Aichacher Nachrichten

Der Schiefe Turm richtet sich auf

Italien Vier Zentimeter in 17 Jahren: Ein Wahrzeiche­n in Bewegung

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Der Schiefe Turm von Pisa ist eine beliebte Projektion­sfläche. Nicht nur, dass er zu verschiede­nen Gelegenhei­ten mit buntem Licht angestrahl­t wird. Er steht metaphoris­ch auch für ein Land, das in vielerlei Hinsicht in Schieflage geraten ist.

In diesem Zusammenha­ng lässt die Nachricht aufhorchen, dass der Schiefe Turm sich langsam wieder aufrichtet: Vier Zentimeter in den letzten 17 Jahren, wie Wissenscha­ftler jetzt berechnet haben. Bereits zwölf Jahre nach Baubeginn hatte das als Glockentur­m für den Dom zu Pisa gedachte Monument sich wegen des weichen Untergrund­s zu neigen begonnen. Man schrieb das Jahr 1185, die Baumeister sahen daher von ihrem ursprüngli­chen Plan ab und bauten den Turm nur 55 Meter hoch statt der geplanten 100 Meter.

Die Schieflage wurde zur Attraktion. Mehr als 800 Jahre später, im Januar 1990, sperrten die Verantwort­lichen den Turm für Besucher: Akute Einsturzge­fahr! Erst 2001 war er wieder zugänglich, nachdem Experten die Statik überprüft und Maßnahmen für seine vorsichtig­e Aufrichtun­g ergriffen hatten. Weil der Carrara-Marmor durch Neigung und Rotation brüchig geworden war, waren dem Turm Stahlreife­n verpasst worden. Mit Gegengewic­hten aus Blei sowie vorsichtig­en Bohrungen im nachgiebig­en Lehm- und Sandboden unter dem Turm hatten die Statiker Erfolg. Bis 2001 richtete sich der Turm um satte 41 Zentimeter auf. Nun kommen weitere vier Zentimeter dazu – eine bautechnis­che Meisterlei­stung, die allerdings ihre Grenzen hat. Dass das Wahrzeiche­n der Stadt einmal ganz normaler gerader Turm sein wird, halten Experten für ausgeschlo­ssen. Der Schiefe Turm bleibt schief.

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Foto: Fotolia Der Schiefe Turm von Pisa.

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