So fechten Sie Ihr Arbeitszeugnis an
Karriere Wer sich bewirbt, braucht ein Zeugnis. Aber was, wenn der alte Arbeitgeber zu Unrecht nur schlechte Noten vergeben hat? Dann müssen Arbeitnehmer das nicht einfach so hinnehmen. Sie können sich wehren
Köln/Berlin Wer aus einem Unternehmen ausscheidet, bekommt zum Abschied ein Arbeitszeugnis. Doch nicht immer sind die Angestellten mit dem zufrieden, was sie dort zu lesen kriegen. Ein ungünstiges Zeugnis reflektiert in der Leistungsund Verhaltensbeurteilung sowie der Schlussformel schlechte Noten, sagt Thorsten Knobbe. Er ist Autor des Ratgebers „Arbeitszeugnisse: Textbausteine und Tätigkeitsbeschreibungen“und Geschäftsführer des kostenpflichtigen Karrieredienstleisters Leaderspoint.
Wie können Arbeitnehmer gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis vorgehen?
„Man kann sich beim Arbeitgeber beschweren oder Klage auf Berichtigung des Zeugnisses erheben“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Zunächst sollte der Arbeitnehmer selbst den Arbeitgeber mit Fehlern im Zeugnis konfrontieren, rät André Kasten, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Berliner Kanzlei Abeln. Etwa mit Verbesserungs- oder Änderungsvorschlägen. Für die Nachbesserung sollte man eine Frist von mindestens zwei Wochen setzen. Bleibt dieser Schritt erfolglos, gehen Arbeitnehmer am besten zu einem Anwalt oder einer Rechtsantragsstelle der Arbeitsgerichte. „Dann bleibt nur noch die Zeugnisklage.“
Wie gehen Betroffene vor?
„Bei einer Zeugnisberichtigung sind Fristen zu beachten“, sagt Michael Felser, Arbeitsrechtler in Brühl bei Köln. Wenn es im Arbeits- oder Tarifvertrag eine Verfall- oder Ausschlussfrist gibt, gilt diese für den Anspruch auf ein wahrheitsgemäßes Zeugnis. „In der Regel sind das drei oder sechs Monate.“So lange sollte man nicht warten. „Die Erinnerung der Vorgesetzten verblasst meist schneller.“Wenn nur kleine Ergänzungen nötig sind, genügt oft die persönliche Vorsprache, sagt Oberthür. „Wenn das Zeugnis insgesamt unbrauchbar ist, lohnt es sich, einen Anwalt hinzuzuziehen, um einen eigenen Formulierungsvorschlag zu machen. “
Wer muss was beweisen?
Die Beweislast haben die Gerichte verteilt, so Felser. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass der Arbeitneh- mer schlechter als der Durchschnitt (befriedigend) war, der Arbeitnehmer hingegen, dass er besser war. „Das ist nicht einfach“, gibt Felser zu bedenken. „Man kann das nur über Zwischenzeugnisse, Leistungsbeurteilungen oder Auszeichnungen wie den „Mitarbeiter des Monats“ beweisen“, so Kasten. Auch Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte könnten als Zeugen für gute Leistungen benannt werden. Felser empfiehlt, sich frühzeitig und regelmäßig Zwischenzeugnisse ausstellen zu lassen. Sind die Bewertungen darin gut, kann der Arbeitgeber im Schlusszeugnis nicht ohne Weiteres davon abweichen.
Was genau kann ich anfechten?
„Die Tätigkeitsbeschreibung und die Leistungsbewertung sind anfechtbar“, sagt Oberthür. Die Formulierung hingegen obliegt dem Arbeitgeber. „Es gibt auch keinen Anspruch auf Dankes- oder Bedauernsformel.“Das Zeugnis müsse vollständig, wahrheitsgemäß und wohlwollend sein, sagt Felser. Auch müsse es formalen Ansprüchen genügen. Hat es Kaffeeflecken, hat der Kollege statt des Chefs unterschrieben oder fehlen Aufgaben, sind das Gründe für eine Berichtigung.
Wie aussichtsreich ist die Anfechtung?
Eine Berichtigungsklage ist aus rechtlicher Sicht nahezu niemals aussichtsreich, sagt Oberthür. Das liege vor allem an der Verteilung der Beweislast. Allerdings sind viele Arbeitgeber zu Kompromissen bereit, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Auch Arbeitsrichter bemühen sich um sachgerechte Kompromisse. Daher lohne sich die Klage trotzdem häufig.