Grippeimpfstoff ist knapp
Gesundheit Viele Menschen im Landkreis Aichach-Friedberg wollen sich gegen Influenza impfen lassen. Doch in vielen Arztpraxen und Apotheken ist der Impfstoff schon nicht mehr verfügbar
Wer sich gegen Grippe impfen lassen will, muss sich sputen. Auch im Wittelsbacher Land ist der Impfstoff schon knapp, wie Ärzte und Apotheker sagen.
Aichach-Friedberg Wer noch eine Grippeimpfung will, muss schnell sein. Denn der Impfstoff gegen die Influenza ist in den Arztpraxen und Apotheken im Wittelsbacher Land – wie auch in anderen Regionen Bayerns – sehr knapp geworden. Über die Ursachen sind sich Hausärzte und Apotheker einig: Einerseits wird der Impfstoff nur von wenigen Herstellern produziert. Das erschwere die Produktion und führe zum Engpass.
Andererseits habe auch die Werbung für den Impfstoff durch Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsministerin Melanie Huml dazu beigetragen, dass sich so viele Patienten impfen lassen wollen. Hinzu kommt, dass seit diesem Jahr die gesetzlichen Krankenkassen den Vierfachimpfstoff bezahlen. Bis jetzt war das anders. Kassenpatienten mussten die teurere Vierfachimpfung aus eigener Tasche bezahlen. Die kostengünstigere Dreifachimpfung hatte in der vergangenen Grippesaison jedoch nicht in gleichem Maße vor den grassierenden Influenzatypen geschützt.
Sophia Bayer ist im Ärztehaus Aichach für die Bestellung des Grippeimpfstoffs verantwortlich. Sie sagt: „Es sieht sehr eng aus. Wir haben die letzten fünf Impfstoffe bei den Apotheken bestellt. Danach haben wir nichts mehr.“Insgesamt hatte die Praxis drei Bestellungen angefordert: Die erste erfolgte im September, die zweite kurz darauf Anfang Oktober und die dritte im November. Bei der letzten Bestellung wurde der Vorrat beim Hersteller schon knapp. Bayer macht auch Medienberichte für den knapper werdenden Impfstoff verantwortlich. Die hätten zur Folge, dass sich Patienten vermehrt impfen lassen wollen. „Wir mussten unsere Patienten darauf hinweisen, dass nur noch sehr wenige Impfdosen verfügbar sind“, erzählt Bayer und ergänzt: „Wir reservieren den Impfstoff nicht. Derjenige, der zuerst kommt, erhält die Impfung.“
Aber auch die Kostenübernahme der Vierfachimpfung habe dazu geführt, dass die Anfragen im Vergleich zum Vorjahr mehr wurden. Der Wirkstoff schützt gegen mehr Virentypen und ist daher gefragter bei den Patienten. Die Kalkulation bei der Bestellung erfolgt aber anhand der Zahlen vom Vorjahr. „Wir fragen unsere Patienten im Vorfeld, ob Interesse an einer Impfung besteht.“Daraufhin wird der Grippeschutz bestellt. Allerdings kalkuliere sie eher knapp, sagt Bayer, da der übrig gebliebene Impfstoff sonst weggeworfen werden müsste. Ähn- ergeht es Georg Fläxl, Inhaber der Wittelsbacher Apotheke in Aichach: „An die Arztpraxen können wir schon nicht mehr liefern“, sagt er. Wer zuerst kommt, erhalte den Impfstoff, der nur noch mit Rezept herausgegeben werde. Fläxl kritisiert die Krankenkassen, die mit dem „Kostendumping“den Engpass mitverursacht hätten. „Ich kann aber auch die Aussage der Gesundheitsministerin Huml nicht nachvollziehen, dass es genügend Impfstoff geben soll“, fügt der Apotheker hinzu. Ministerin Huml hatte in einer Pressemitteilung im September dazu aufgerufen, die Grippe-Erkrankung nicht zu unterschätzen. Um die Notwendigkeit zu unterstreichen, impfte die approbierte Ärztin kürzlich Ministerpräsident Markus Söder kurzerhand selbst.
Die Auswirkungen dieses Aufrufs merken auch die Mitarbeiter in der Bärenapotheke in Aichach. Hier ist der Impfstoff seit der letzten Bestellung Mitte November aus, wie eine Apothekerin auf Nachfrage bestätigt: „Wir können niemanden mehr versorgen.“Patienten hätten den Impfstoff schon vor Wochen bestellen müssen, um Ende November noch welchen zu erhalten. Der Hersteller könne inzwischen nicht mehr liefern. Die Herstellung dauere sechs Monate.
Für manche Menschen, etwa ältere Leute oder Kinder, kann eine Grippeimpfung besonders wichtig sein. Kinderarzt Raphael Sturm in Affing muss daher mit Impfanfragen anders umgehen als Hausärzte. Er sagt: „Wir haben noch zwei bis drei Dosen übrig, die wir auch extra einbehalten haben.“Sturm muss seine Patienten priorisieren, da Kinder bis neun Jahre zwei Mal geimpft werden müssen. Aus diesem Grund kalkuliert der Kinderarzt bereits im Herbst, wie viele Eltern für ihre Kinder eine Impfung wünschen. Insgesamt habe Sturm aber wenig Impfungen durchgeführt, wie er sagt: „Rund 50 Kinder haben wir geimpft.“Viele Eltern legen den Fokus auf die Grundimmunisierung, die von der Ständigen Impflich kommission empfohlen wird. Darunter fallen unter anderem Tetanus, Windpocken, Diphtherie und Masern. Der Kinderarzt wünscht sich allerdings, dass die Grippeimpfung für Kinder in die Impfempfehlung aufgenommen wird. Raphael Sturm: „Kinder können als Überträger der Influenzaviren gefährlich für andere Menschen werden.“
In Friedberg sieht es ähnlich aus wie im Landkreisnorden. In der Rosenapotheke gibt es auch schon keinen Impfstoff mehr. Apothekerin Melissa Galayi muss ihre Kunden vertrösten. Sie erklärt: „Wir haben insgesamt 450 Impfdosen bestellt und an Arztpraxen.? weitergegeben.“