Kein Schüler bleibt auf der Strecke
Bildung Seit zehn Jahren gibt es an Mittelschulen im Landkreis Aichach-Friedberg die Berufsorientierung. Die Fachleute der Jugendhilfe der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) ziehen eine erfolgreiche Bilanz und erklären, warum sie nötig ist
Aichach-Friedberg Welcher Beruf ist der richtige? Oder soll’s wieder auf eine Schule gehen? Der passende Weg nach dem Ende der Mittelschule ist nicht leicht zu finden. Die Jugendlichen im Landkreis erhalten seit zehn Jahren bei dieser Entscheidung besondere Unterstützung. Berufsorientierung heißt das Stichwort. Angeboten wird sie von der Kinder- und Jugendhilfe Wittelsbacher Land der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) Augsburg. Sie macht das im Auftrag der Gemeinden und Schulverbände sowie der Arbeitsagentur. Waren anfangs die Mittelschulen in Sielenbach, Dasing und Hollenbach dabei, so sind im Lauf der Zeit die Mittelschulen Aindling und Pöttmes dazugekommen.
Die KJF spricht in einer Mitteilung von einem überzeugenden Erfolg: Um die 140 Jugendliche beenden jedes Jahr an diesen Mittelschulen ihre Schulzeit und es gelingt, dass so gut wie keiner auf der Strecke bleibt. In jedem Jahr ist für eigentlich alle Abgänger klar, wie es weitergeht: Weit mehr als die Hälfte beginnt eine Ausbildung, andere eine Berufsvorbereitung, eine schulische Ausbildung oder ein Vorpraktikum für einen bestimmten Beruf. Ein paar gehen auf weiterführende Schulen. Genau darum geht es bei der Berufsorientierung: Mittelschüler bei der Berufswahl zu unterstützen und sie so zu begleiten, dass sie sich ernsthaft Gedanken machen, den für sie passenden Beruf wählen und nicht nach wenigen Wochen eine Lehre abbrechen.
Dass das für die Schüler alles andere als einfach ist, findet Jutta Aichmüller, die an der Mittelschule Dasing arbeitet. „In der neunten Klasse ist das eine Wahnsinnsleistung, diese Entscheidungen zu treffen“, sagt die Pädagogin. Und sie räumt auch gleich mit einem aktuellen Vorurteil auf: Nicht jeder Schulabgänger bekomme derzeit automatisch eine Lehrstelle, auch wenn die Wirtschaftslage glänzend ist und manche Betriebe händeringend Lehrlinge suchen. Vielmehr seien die Anforderungen in verschiedenen Berufen deutlich höher als früher, in der Berufsschule werde zunehmend mehr verlangt. „Die Firmen wählen sehr genau aus“, ist ihre Erfahrung. Wenn sie von den Kandidaten nicht wirklich überzeugt seien, nähmen die Firmen lieber gar keinen neuen Lehrling. Zum Start der Berufsorientierung vor zehn Jahren war die Lage am Ausbildungsmarkt in der Region ganz anders: In jedem Jahr blieben etliche Schulabgänger übrig, die nicht wussten, was sie machen sollten oder keine Lehrstelle fanden. Heute ist das anders. „Wir lernen die Schüler drei Jahre lang kennen und können sie dann auch gut beraten“, fasst Gabriele Fendt (Aindling) zusammen. Und zu diesem Rat könne auch gehören, dass nicht alle gleich eine Ausbildung beginnen sollen. Manche sind eben doch noch nicht so weit, können sich nicht so lange konzentrieren, arbeiten nicht so genau wie nötig. Da kann dann eine Berufsvorbereitung der richtige Schritt sein, um die Ausbildungsreife ein Jahr später zu erlangen.
Dass eine Berufsorientierung heute nötig ist, hängt nach Ansicht der Fachleute damit zusammen, dass Eltern heute weniger Zeit hätten, auch seien für die Kinder die Wege in die Berufe ihrer Eltern nicht mehr so vorgezeichnet wie früher, und in den Familien gebe es generell mehr Probleme. Das belaste die jungen Leute. Eva Hofberger (Sielenbach) berichtet aus ihrer Erfahrung: „Früher war Schule Lehranstalt, heute ist Schule manchmal schon Familienersatz.“Da helfen dann die Fachleute der Berufsorientierung mit ihrem Blick von außen: Was kann ein Schüler oder eine Schülerin besonders gut, welche Stärken gilt es zu nutzen, welche Schwachstellen zu fördern? Wichtig sei letztlich auch die Hilfe eines Netzwerks mit Gemeinden, Arbeitsagentur und Betrieben.