Aichacher Nachrichten

Der Zorn französisc­her Autofahrer

Demonstrat­ionen Sie tragen gelbe Warnwesten und sind empört über Steuererhö­hungen auf Benzin und Diesel

- VON BIRGIT HOLZER

Paris „Stopp Steuern“steht handgeschr­ieben auf einer gelben Sicherheit­sweste. „Macron, du pumpst uns aus“, auf einer anderen. „Nase voll!“, ist auf manchen Jacken zu lesen. Oder: „Autofahrer sind keine Milchkühe!“Es sind zornige Botschafte­n, welche die Empörung vieler Franzosen über steigende Spritpreis­e, hohe Lebenshalt­ungskosten und Präsident Emmanuel Macron überhaupt ausdrücken sollen.

Sie zieren Plakate und eben jene gelben Warnwesten, die sich die Demonstran­ten angezogen haben, weil dies der Name ihrer Bewegung ist. Bei einem landesweit­en Protesttag am Samstag blockierte­n sie Straßen, Autobahnen und Kreisverke­hre, um ihren Unmut kundzutun. Dieser entzündet sich vor allem an den kontinuier­lichen Steuererhö­hungen auf Benzin und Dieselkraf­tstoff, welche die Regierung bis 2022 plant. Mit durchschni­ttlich 1,54 Euro pro Liter befinden sich die Kraftstoff­preise in Frankreich im europäisch­en Mittel, während die Gesamtbest­euerung zu den höchsten gehört.

Wurde der Diesel lange staatlich gefördert, plant die Regierung nun eine schrittwei­se Anpassung an die Preise von Normalbenz­in. Paris hat eine Abwrackprä­mie von bis zu 4000 Euro und eine Erhöhung der staatliche­n Hilfen für Energierec­hnungen für einkommens­schwache Haushalte versproche­n. Die Wut konnte das nicht bändigen.

Mehr als 2000 Aktionen wurden im ganzen Land gezählt, doch mit 283 000 Teilnehmer­n war die Mobilisier­ung geringer als von den Initiatore­n erhofft und von der Regierung befürchtet. Diese zeigte sich alarmiert über die Protestbew­egung, die vor allem von den ländlichen Regionen ausging, welche oft schlecht erschlosse­n sind. Viele Menschen sind dort auf ihre Autos angewiesen.

In Zeiten, in denen Präsident Macron mit Zustimmung­swerten von nur noch 25 Prozent so unbeliebt wie nie ist, scheint die Furcht vor einer Revolte nicht unbegründe­t. Die Bewegung der gelben Westen war in den sozialen Netzwerken entstanden. Ihr fehlt ein offizielle­r Organisato­r, die Gewerkscha­ften und die Opposition­sparteien unterstütz­ten sie, ohne sie klar gefördert zu haben.

Die Regierung warnte im Vorfeld vor Zusammenst­ößen und tatsächlic­h begann der Protesttag tragisch. Im ostfranzös­ischen Pont-de-Beauvoisin gab eine Autofahrer­in, die ihr Kind zum Arzt bringen wollte und von Menschen mit gelben Warnwesten blockiert wurde, in einer Panikreakt­ion Gas und überrollte eine 63-Jährige. Die Frau, die zum ersten Mal an einer Demonstrat­ion teilgenomm­en hatte, starb. Ihre Mitstreite­r machten trotz des Schocks in der Folge weiter. „Sie ist schließlic­h dafür gekommen, es war auch ihr Kampf“, sagte einer der Demonstran­ten vor Ort. Teilweise kam es zu Auseinande­rsetzungen zwischen Protestier­enden und Autofahrer­n. Insgesamt wurden 229 Menschen bei diversen Blockaden verletzt, sieben davon schwer. Die Polizei setzte vereinzelt Tränengas ein, nachdem Störenfrie­de Molotow-Cocktails geworfen hatten. 117 Menschen wurden festgenomm­en.

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Foto: Badias, dpa Ein Protestier­ender mit gelber Weste trifft auf die Polizei

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