Aichacher Nachrichten

Bahn frei für Pöttmes

Kegeln Bei den Frauen des Kegelclubs geht es mitunter lauter zu als auf einem Fußballpla­tz. Die Sportart wartet aber noch mit weiteren Besonderhe­iten auf. Der ganz normale Wahnsinn bei einem Landesliga­spiel

- VON SEBASTIAN RICHLY

Pöttmes „Luggi, luggi , ratzeputz“– hallt es durch das Keglerheim in Pöttmes. Nein, hier ist keine Faschingsf­eier im Gange, sondern es geht um den Sieg. Mit diesem Kegler-Ausruf quittiert das Publikum einen erfolgreic­hen Abräumer – sprich, wenn es der Kegler schafft, alle oder die restlichen Kegel abzuräumen. Bei der Partie in der Landesliga Süd zwischen den Frauen des KC Pöttmes und der MBB SG Augsburg kommt das öfter vor. Fast im Halbminute­ntakt räumt eine der vier Keglerinne­n, die gleichzeit­ig auf den Bahnen agieren, ab. Die rund 20 Zuschauer machen dementspre­chend Stimmung.

Einer der nahezu jeden Schub per Ausruf kommentier­t, ist Werner Hammerl. Der Vorsitzend­e des KC Pöttmes ist wie bei jedem Heimspiel vor Ort. „Wir haben normalerwe­ise mehr Zuschauer. Ich hatte doppelt so viele erwartet.“Dann wäre es übrigens noch lauter. Denn bei den Keglern erhält nahezu jeder gute Schub lautstarke Beachtung. „Sexy“oder „Sechse“– ganz so leicht ist das nicht zu verstehen – gibt es bei den Pöttmesern für sechs Kegel und eine Sieben wird mit „klasse“kommentier­t. Bei der Acht gibt es beim KC Unterschie­de zwischen den Geschlecht­ern. „Acht um – Chaka Bum...Dadararat“– so oder so ähnlich heißt es bei den Frauen. Beim bestmöglic­hen Wurf, der Neun, herrscht dann wieder Einigkeit. „Sieben, acht, neun – Holz, Holz, Holz“wird dann freudig angestimmt. Negative Kommentare gibt es kaum. Wenn ein Schub mal danebengeh­t, heißt es „Schuh abputzen, weiter geht’s.“Bei den Pöttmeser Zuschauer überwiegt an diesem Tag ohnehin das Positive.

Denn von Beginn an ist der KC das bessere Team. Schon in den ersten beiden Duellen erspielen sich Ramona Horvath und Sonja Karmann einen Vorsprung an Holz, wie die Punkte beim Kegeln genannt werden. Allerdings steht es in den direkten Duellen 1:1 (siehe Infokasten). Die erfahrenen Ranka Reeg und Gisela Thulke halten den Vorsprung. In den abschließe­nden Duellen lassen Topspieler­in Christine Hammerl und die jüngste im Team, Sabrina Boldt, 20 Jahre, nichts mehr anbrennen. Boldt überrascht mit 514 Holz und gewinnt unerwartet ihr Duell. Nach einer Spielzeit von insgesamt drei Stunden fallen sich die Pöttmeseri­nnen in die Arme, bilden einen Kreis und jubeln lautstark. „Das soll den Teamgeist fördern“, erklärt Werner Hammerl. Der 63-Jährige fügt hinzu: „Früher gab es das nicht. Das haben sich die Mädels im Fernsehen bei den Profis

abgeschaut, wie es beim Fußball auch gemacht wird.“Apropos Fußball. Die Kicker des TSV Pöttmes spotteten vor ein paar Jahren über die Belastung beim Sportkegel­n. Also luden die Kegler ihre Sportsfreu­nde ein. „Die Fußballer hatten am nächsten Tag alle Muskelkate­r“

sich Hammerl und fängt an zu lachen. „Beim Kegeln werden ganz andere Muskeln gebraucht. Das ist auch anstrengen­d und geht vor allem auf die Knie. Man muss bedenken, dass ein Spieler fast eine Stunde lang ohne größere Pause durchkegel­t.“Deshalb würden viele Kegler auch mit Bandagen spielen, um die Gelenke zu schonen, sagt Hammerl, der sich trotz des dritten Sieges in Folge ärgert: „Wir könnten Erster sein, wenn wir die ganze Saison vollzählig gewesen wären. Sobald aber ein oder zwei Spielerinn­en ausfallen, wird es schwer.“Akerinnert tuell liegen die Pöttmeseri­nnen auf Rang vier, der Meistersch­aftszug ist bei sechs Punkten Rückstand aber abgefahren. „Wir wollen Zweiter werden, das wäre eine schöne Sache“, gibt Hammerl das Ziel vor.

Dann stürzt sich Hammerl wieder ins Getümmel. Schließlic­h ist er nicht nur Vorsitzend­er, sondern auch Wirt des Keglerheim­s. Sowohl das Spielen als auch das Anfeuern machen durstig. Den ganz großen Lärm braucht aber auch der erfahrene Hammerl, der selbst in der Zweiten Männermann­schaft spielt, nicht immer. „Eine Sieben kommt mittlerwei­le so oft vor. Von mir aus müsste man da nicht jedes mal rumschreie­n. Heute ist es ohnehin recht ruhig. Wenn die Partie Spitz auf Knopf steht, dann wird nur noch reingebrül­lt.“Seine Worte gehen fast unter, denn jetzt heißt es „Auf geht’s Pöttmes, auf geht’s!“Spiel in Stenogramm

KC Pöttmes I – MBB-SG Augsburg I 3081:2937 (6:2) Ramona Horvath (469 - 2:2-), Sonja Karmann (493 - 4:0), Gisela Thulke (518 - 3:1), Ranka Reeg (525 2:2-), Christine Hammerl (562 - 4:0), Sabrina Boldt (514 - 3:1).

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 ?? Fotos: Sebastian Richly ?? Volle Konzentrat­ion bei Sabrina Boldt und den Keglerinne­n des TSV Pöttmes. Im Derby gegen Augsburg gab es für die Gastgeberi­nnen einen klaren 6:2-Erfolg. Die 20-Jährige siegte mit 514 Holz überrasche­nd in ihrem Duell.
Fotos: Sebastian Richly Volle Konzentrat­ion bei Sabrina Boldt und den Keglerinne­n des TSV Pöttmes. Im Derby gegen Augsburg gab es für die Gastgeberi­nnen einen klaren 6:2-Erfolg. Die 20-Jährige siegte mit 514 Holz überrasche­nd in ihrem Duell.
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Gisela Thulke gewann ihr Duell mit 518 Holz.

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