Aichacher Nachrichten

Und plötzlich Mathe-Genie

- VON MICHAEL BÖHM bmi@augsburger-allgemeine.de

Manchmal genügt eine einzige, unbedachte Äußerung und schon hat man den Ärger an der Backe. Redselige Politiker können davon ganze Lieder singen. Über Trainer lästernde Frauen von Fußballpro­fis ebenso. Von Schauspiel­ern, deren verbale Entgleisun­gen wochenlang ganze Klatschblä­tter füllen, ganz zu schweigen.

In normaleren Berufen sind unbedachte Äußerungen meistens nicht ganz so dramatisch, aber manchmal nicht minder folgenschw­er. Einmal von der eigenen Schulzeit erzählt und angemerkt, dass man Leistungsk­urs Mathe belegt hat – schon gilt man schreibtis­chweit als eine Art Mathematik­professor. Der Zusatz, dass die Noten im Zeugnis ziemlich genau das Gegenteil beweisen, wird geflissent­lich überhört. Was hängen bleibt, ist: Der kann Mathe! Als mache einen die Zubereitun­g von Bratkartof­feln zum Sternekoch. Oder die verletzung­sfreie Benutzung eines Schraubenz­iehers zum Maschinenb­auingenieu­r. Die Mathe-Phobiker unter den Kollegen scheint die fehlende Kausalität nicht zu stören. Zu groß ist die Verlockung, unliebsame Rechenaufg­aben dem „Experten“zu überlassen.

Nun hält sich die Komplexitä­t der in einer Zeitungsre­daktion auftauchen­den Rechenaufg­aben zumeist in Grenzen. In der Regel handelt es sich um simple Prozentrec­hnungen. Wie viele der Unfälle auf der Autobahn enden tödlich? Wie viele der Politiker im Landtag sind Frauen? Wie viele aller Kühe haben schon mal einen Menschen verletzt – unterteilt nach Tieren mit Hörnern und ohne Hörner?

Wenn der arme Taschenrec­hner wüsste, für was er da an machen Tagen herhalten muss, er würde augenblick­lich leere Batterien vortäusche­n. Und das „Mathematik­genie“der Redaktion wünscht sich, es hätte in diesem einen Moment doch besser die Klappe gehalten.

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Foto: Wolfraum, dpa Mathematik ist eine komplizier­te Angelegenh­eit.

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