der Weihnachtsbasar der Hilfe für Kinder aus Tschernobyl statt.