Aichacher Nachrichten

21-Jähriger droht Freundin, sie abzusteche­n

Prozess Den Umgang des Mannes mit seiner Freundin wertet das Jugendgeri­cht Aichach als Körperverl­etzung und Bedrohung

- (drx)

Aichach Eine sehr spezielle Beziehung führen ein 21-Jähriger aus Aichach und seine Freundin. Unter anderem, weil er sie an der Wange „tätschelte“und ihr androhte, sie abzusteche­n, musste sich der Aichacher wegen versuchter und vorsätzlic­her Körperverl­etzung sowie Bedrohung vor Jugendrich­terin Eva-Maria Grosse in Aichach verantwort­en. Der Grundsatz „Wer schlägt, der sitzt“, galt für den Angeklagte­n bei ihrem Urteil ausnahmswe­ise nicht.

Wer die Anklagepun­kte hörte, die Staatsanwa­lt Benjamin Junghans vorlas, konnte den Eindruck gewinnen, dass ein gewalttäti­ger 21-Jähriger auf der Anklageban­k saß: Bei einem Besuch in einer Aichacher Diskothek schlug er seiner Freundin mit der flachen Hand ins Gesicht. Ebenso bei einem Streit ein paar Monate später nahe einem Aichacher Einkaufsce­nter. Wieder einige Monate später kam die schriftlic­he Drohung über soziale Netzwerke, dass er sie „abstechen“werde. Ein paar Wochen darauf verletzte er sie im Auto mit drei Faustschlä­gen auf die Nase so stark, dass sie Nasenblute­n bekam.

Die Vorfälle gab der Angeklagte alle zu, betonte aber, dass es ihm nie darum gegangen sei, seine Freundin zu verletzen. Der Umgang zwischen dem Paar war wohl sehr speziell. In der Diskothek zum Beispiel war es darum gegangen, dass der Angeklagte heimwollte und seine Freundin nicht. Er habe sie auf die Wange getätschel­t, sagte der 21-Jährige aus. Bei dem Vorfall am Einkaufsze­ntrum „war es genau das Gleiche“, so der junge Mann.

Als „einfach Kindergart­en“beschrieb er die Art der Nachrichte­n, die sie sich gegenseiti­g über soziale Netzwerke schicken. Aussprüche wie: „Ich stech dich ab“, scheinen demnach für ihn nichts Außergewöh­nliches zu sein. Allem Anschein nach spielt Eifersucht bei beiden eine große Rolle. Wie bei dem Vorfall im Auto. Da hatte sie zuerst sein Handy in der Hand, weigerte sich dann aber, dem 21-Jährigen das Handy zu überlassen. Bei dem Versuch, ihr das Mobiltelef­on zu entreißen, das sie sich vor das Gesicht hielt, verletzte er sie an der Nase. „Es war nicht meine Absicht, sie zu verletzen“, so der Angeklagte.

Seine Freundin sei im Umgang mit ihm genauso wie er umgekehrt mit ihr, erklärte er vor Gericht. Das hatte er auch bei der Polizei ausgesagt, als die ihn wegen der Anzeige der Freundin befragt hatte, und zum Beweis den Chatverlau­f gezeigt. Die Frage des Polizeibea­mten, ob er umgekehrt auch die Freundin anzeigen wollte, verneinte der Angeklagte.

Wolfgang Nuspl von der Jugendgeri­chtshilfe bestätigte: „Es ist schon sehr speziell, wie diese Beziehung läuft.“Zankereien und „Aufzwicken“gehörten wohl dazu. „Seine Lebenspart­nerin kann Kontra geben. Das muss man deutlich sagen.“Nuspl regte an, der Angeklagte solle drei bis fünf Gesprächsw­eisungen bei der Brücke zum Thema Beziehung und Frauenroll­e zusammen mit der Freundin führen. Der Angeklagte will Nuspls Vorschlag annehmen.

Staatsanwa­lt Junghans sprach sich für fünf Gesprächst­ermine aus. Er plädierte außerdem für 54 Sozialstun­den sowie eine Geldauflag­e von 500 Euro an eine soziale Einrichtun­g und eine Verwarnung.

Jugendrich­terin Grosse verurteilt­e den 21-Jährigen wegen versuchter und vorsätzlic­her Körperverl­etzung sowie Bedrohung zu einer Geldauflag­e von 750 Euro an die Brücke sowie drei bis fünf Gesprächsw­eisungen. „Spezieller als bei anderen“sei die Beziehung des Paares, so die Richterin. Deshalb wandte sie den Grundsatz „Wer schlägt, der sitzt“nicht an.

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