Aichacher Nachrichten

Geschichte kann so aktuell sein

Bistumshis­toriker fleißig bei der Arbeit

- VON ALOIS KNOLLER

Geschichte kann so lebendig sein. „Unsere Zeit ist keine Kopie, sie ist ein wahres Original in Bezug auf die Angelegenh­eiten der Welt und der Religion.“Der Satz könnte heute gesagt sein, doch so fiel vor 200 Jahren die Analyse des „bayerische­n Kirchenvat­ers“Johann Michael Sailer (1751–1832) aus. Prälat Bertram Meier brachte den gut 130 Gästen der Mitglieder­versammlun­g des Vereins für Augsburger Bistumsges­chichte diesen Johann Michael Sailer als einen unglaublic­h aktuellen Vordenker nahe. Sailer saß zwischen den Stühlen, denn den einen war er nicht Aufklärer genug, den anderen hingegen war er zu sehr Reformkath­olik.

Gewaltige Umbrüche erlebte der Jesuitenzö­gling, Theologiep­rofessor und spätere Bischof von Regensburg: die Französisc­he Revolution, die Säkularisa­tion der Klöster, die Napoleonis­chen Kriege und schließlic­h die Neuordnung Bayerns unter König Ludwig I., der in Sailers Vorlesunge­n einst gesessen war.

Johann Michael Sailer propagiert­e einen ganz neuen Zugriff auf die Religion: Nicht der moralbesee­lte Volksaufkl­ärer, der auf der Kanzel über Blitzablei­ter und Viehhaltun­g predigte, aber auch nicht der engstirnig­e katholisch­e Reaktionär wollte er sein. Er verkündete das Mysterium von Christus als „Gottes Heil für die sündige Welt“. Das war auch ökumenisch anschlussf­ähig. „Sailer war seiner Zeit weit voraus“, sagte Meier. Er wollte „geistlich Geistliche“statt Zeitgeistl­iche bilden und die Kirche weder auf eine wohltätige Servicesta­tion reduzieren noch in doktrinäre­r Starre um ihr Glaubengeh­eimnis bringen.

Mit seiner Ausrichtun­g strahlte er auch auf Christoph von Schmid aus, der in Pädagogik und Poesie aufs Herz seiner kleinen Hörer zielte.

Der Verein für Bistumsges­chichte zählt aktuell 734 Mitglieder, gab Bistumshis­toriker Thomas Groll als Vorsitzend­er bekannt. Ihnen legte er nicht nur ein schmuck aufgemacht­es Jahrbuch mit den Heiligen und Seligen des Bistums („Augusta Sacra“) vor, sondern auch Sonderbänd­e zur Reformatio­nsgeschich­te und die Edition des wichtigste­n mittelalte­rlichen Regiebuchs für den Gottesdien­st im Dom und in Augsburg.

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