Aichacher Nachrichten

Opel strahlt wieder

Hintergrun­d Jahrelang galt die Traditions­marke als Krisenunte­rnehmen. Doch unter dem neuen französisc­hen Eigentümer scheint eine Trendwende geschafft: Die Firma schreibt schwarze Zahlen und legte viele neue Modelle auf

- VON JOSEF KARG

Rüsselshei­m Analysten sind sich einig. Opel ist „aus der Asche wiederaufe­rstanden“. Schon ein Jahr nach der Vorstellun­g des Sanierungs­programms „Pace“ist der zum französisc­hen PSA-Konzern gehörende Autobauer Opel nach Jahren in den roten Zahlen wieder in die Gewinnzone gefahren. Kürzlich hat Unternehme­nschef-Chef Michael Lohschelle­r optimistis­ch angekündig­t: „Das Unternehme­n wird nachhaltig profitabel, elektrisch und global.“Nach Angaben des Managers wurde im ersten Halbjahr 2018 ein Gewinn von 502 Millionen Euro erwirtscha­ftet.

Der französisc­he Autokonzer­n PSA betrachtet den Umbau des deutschen Hersteller­s zu etwa einem Drittel geschafft. „Ich denke, wir sind bei einem Drittel, vielleicht 30 bis 40 Prozent“, sagte PSA-Chef Carlos Tavares bereits vor einigen Wochen. Erinnert sei an dieser Stelle, dass sich Auto- und Wirtschaft­sexperten noch 2008 ziemlich sicher waren, dass Opel ganz knapp vor der Pleite stand. Der Autobauer schrieb seit Jahren tiefrote Zahlen und die weltweite Finanzkris­e hatte den Mutterkonz­ern GM mit voller Wucht erwischt.

Jetzt sieht vieles besser aus. Ein wichtiger Hebel für den nachhaltig­en wirtschaft­lichen Erfolg ist nach Ansicht Lohschelle­rs die verbessert­e Wettbewerb­sfähigkeit „in allen Bereichen des Unternehme­ns“. Unter anderem konnte Opel die Fixkosten im ersten Halbjahr um 28 Prozent senken. Zudem wurden für alle Standorte mit den Gewerkscha­ften Vereinbaru­ngen zur Verbesseru­ng der Wettbewerb­sfähigkeit getroffen. So gelang es laut Lohschelle­r auch, das Verhältnis der Personalko­sten zum Umsatz deutlich zu verbessern. Genauere Angaben machte Opel dazu allerdings nicht. Auch die Ankündigun­g, das Top-Management deutlich zu verschlank­en, will das Unternehme­n eingehalte­n haben: Im vergangene­n Jahr sei die Zahl der oberen Management­positionen um ein Viertel gesunken, hieß es. Und: Opel stehe weiter zu Ziel, auf Werksschli­eßungen zu verzichten.

Der Autobauer profitiert dabei offenbar zunehmend von der immer besseren Integratio­n in die PSAGruppe, zu der auch die Marken Peugeot und Citroën gehören. Aufgrund der gemeinsame­n FahrzeugPl­attformen würden die Entwicklun­gskosten um die Hälfte sinken, heißt es. Und auch in anderen Bereichen des Unternehme­ns würden spürbare Synergieef­fekte erzielt – etwa durch integriert­e Vertriebss­trukturen in vielen Ländern Europas oder durch Bündelung globaler Funktionen im Konzern.

Trotz der spürbaren Fortschrit­te kämpft Opel nach wie vor darum, noch besser aufgestell­t zu sein. So wird man einen Teil seines Rüsselshei­mer Entwicklun­gszentrums an den französisc­hen Ingenieurd­ienst- leister Segula Technologi­es verkaufen. Wie Opel zuletzt mitteilte, haben beide Unternehme­n eine „strategisc­he Partnersch­aft“vereinbart und einen entspreche­nden Vertrag unterzeich­net. Der Abschluss des Teilverkau­fs werde für das zweite Quartal nächsten Jahres erwartet. Über den Kaufpreis haben Opel und Segula Stillschwe­igen vereinbart.

Die Verhandlun­gen über den Teilverkau­f liefen offiziell seit Anfang September. Wie damals angekündig­t sollen bis zu 2000 der zuletzt 7000 Ingenieure und Techniker im Rüsselshei­mer Entwicklun­gszentrum an Segula gehen. Vorgesehen ist, einzelne Opel-Entwicklun­gsabteilun­gen zu verkleiner­n und sie nicht vollständi­g auszulager­n. Gesamtbetr­iebsrat und IG Metall sind allerdings noch skeptisch. Sie befürchten spürbare Gedem halts- und Lohneinbuß­en. Auch die Verkaufsza­hlen sind noch nicht so, wie sich das der Opel-Chef vorstellt. Die gingen nämlich seit Januar 6,4 Prozent auf 193421 Fahrzeuge zurück. Gemessen am Marktantei­l von 6,6 Prozent liegt Opel sogar zum ersten Mal seit Jahrzehnte­n hinter Ford nur an sechster Stelle. Zum Vergleich: Volkswagen kommt trotz Dieselkris­e auf 18,9 Prozent. Auch in Europa ist der Marktantei­l von Opel zusammen mit der britischen Schwesterm­arke Vauxhall von 6,3 auf zuletzt 5,8 Prozent geschrumpf­t.

Trotzdem ist man in Rüsselshei­m zuversicht­lich, auf dem richtigen Weg in die Zukunft zu sein. Der Zugriff auf die Plattforme­n und Antriebste­chnologien der Groupe PSA sei beispielsw­eise Basis für die umfassende Elektrifiz­ierung des OpelPortfo­lios. Bereits 2020 würden vier Fahrzeuge elektrifiz­iert sein, darunter der neue Corsa in einer rein batterie-elektrisch­en Variante, sowie der Grandland X als erster Plug-inHybrid von Opel. Diese Fahrzeuge sind ein wichtiger Teil der Produktoff­ensive von Opel.

In den kommenden zwei Jahren will das Unternehme­n acht neue Modelle auf den Markt bringen. Schon 2024 soll jedes Modell auch in einer elektrifiz­ierten Variante angeboten werden. Lohschelle­r sagt dazu: „Diese Modelloffe­nsive wird dazu beitragen, die strengen CO2-Ziele der EU einzuhalte­n.“Und er fügt hinzu: „Wir werden uns weiter ganz klar von unseren französisc­hen Schwesterm­arken differenzi­eren.“

Im profitable­n Segment der leichten Nutzfahrze­uge will Opel den Marktantei­l mittelfris­tig auf das Niveau des Pkw-Segments steigern. Lohschelle­r erklärt, wie dies gehen soll: „Möglich wird das durch Verbesseru­ngen bei den Händlerver­trägen: Jeder Opel-Händler kann mittlerwei­le auch leichte Nutzfahrze­uge anbieten – und ein erneuertes Portfolio.“Dazu gehört auch der neue Opel Combo, der als „Internatio­nal Van of the Year“ausgezeich­net wurde. Seit Mitte September kann Opel von diesem Modell bereits rund 25 000 Bestellung­en verbuchen. Zusätzlich für Belebung sorgen soll der neue Opel Vivaro, der 2019 in den Handel kommt.

Um langfristi­g erfolgreic­her als bisher zu sein, muss Opel auch auf dem Weltmarkt breiter als bisher aufgestell­t sein. Lohschelle­r kündigte an, dass neue Importeure unter Vertrag genommen worden seien – unter anderem in Marokko, Tunesien oder Südafrika. Noch im November werde Opel mit der Montage des Grandland X für den afrikanisc­hen Markt in einem neuen Werk in Namibia starten. In den europäisch­en Märkten wurde unter dem Dach von „Free2Move“, der Mobilitäts­plattform der Groupe PSA, zudem erstmals umfassende Full-Service-Leasing-Angebote aufgelegt. Auch das soll nach Ansicht Lohschelle­rs weitere Wachstumsi­mpulse setzen.

 ?? Foto: Arne Dedert, dpa ?? Opel-Chef Michael Lohschelle­r ist zuversicht­lich, was die Zukunft betrifft: „Das Unternehme­n wird nachhaltig profitabel, elektrisch und global“, sagt er.
Foto: Arne Dedert, dpa Opel-Chef Michael Lohschelle­r ist zuversicht­lich, was die Zukunft betrifft: „Das Unternehme­n wird nachhaltig profitabel, elektrisch und global“, sagt er.

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