Die Hunde-Hölle
Tierschutz Kripo und Veterinäramt durchsuchen ein Anwesen in Obermaxfeld, in dem mutmaßlich über 100 verwahrloste Hunde gehalten wurden. 34 Tiere kamen ins Tierheim
Königsmoos-Obermaxfeld/Neuburg So etwas hat selbst Gerhard Schmidt noch nicht erlebt – und dem Leiter des Neuburger Tierheims ist kaum etwas Tierisches fremd. Seit dem Wochenende hat er in der Anlage in Riedensheim 34 Hunde mehr zu versorgen. Sie stammen aus Obermaxfeld, wo die Kripo Ingolstadt in Kooperation mit dem Veterinäramt Neuburg am Freitagabend einen Hundehalter kontrollierte, der in seinem Anwesen um die 100 Tiere gehalten hat, darunter sehr viele Welpen. Bei dem Einsatz war neben Polizisten und Tierärzten auch die Freiwillige Feuerwehr anwesend, die das Gelände ausleuchtete. Zudem war ein Fernsehteam von „Stern TV“vor Ort, das der Tierschutzverband „Tierpfoten investigativ auf den Fall aufmerksam gemacht haben soll. Das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen wollte möglichst bald in einer Pressekonferenz öffentlich zu dem bayernweit wohl einzigartigen Fall Stellung nehmen.
Die meisten der Hunde, die derzeit schon im Tierheim unterge- sind, befanden sich in einem Lieferwagen, den die Polizei gestoppt hat. Vermutlich sollten die Tiere ins Ausland geschafft werden. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft eine Betretung des Grundstücks erwirkt. Dort herrschten desolate Zustände, eine Polizistin soll sich gar geweigert haben, das Wohnhaus zu betreten. Das ganze Gelände ist total verwahrlost und vermüllt. Die Hunde hausen sowohl in Verschlägen als auch im Haus selbst – unter kaum vorstellbaren hygienischen Zuständen. Zehn weitere Tiere, die laut Veterinäre in gesundheitlich bedenklichem Zustand waren, wurden aus dem Haus geholt. Die geretteten Hunde sind teils abgemagert, haben Geschwüre, Parasiten, Darmprobleme und sind völlig verwildert. Der Halter ist den Behörden einschlägig bekannt, Nachbarn beschwerten sich wegen übermäßiger Lärm- und Geruchsbelästigung aus der Tierhaltung. Die ganzen Dimensionen des Falls scheint aber niemand richtig eingeschätzt zu haben.
Gerhard Schmidt war selbst beim Einsatz am Freitag vor Ort. Er beschreibt das Gelände, auf dem zahl- reiche Hütten und Verschläge stehen, als sehr unübersichtlich und von außen so gut wie nicht einsehbar. „Ich kenne den Fall seit vielen Jahren. Auch die Gemeinde und der Landkreis haben davon gewusst. Freilich hat es keine Kontrollmöglichkeit gegeben, solange keine Straftat nachweisbar war. Es gilt die Unversehrbarkeit der Wohnung. Da hat der Gesetzgeber hohe Hürden aufgestellt“, erklärt er gegenüber unserer Zeitung. Weil der Hundehalter kein gewerblicher Züchter sei, habe es auch keine Kontrollen gegeben. Die Sache sei dem Mann wohl einfach entglitten, vermutet Schmidt. „Das ist oft so. Die Leute schaffen sich was aus Tierliebe an, wollen auch züchten, etwas abgeben, doch dann gerät das außer Kontrolle. Man schottet sich dann ab, auch gegenüber den Nachbarn.“
Derartige Zustände, ärgert sich der Tierheimleiter, seien so lange kaum vermeidbar, solange die Politik dieses Problem schlichtweg ignoriere. „Man kann eigentlich nicht glauben, dass es solche Fälle mitten in Deutschland gibt. Man muss sich nur mal die Nutztierhalbracht tung ansehen.“Es passiere aber immer wieder, weil das Tierwohl in unserer Gesellschaft keinen Stellenwert habe. Die 34 Hunde, schätzt Gerhard Schmidt, kosten das Tierheim 6000 Euro im Monat für Personal, Tierarzt, Arzneimittel und Nahrung. Darüber hinaus brauche er wohl zwei Kräfte mehr wegen des gestiegenen Betreuungsaufwandes. Und man kann sich der Tiere auch nicht einfach so entledigen, denn nach dem Tierschutzgesetz dürfen Wirbeltiere nicht ohne vernünftigen Grund eingeschläfert werden.
Die Angelegenheit ist noch nicht ausgestanden. In dem Anwesen in Obermaxfeld werden nochmals 40 bis 60 Hunde vermutet. Niemand kennt die genaue Zahl. „Ich würde da auch nicht einfach reingehen und einem Rudel Hunde gegenübertreten wollen“, sagt Gerhard Schmidt. Es wird also eine weitere Aktion nötig sein, um die Zustände in Obermaxfeld zu beseitigen. Für die restlichen Hunde müssen Plätze in anderen Tierheimen gefunden werden. Über das weitere Vorgehen werden am Montag Veterinäramt und weitere Behörden des Landratsamtes beraten.