Stuck mal klassisch, mal modern
Wohnen Viele Altbaubewohner sind mächtig stolz, wenn der Deckenschmuck vergangener Zeiten noch gut erhalten ist. Doch auch im Neubau bringen Deckenleisten das gewisse Etwas. Damals wie heute haben die Elemente auch einen Energiespareffekt
Manche wollen unbedingt eine Wohnung im Altbau mit Stuck. Für andere ist das der Inbegriff von Spießigkeit und jahrhundertealtem Staub. Zwar ist Stuck eigentlich ein Schmuck aus den Baustilen der Renaissance, des Barocks und des Jugendstils und wird vor allem mit Rosetten, Ornamenten und nackten Matronen verbunden. Aber er wird heute noch immer verbaut. Stuck ist nämlich einfach nur die Bezeichnung für die plastische Gestaltung von Mörtel auf und in Bauwerken. „Es entsteht also immer eine Form, die aber nicht unbedingt eine Putte oder ein Ornament sein muss“, erklärt Markus Weißert vom Fachverband der Stuckateure.
Zwar wird Stuck oft als Schmuckform zur repräsentativen Gestaltung von Räumen oder Fassaden genutzt, aber auch in modernen Zweckformen. Typisch dafür sind etwa Leisten an der Wand oder unter der Decke, in denen Beleuchtung oder Heizungs- und Lüftungsanlagen versenkt werden. „Stuck war und ist ein Gestaltungselement, das auch zusätzliche Funktionen hatte, zum Beispiel für die Reduzierung von Wärmebrücken“, erklärt Stuckateur Weißert den Energiespareffekt damals wie heute. „Ein Stuckprofil, als Hohlkehle von zehn bis 15 Zentimetern Höhe unter der Decke angebracht, verringert Temperaturdifferenzen an Kanten und Ecken.“Daher ist es auch heute noch in Neubauten ein Thema bei der Innenraumgestaltung. Dabei muss Stuck natürlich nicht verspielt gestaltet sein. Klare Formen passen besser zur modernen Architektur.
Meist begegnen uns Stuckelemente jedoch in älteren Häusern. „Der Stuck gibt den Räumen das gewisse Etwas“, sagt der Gipsexperte Swen Auerswald. „Die meisten Bewohner freuen sich darüber und wollen ihn erhalten.“Das ist allerdings nicht ganz einfach, wenn Stuckelemente beschädigt oder mehrfach überstrichen sind. „Solche Teile wieder in den Originalzustand zu bringen, ist schon sehr aufwendig“, sagt Auerswald. Für den Profi ist daher klar: Heimwerker sollten sich ohne spezielles Training lieber nicht an die Herstellung und Reparatur von Stuck wagen.
Das sieht auch Robert RaschkeKremer so. Er ist Trainer für Heimwerker an der Do-it-Yourself Academy in Köln. „Klassische Stuckar- beiten sind große Handwerkskunst. Man muss nicht nur die Formen gießen, stampfen und ziehen können, sondern sich auch mit den Materialien auskennen“, erläutert Experte Raschke-Kremer. „Dazu ist viel Erfahrung nötig, die kaum ein Heim- werker hat. Also besser den Fachmann fragen.“
Eine machbare Alternative für den Heimwerker, wenn man schmückende Elemente neu anbringen will, könnten seiner Ansicht nach vorgefertigte Dekore aus dem Fachhandel sein. „Es gibt eine große Auswahl an Leisten und Ornamenten aus Schaumstoff, die einfach angeklebt und dann mit der passenden Wand- oder Deckenfarbe angestrichen werden.“Hier muss man auf den richtigen Kleber achten. „Es muss Montagekleber für Polystyrol sein. Nimmt man den falschen Kleber, fallen die Kunststoffelemente schnell wieder ab.“
Der Stuckateur Weißert betont jedoch, dass alte vorhandene Stuckprofile mit Zierelementen aus Kunststoff nicht repariert oder ergänzt werden. „In den meisten Fällen kann der ursprünglich vorhandene Stuck nicht nachgebildet werden, denn die Kunststoffelemente haben eine andere Profilierung und andere Abmessungen“, erklärt er. Manchmal gebe es passende Formen aus Stuck im Fachhandel, sonst müssten sie von Profis individuell gefertigt werden.
Risse oder Abplatzungen lassen sich mit speziellem Stuckgips reparieren. „Der hat aber seine Tücken und verhält sich anders als normaler Gips, vor allem was das Abbindeverhalten angeht“, sagt Stuckateur Weißert. Er rät, hier erst einmal zu üben, bevor man sich an den Stuck an der Wand macht. Dort können dann später Risse vorsichtig ausgespachtelt und mit Gips wieder überspachtelt werden. Abplatzungen werden mit Stuckgips ergänzt, oder
Alter Stuck ist Produkt großer Handwerkskunst
Moderne Dekore sind meist einfach selbst anzubringen
die bestehenden Elemente werden hinterspritzt. „Das sind alles filigrane Arbeiten, die einiges Geschick erfordern“, sagt der Profi und rät lieber, den Fachmann zu beauftragen, um die historische Substanz nicht zu beschädigen.
Selbst das Entfernen der Farbe von zu oft überstrichenen Stuckelementen ist eine knifflige und vor allem schmutzige Angelegenheit – die etwa Mieter oder Neueigentümer bei der Übernahme einer Wohnung trifft. „Früher wurde viel mit Kalkund Leimfarbe gearbeitet“, erklärt Gips-Experte Auerswald. Das findet man heraus, indem man zur Probe mit nassem Schwamm oder Finger über die Oberfläche wischt. Nehmen sie Farbe auf, ist der Wandbelag wasserlöslich. „Dann kann man sie nach und nach von den Stuckelementen abwaschen“, erklärt Auerswald. „Das ist allerdings sehr langwierig, weil mehrfach frisches Wasser aufgetragen und mit einem Schwamm vorsichtig abgezogen werden muss.“Leimfarbe in den Tiefen der Stuckdetails muss man mit Spachtel, Skalpell oder Bürsten entfernen – ebenfalls eine anspruchsvolle Arbeit. Löst sich die Farbe nicht durch Wasser ab, handelt es sich um Dispersions- oder Acrylfarbe. Sie muss aufwendig abgebeizt werden.