Geburtshilfe: Habermann nimmt Aus nicht hin
Bürgerversammlung I In der Aichacher TSV-Halle wirbt der Rathauschef bei den Bürgern aus Stadt und Umland um Unterstützung. Für Erhalt der Station ist eine Unterschriftensammlung geplant. Weitere Schritte könnten folgen
Aichach Gerade erst ist das neue Aichacher Krankenhaus eröffnet worden, der Umzug ins neue Gebäude ist abgeschlossen. Doch die frisch eingerichtete Geburtshilfestation wird gar nicht erst in Betrieb genommen. Diese Hiobsbotschaft, die in der vergangenen Woche öffentlich wurde, stand auch in der Aichacher Bürgerversammlung gestern Abend in der TSV-Halle im Mittelpunkt des Berichts von Bürgermeister Klaus Habermann. Er kündigte an, das so nicht hinzunehmen. Er bat die Bürger aus Stadt und Umland um Unterstützung.
Habermann nannte es „absolut inakzeptabel, dass damit ein wichtiger Pfeiler einer familienfreundlichen Stadt wegzufallen droht“. Die Schließung komme zur Unzeit, weil das vom Landkreis als Träger zugesagte Unterstützungspaket wie auch die von der neuen Koalition in München zugesicherten Maßnahmen zur Stärkung kleiner Häuser und insbesondere der Geburtshilfen noch nicht ziehen konnten. „Kein erfolgreiches ,Krisenmanagement‘ seitens der Klinikleitung, wenn ich das mal vorsichtig so ausdrücken darf“, so Habermann.
Es könne nicht sein, dass junge Frauen zwischen Ingolstadt und Augsburg künftig keine Möglichkeit mehr haben, ihre Kinder wohnortnah zur Welt zu bringen. Für Frauen aus Schrobenhausen, aus Aichach und dem nördlichen Landkreis sei es eine Herausforderung, vielleicht sogar ein Risiko, wenn sie bei vorzeitigen Wehen „auf große Fahrt“gehen müssten. Friedberg sei dabei wohl keine Alternative, zumal selbst die Klinikleitung davon ausgeht, dass von den Frauen, die bisher nach Aichach gingen, voraussichtlich nur etwa 60 in Friedberg entbinden werden. „Ich frage mich bloß, wo die anderen mindestens 300 Frauen dann hingehen“, so Habermann.
„Wir brauchen jetzt Ihre Unterstützung“, lautete Habermanns Appell an die Bürger. „Wir brauchen dringend engagierte Hebammen, die in einer neuen, topmodernen Geburtshilfe arbeiten möchten“, so Habermann. Und: „Wir brauchen politischen Nachdruck, endlich an dieses für das flache Land desaströse Finanzierungssystem gerade in der Geburtshilfe heranzugehen.“Er baue auf die Koalitionsvereinbarung und das dabei notwendige Umdenken und Umsteuern wolle die Stadt nachdrücklich unterstützen. Dazu werden voraussichtlich ab nächster Woche Unterschriftenlisten für den Erhalt der Geburtshilfe im Rathaus und im Verwaltungsgebäude I am Tandlmarkt ausliegen. Habermann hofft, dass sich dort nicht nur Aichacher, sondern auch viele Bürger aus den Nachbargemeinden eintragen. Er werde seine Bürgermeisterkollegen im nördlichen Landkreis bitten, diese Aktion auch bei sich zu unterstützen. „Dies als unüberhörbaren Ruf und Willensbekundung aus der Großregion“, so Habermann. Er könne sich vorstellen, dass gerade das Beispiel Aichach – ein neues Haus schließt noch vor der ersten Geburt die topmoderne Geburtshilfestation – als Musterbeispiel für das Versagen eines Systems hergenommen werden könne.
Weitere Schritte könnten folgen, kündigte der Bürgermeister an. Etwa Gespräche mit der Gesundheitsministerin, vernünftige Rahmenbedingungen für Hebammen und Gynäkologen zu schaffen, oder auch ein Vorstoß bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) wegen des für die Geburtshilfe verloren gegangenen Gynäkologensitzes in Aichach – „auch das mit ein Schlüssel für dieses Debakel“, so Habermann. Die Aufrechterhaltung zumindest von geplanten Kaiserschnitten in Aichach ist für Habermann das Signal, „dass die Gynäkologie und Geburtshilfe in Aichach noch am Leben ist.
Der Landrat und der Werkausschuss hätten sich immer für den Erhalt beider Geburtshilfen im Landkreis – Aichach und Friedberg – starkgemacht. Deren Unterstützung war Habermann sich ebenso sicher wie der des Stadtrats. Unterstützung erhofft er sich nun auch von den Bürgern, „damit wir gemeinsam in aller Sachlichkeit, aber auch mit dem notwendigen Nachdruck Flagge zeigen und ein Signal senden, dass wir nicht bereit sind, diesen Wahnsinn hinzunehmen.“