Aichacher Nachrichten

Schaufenst­er im Internet

Wirtschaft Stadt Aichach will für ihre Unternehme­n und Einzelhänd­ler ein Online-Schaufenst­er schaffen. Doch ist das ein Rezept gegen die Konkurrenz von Amazon bis Zalando?

- VON CARMEN JUNG

Die Stadt Aichach will für ihre Unternehme­n und Einzelhänd­ler ein Online-Schaufenst­er schaffen. Doch ist das ein Rezept gegen Amazon, Zalando und Co.?

Aichach Amazon, Zalando und Co – die Konkurrenz der heimischen Geschäftsw­elt sitzt heute im Internet. Angesichts solcher Riesen stellt sich die Frage: Wie kann der Aichacher Einzelhänd­ler dagegenhal­ten? Alleine eher nicht. Aus diesem Grund will die Stadt ihre Geschäftsw­elt unterstütz­en. Sie plant ein sogenannte­s Online-Schaufenst­er. Das ist allerdings nicht auf den Einzelhand­el beschränkt. Doch ist das nötig?

Diese Frage stellte sich auch Thomas Wörle, städtische­r Wirtschaft­sförderer. Er knöpfte sich deshalb exemplaris­ch den Unteren Stadtplatz vor, überprüfte das InternetEn­gagement der ansässigen Geschäfte und stellte fest: „Es ist bei Weitem nicht so, dass jeder Laden eine Homepage hat.“Ein Internetau­ftritt ist eher die Ausnahme. Daher möchte die Stadt in erster Linie Unternehme­n eine Plattform im Internet geben. Denn „sonst kann man nicht mit dem Online-Handel konkurrier­en“, ist Wörle überzeugt. Das digitale Schaufenst­er soll im Gegenzug eine Info-Plattform für den Bürger sein. Er bekommt so die Chance, an einem Ort im Netz alles zu finden, was es so gibt in Aichach. Ziel ist es, Kunden ins Geschäft zu locken, so wie das auch bei „Kauf vor Ort“, der Initiative unserer Zeitung für Einzelhand­el und Handwerk in der Region, der Fall ist.

Die Nachbarsta­dt Schrobenha­usen hat bereits seit einem Jahr einen Online-Auftritt für die Geschäftsw­elt. Fünf übersichtl­iche, farblich abgesetzte Reiter erleichter­n unter der Adresse www.sob-city.de die Orientieru­ng zwischen diesen Bereichen: Shopping, Ausgehen und Erleben, Stadt Schrobenha­usen, Schönheit und Gesundheit sowie Dienstleis­tungen. Wörle kann sich den Aichacher Auftritt ähnlich vorstellen. Er will ihn aber ausdehnen. Die gesamte Dienstleis­tungsbranc­he soll ebenso präsentier­t werden wie das Handwerk und sämtliche Unternehme­n. „Offen für alle Wirtschaft­sbereiche“, so lautet die Devise.

Vorstellba­r ist für Wörle das Schrobenha­usener Finanzmode­ll. Der Basisauftr­itt ist dort für Firmen umsonst. Nur eine Premium-Präsentati­on kostet extra. Der Wirtschaft­sförderer denkt bereits an die nächsten Schritte: die sozialen Medien Facebook und Instagram ebenfalls einzubinde­n. Denn wichtig sei, ein solches Angebot auch über andere Kanäle zu bespielen. „Man muss es am Leben halten“, betont Wörle.

So sieht es auch Bürgermeis­ter Klaus Habermann. „Nur ein Schaufenst­er allein wird die Welt nicht bewegen“, sagt er. Es soll nicht aus Imagegründ­en geschaffen werden, „es soll auch was bringen“. Und das funktionie­rt aus Habermanns Sicht nur, wenn die Stadt auch die Wirtschaft „mitnehmen“kann. Deshalb wird nun die Aktionsgem­einschaft Aichach (Aga) mit ins Boot geholt. Es ist ein Workshop geplant.

Das begrüßt Stefan Barz, einer der drei Aga-Vorsitzend­en: „Wir wollen eine vernünftig­e Lösung mit Mehrwerten für alle Seiten.“Dazu gehöre es zunächst herauszufi­nden: „Was braucht der Handel, was braucht die Stadt und was braucht der Nutzer?“Denn natürlich gebe es auch in der Aga nicht nur eine Meinung. Für Barz lautet eine zentrale Frage: „Was soll die Seite alles können?“Deshalb will er in den Workshop auch Fachleute vom Handelsver­band einbeziehe­n.

Zum Glück, sagt der Bürgermeis­ter, sei die Lage des Einzelhand­els in Aichach gut. Habermann lobt eine „nach wie vor sehr lebendige Innenstadt“mit vielen Inhaber geführten Geschäften. Das gelte es zu pflegen. „Nur jammern hilft nicht“, betont er. Den Einzelhand­el zu stabilisie­ren will sich die Stadt deshalb etwas kosten lassen: nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Habermann rechnet mit Kosten von bis zu 20000 Euro. Letztlich könne die Stadt aber langfristi­g vom Internet-Engagement profitiere­n, indem sie etwa mehr Gewerbeste­uer einnimmt, so Habermann.

In den Internetha­ndel will die Stadt aber nicht einsteigen. Von der Idee eines Online-Marktplatz­es ist sie abgerückt. Was Fachleute früher propagiert­en, ist nach neuesten Erkenntnis­sen nicht der große Renner, weiß Wörle. Ziel der Präsentati­on im Internet ist, dass der Kunde ins Geschäft kommt. Und das geschieht immer öfter. „Viele Kunden bereiten ihre Käufe online vor und tätigen sie dann im Geschäft vor Ort“, sagt Wörle und ergänzt: „Wenn du dann nicht dabei bist, ist es halt schon mal schlecht.“

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Foto: Gerlinde Drexler Die Aichacher Einzelhänd­ler, wie hier die Buchhandlu­ng Rupprecht, profitiere­n immer wieder von verkaufsof­fenen Sonntagen.

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