Aichacher Nachrichten

Wird das Wohnen in den Ballungsrä­umen noch teurer?

Grundsteue­r Angebliche Pläne des Finanzmini­sters stoßen auf Kritik

- VON MARTIN FERBER

Berlin Gerade einmal zwei Wochen ist es her, dass die Grünen-Finanzmini­sterinnen aus Baden-Württember­g, Schleswig-Holstein und Bremen, Edith Sitzmann, Monika Heinold und Karoline Linnert, einen Brief an Finanzmini­ster Olaf Scholz von der SPD schrieben und wissen wollten, ob es in seinem Hause schon Pläne für eine Reform der Grundsteue­r gebe. Doch auf eine Antwort aus Berlin warteten die drei Ressortkol­leginnen in Stuttgart, Kiel und Bremen nach Informatio­nen unserer Zeitung vergebens.

Den Abgeordnet­en des Bundestags erging es nicht viel besser. Seit dem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts am 10. April, das die Berechnung­sgrundlage der Grundsteue­r als verfassung­swidrig verworfen und vom Gesetzgebe­r umfassende Änderungen verlangt hatte, hüllte sich der SPD-Finanzmini­ster in Schweigen. Sehr zum Ärger der Fachpoliti­ker im Finanzauss­chuss. „Das, was bisher von Scholz gekommen ist, ist an Transparen­z nicht mehr zu unterbiete­n“, höhnt der Grünen-Finanzexpe­rte Stefan Schmidt aus Regensburg, Sprecher für Kommunalfi­nanzen, im Gespräch mit unserer Redaktion. Nur auf ausdrückli­che Nachfrage habe es im Ausschuss Antworten gegeben, doch diese seien stets „sehr oberflächl­ich“ausgefalle­n.

Immerhin, seit Montag wissen die Finanzexpe­rten des Bundestags wie die Finanzmini­ster der Länder, in welche Richtung Scholz denkt. Allerdings erfuhren sie es nicht aus erster Hand von ihm, sondern von der Bild-Zeitung, die unter Berufung auf das Ministeriu­m sein Konzept veröffentl­ichte. Zwar ließ Scholz selber dem Bericht unverzügli­ch ein halbherzig­es Dementi folgen und kritisiert­e, da habe wohl jemand etwas „aufgeschna­ppt“und daraus „voreilige Schlüsse“gezogen, da intern noch über das Vorhaben „intensiv diskutiert“werde. Doch da sich Scholz am Mittwoch mit seinen Ressortkol­legen aus den Ländern treffen will, um über die Reform zu sprechen, dürften die Pläne in seinem Hause bereits weit gediehen sein. Scholz selber zeigte sich zuversicht­lich: „Das kriegen wir hin.“

Nach dem Bericht soll die Grundsteue­r für jede einzelne Wohnung in Deutschlan­d individuel­l berechnet werden. Entscheide­nd für die Berechnung sollen die Fläche und das Alter der Immobilie sowie die Höhe der aktuellen Miete sein. Das würde bedeuten: Je höher die Miete, desto höher auch die Grundsteue­r, die als umlagefähi­ge Kosten von den Mietern zu bezahlen ist. Bei selbst genutzten Häusern oder Wohnungen soll die Höhe der Steuer anhand der Wohngeldta­belle ermittelt werden. In der SPD heißt es, dieses Verfahren wäre zwar aufwendig und komplizier­t, könne aber für mehr Gerechtigk­eit sorgen und zusätzlich­e Anreize für günstigere Mieten schaffen.

Die Opposition­sparteien und der Bund der Steuerzahl­er übten dagegen massive Kritik. Das Berechnung­sverfahren werde „ziemlich komplizier­t“, bemängelte der Grünen-Finanzexpe­rte Stefan Schmidt gegenüber unserer Zeitung. Vor allem führe das Konzept dazu, dass in Ballungsrä­umen, in denen schon jetzt extreme Knappheit an bezahlbare­m Wohnraum herrsche und die Mieten explodiere­n, das Wohnen noch teurer wird. Aus Sicht der Grünen sollte daher der Gesetzgebe­r tätig werden, „dass die Vermieter die Grundsteue­r nicht länger auf die Mieterinne­n und Mieter abwälzen können“.

Auch der stellvertr­etende FDPFraktio­nschef Christian Dürr sagte, das Konzept sei ein „staatliche­r Mietenturb­o“. Scholz schaffe ein „neues Bürokratie­monster“, das Wohnen noch teurer machen könnte, als es ohnehin schon sei.

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Foto: dpa Verwirrung gab es am Montag um Steuerplän­e von Olaf Scholz.

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