Weihnacht aus tierischer Sicht
Advent Bayerische Weihnacht auf Schloss Schorn läutet stade Zeit ein. Bratäpfel und Glühwein nach musikalischem Genuss
Pöttmes-Schorn Dass Weihnachten nicht immer nur mit rein besinnlichen Texten rund ums Christkind, die Engerl und die Hirten eingeläutet werden muss, davon zeugte die Textauswahl, die Schauspieler Matthias Klösel in Schorn (Markt Pöttmes) zusammengestellt hatte. Die traditionelle Bayerische Weihnacht im heimeligen Salon von Baron Richard von Herman und seiner Gattin Ludwiga belebten in diesem Jahr ganz unterschiedliche Autoren, deren individuelle Sicht auf das große Ereignis anrührte, amüsierte und zum Nachdenken brachte.
Die musikalisch besinnliche Konstante leistete die aus dem Chiemgau angereiste Söllnerbergmusi. Mit Flöten, Gitarre und Zither zauberte die fünfköpfige Damenriege die passende Stimmung in den Salon, in dem die Lichtlein um ein Knusperhäuschen flackerten. Die Stubenmusi ist fest in der Hand von zwei Familien. Margit Wolfgruber spielt Flöte an der Seite ihrer zwölf- und 14-jährigen Töchter Maria und Theresa, Angelika Obinger und ihre 16-jährige Tochter Patricia Hunglinger sitzen an der Zither. Seit 2014 unterhalten die bei Traunstein beheimateten Musikerinnen mit bayerischen Volksmusikweisen. Sie sind gefragte Unterhalterinnen bei geselligen Feiern, kirchlichen Festen und Gottesdiensten.
Matthias Klösel war auf der Textsuche bei Bert Brecht, Loriot, Josef von Eichendorff, Heinrich Waggerl, Erich Kästner, Christian Morgenstern und Axel Hacke fündig geworden. Deren sehr unterschiedliche Sicht auf das große Ereignis, die wechselnden Perspektiven, samt der jeweils im Raum stehenden Lehren und Erkenntnisse, trug der Schauspieler mit der nötigen Eloquenz vor. Ein störrischer Esel, der gehörig über die schwere Last murrt, kommt genauso in den Genuss der göttlichen Wunderkraft wie der Räuber Horrificus, der dank Marias freundlicher Engelsgeduld zum friedvollen Mitmenschen mutiert. Ein Floh im Ohr des Christkindes zaubert ein Lächeln auf dessen Gesicht, bevor er beherzt den Absprung auf Josefs Glatze schafft. Gar nicht lieblich-weihnachtlich gestimmt ist Loriots Geschichte um die rabiate Försterfrau, während Bert Brecht dem göttlichen Wunder im Arbeitermilieu eine andersgeartete Dimension gibt. Erich Kästner schreibt für die, die nicht beschert werden, Axel Hacke ironisiert das jährliche Geschenke-Drama-Dilemma des konsumgebeutelten Familienvaters. Die Mischung gefiel, die Stubenmusi gab eine Zugabe.
Auf den musikalischen Genuss folgte ein genüssliches Beisammensein rund um Bratäpfel und Glühwein. Das erste Türchen im Schorner Adventskalender ist geöffnet.