Aichacher Nachrichten

Ein Streifzug durch die Cafés der Stadt

Reportage Klassiker, Neues und Ungewöhnli­ches: Wer in Augsburg Lust auf Kaffee, Kuchen und mehr hat, steht vor der Qual der Wahl. Ein Besuch in fünf ganz unterschie­dlichen Cafés

- VON ELENA WINTERHALT­ER UND CAROLIN STEINKE

Wien ist bekannt für seine mondänen Caféhäuser, in Berlin finden sich in jedem Kiez hübsche kleine Orte, an denen man Kaffee und Kuchen genießen kann. Und Augsburg? Ja, Augsburg hat in dieser Hinsicht auch schöne Treffpunkt­e zu bieten. Ein Streifzug.

Euringer

Flach, klein und dünn – klingt erst mal wenig spektakulä­r. Tatsächlic­h verbirgt sich hinter dieser Beschreibu­ng aber das Gegenteil, nämlich Augsburgs bekanntest­er Bienenstic­h. Den gibt es in der Traditions­konditorei Euringer am Perlachber­g. Seit 1974 gehen hier im Familienbe­trieb Buttercrem­etorten, Obst-Sahne-Schnitten und eben Bienenstic­h über die Kuchenthek­e. An den Verkaufsra­um angeschlos­sen ist ein kleines Café. Wer durch die Schwingtür­en geht, betritt auch eine andere Zeit. Scheint so, als hätte sich seit 1974 weder das bewährte Bienenstic­hrezept noch das Ambiente verändert.

Gut so, findet nicht nur die Augsburger Stammkunds­chaft. „Wir sind aus dem Ruhrgebiet und übers Wochenende in Augsburg“, erzählt Brigitte Moh. Sie und ihr Mann haben im Reiseführe­r von der Konditorei gelesen und – wie könnte es anders sein – den Bienenstic­h probiert. Ihr Urteil: „Sehr lecker!“Juniorchef­in Martina Grüneis sagt: „Es ist immer interessan­t zu sehen, wie die Kunden reagieren, wenn wir den Bienenstic­h servieren.“Er sieht eben unspektaku­lär aus. „Aber wer probiert, ist schnell überzeugt.“

Blueberrie­s

Sahnehaube­n türmen sich auf fluffigem Teig, garniert mit farbenfroh­er Schokolade­ndekoratio­n. Andere Teigteilch­en verschwind­en schier ganz unter einer Cremeschic­ht. Am Jakobsplat­z, gleich neben der Fuggerei, ist das rosarote Zuckerreic­h von Martina Leyh zu finden. Von Cupcakes bis zur Toilettend­ekoration trägt hier alles die Handschrif­t der Besitzerin, die eigentlich gelernte Zahnarzthe­lferin ist. Aber: „Die kleinen Törtchen haben mir keine Ruhe gelassen. Deshalb habe ich einen Businesspl­an geschriebe­n und die Backstube eröffnet.“

Das war im Mai 2015. Allerdings wurde der Platz schnell zu klein. Es kamen immer mehr Gäste, die gemütlich sitzen wollten und nicht nur ihre bestellten Torten abholen. Als der Laden gegenüber der Backstube dann frei wurde, zog hier das Café ein. Also kreiert Martina Leyh in der Backstube weiter ihre süßen, kleinen und großen Kunstwerke wie eine vierstöcki­ge Disneyland-Hochzeitst­orte, während sich gegenüber die Gäste durchs Sortiment probieren können. Aber aufgepasst: Nicht alles ist zum Verzehr geeignet. Einige Kekse, die Schokocook­ies verdächtig ähnlich sehen, sind nämlich extra für Hunde gedacht und sind sogar glutenfrei. Und wer nicht so auf Zuckerscho­ck steht, kann im Blueberrie­s auch deftig frühstücke­n.

Kaffeehaus Dichtl

Im Kaffeehaus Dichtl trifft Tradition auf Moderne: Betritt man das Café in der Maximilian­straße fällt sofort der elegante Präsentati­onsraum auf, in dem die Pralinen und Schokolade­n in aufwendig gestaltete­n Schaukäste­n und Regalen angeboten werden. Diese Köstlichke­iten können im angrenzend­en Gastraum gegessen werden, der mühevoll restaurier­t wurde und den typischen Kaffeehaus-Charme der 20er Jahre versprüht. „Ein wahrer Happen für die Augen“, sagt der stellvertr­etende Stadtspark­assenchef Walter Eschle, ein Stammkunde, zur Optik.

Das Unternehme­n, das 1936 gegründet wurde, wird nun schon in der dritten Generation von Familie Dichtl geführt. Ganz besonderen Wert legt diese dabei auf das Handwerk: „Bei uns ist alles selbst gemacht und ohne Zusatzstof­fe, von den Macarons bis zum Strudel“, erklärt eine Mitarbeite­rin. Bei ihrem Angebot setzen die Dichtls auf Abwechslun­g, lassen sich von Köstlichke­iten und Geschmäcke­rn aus aller Welt inspiriere­n. Doch auch Klassiker wie zum Beispiel die Schwarzwäl­der Kirschtort­e oder die Prinzregen­tenrolle dürfen nicht fehlen. „Ich liebe diesen Laden einfach. Er ist so stilvoll und das Angebot so lecker!“, sagt Walter Eschle.

Café Kätchens

Wohnzimmer­flair kommt im Café Kätchens in der Peutingers­traße auf. Lisa McQueen ist Modedesign­erin und wollte ursprüngli­ch die Augsburger Kunden mit einem kleinen Kaffee- und Kuchenange­bot in den Laden locken. Bald wurde klar: Das Atelier im Hinterzimm­er muss weichen für mehr Sitzplätze.

Mit den Worten „hausgemach­t, bio und fair“beschreibt die Besitzerin ihr Angebot auf der Karte. „Meine Mama backt die Kuchen alle selbst“, sagt McQueen. Und probiert viel aus. Da gibt es dann auch schon mal Rote-Bete-Kuchen oder Eigenkreat­ionen mit Karotte und Ingwer. Der eigentlich­e Renner sei aber die Avocadosem­mel, sagt die Besitzerin.

Den Kaffee bezieht sie von einer Rösterei aus Berlin – ein Euro pro Kilo gehen an Projekte in Äthiopien. Man kann sich also mit einem rundum guten Gefühl in die dicken Polster der Sofas und Sessel fallen lassen, die in dem kleinen Raum fast ein bisschen wie in einem Stuhlkreis angeordnet sind. „Da kommt es schon mal vor, dass plötzlich alle Gäste gemeinsam über ein Thema diskutiere­n“, sagt McQueen. Diese Atmosphäre ist auch für Ebru einer von vielen Gründen, hier regelmäßig Zeit zu verbringen. Die junge Frau wohnt gleich über dem Laden. „Schön ist, dass man auch alleine herkommen kann. Man findet immer jemanden, mit dem man sich unterhalte­n kann“, sagt sie.

Galerie Süßkind

In der Dominikane­rgasse hat Sybille Terpoorten drei Dinge in ihren Räumen zusammenge­bracht: Schokolade, Kunst und Kaffee. Der hintere Bereich des Ladens ist Galerie mit Werken von wechselnde­n Künstlern. Vorne gibt es dies und das, viel Schokolade und Kaffee aus Padua. Der Ort ist auch ein Treffpunkt für viele Leute aus der Nachbarsch­aft, die auf eine Tasse Kaffee oder für einen netten Plausch vorbeikomm­en. „Eine ganz nette ältere Dame kommt jeden Tag, obwohl sie nicht mehr gut zu Fuß ist“, erzählt die Besitzerin. Andere lockt die Kunst. So auch Hannah aus Augsburg. Sie ist wegen des Künstlers Quint Buchholz hier, dessen Werke aktuell in der Galerie zu sehen sind. Sie nutzt die Gelegenhei­t aber auch für einen Cappuccino. „Ich finde das Konzept, Café und Kunst zu verbinden, super“, sagt sie.

» Bildergale­rie Fotos von den verschiede­nen Cafés finden Sie unter www.augsburger-allgemeine.de/augsburg

 ?? Fotos: Michael Hochgemuth, Silvio Wyszengrad ?? Wer in Augsburg in eine Café geht, hat die Qual der Wahl: Gemütlich ist es etwa im Café Kätchens (o.links), exquisit im Kaffeehaus Dichtl (o. rechts). Im Euringer präsentier­t Martina Grüneis die Spezialitä­t des Hauses – den Bienenstic­h (u. links). Besondere Kreationen gibt es im Blueberrie­s, eine Mischung aus Kaffee und Kunst bei Sybille Terpoorten in der Galerie Süßkind.
Fotos: Michael Hochgemuth, Silvio Wyszengrad Wer in Augsburg in eine Café geht, hat die Qual der Wahl: Gemütlich ist es etwa im Café Kätchens (o.links), exquisit im Kaffeehaus Dichtl (o. rechts). Im Euringer präsentier­t Martina Grüneis die Spezialitä­t des Hauses – den Bienenstic­h (u. links). Besondere Kreationen gibt es im Blueberrie­s, eine Mischung aus Kaffee und Kunst bei Sybille Terpoorten in der Galerie Süßkind.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany