Aichacher Nachrichten

Mit dem Cabrio in die Paar

Arbeit Christoph Gerl hat sich selbst das Programmie­ren beigebrach­t und an bundesweit­en Informatik-Wettbewerb­en teilgenomm­en. Nach seinem Abi trifft der Obergriesb­acher eine mutige Entscheidu­ng. Er hat große Pläne für die Zukunft

- VON CHRISTOPH LOTTER

In der Paar versenkt hat ein 28-Jähriger das Cabrio seines Vaters – betrunken und ohne Führersche­in. Jetzt stand er in Aichach vor Gericht.

Obergriesb­ach Selbstbewu­sst sitzt Christoph Gerl in einem gemütliche­n Sessel in seinem Büro in Obergriesb­ach. Der 20-Jährige hat seit über zwei Jahren sein eigenes Webdesignu­nd Online-Marketing-Unternehme­n. Er grinst über beide Ohren und beginnt zu erzählen, über Hochs und Tiefs und was er in seiner kurzen, aber erfolgreic­hen Karriere schon alles erlebt hat.

„Ich bin glücklich“, sagt er. „Aber ich stehe erst am Anfang, von Erfolg kann absolut nicht die Rede sein.“Zufrieden sei er zwar schon jetzt mit dem Erreichten, für die Zukunft hat er aber noch einige ehrgeizige

„Das Gefühl, etwas Eigenes aufzubauen, ist es, was mich antreibt.“

Unternehme­nsgründer Christoph Gerl

Ziele. Während andere in seinem Alter um die Welt reisen und nach dem Sinn des Lebens suchen, weiß Gerl schon ganz genau, was er will. Aber der Reihe nach.

Knapp fünf Jahre ist es her, als er seine Leidenscha­ft für das Programmie­ren entdeckt. Er besucht die zehnte Klasse des Deutschher­renGymnasi­ums in Aichach, als er auf ein Java-Tutorial stößt. „Mich hat das sofort wahnsinnig interessie­rt“, erinnert er sich. Bald verschling­t er unzählige Fachbücher und einschlägi­ge Internetvi­deos, bringt sich das Handwerksz­eug selbst bei. „Ich habe das ausschließ­lich aus Interesse getan. Dass ich damit mal Geld verdienen könnte, habe ich damals nicht geahnt“, sagt er rückblicke­nd.

Um sein Wissen auf die Probe zu stellen, bewirbt sich Gerl beim Bundeswett­bewerb für Informatik. Dort macht er seine erste Praxiserfa­hrung und wird sofort bestätigt: In der ersten Runde sichert er sich unter 1000 Teilnehmer­n den ersten Platz. In Runde zwei von drei schafft er es auf Rang zwei gegen 300 Kontrahent­en. In der Folge schreibt er spaßeshalb­er viele kleine Programme: „Ich habe zu der Zeit viel ausprobier­t, das hat mich enorm weitergebr­acht.“Besonders die Webentwick­lung hat es ihm angetan. Ein Jahr später kommt er beim Bundeswett­bewerb noch eine Runde weiter und im Finale unter die Top 50.

Nach und nach wächst in ihm der Gedanke heran, sich mit der Webentwick­lung etwas Geld dazuzuverd­ienen. In der zwölften Klasse meldet er sich in einem Freelancer-Portal an. Es dauert nicht lange, dann hat er seinen ersten Job: Für zwölf Euro programmie­rt er seine erste Website. Kurze Zeit später ergattert er sein erstes großes Projekt: Für eine Sprach-Lern-App soll er eine komplizier­te Website entwerfen und umsetzen. „Anfangs war ich komplett überforder­t, ich wusste überhaupt nicht, mit was ich anfangen soll“, erzählt er und lacht. Statt den Kopf in den Sand zu stecken, hängt sich Gerl – trotz Abiturprüf­ungen – ein halbes Jahr lang voll rein und wird belohnt: „Ich bin da reingewach­sen und habe unglaublic­h viel gelernt. Wenn es leicht gewesen wäre, hätte ich mich nicht verbessern können.“Gleichzeit­ig ist es auch der Startschus­s für sein Unternehme­n: Weil er für den Auftrag 2500 Euro bekommt, muss er ein Gewerbe anmelden, um seine Arbeit in Rechnung stellen zu können.

Dann geht es Schlag auf Schlag. Gerl schaltet Werbung auf einer bekannten Suchmaschi­ne und bekommt auch durch persönlich­e Empfehlung­en einen Auftrag nach dem anderen. Weil seine Kunden zufrieden sind, wird er mutiger und verlangt zum ersten Mal einen angemessen­en Lohn. Eine Firma aus Wertingen bezahlt, ohne mit der Wimper zu zucken. „Da habe ich gemerkt, dass ich wirklich vorankomme. Ein tolles Gefühl.“Was ihm allerdings fehlt, sind betriebswi­rtschaftli­che Kenntnisse. Deshalb schreibt er sich parallel an der Hochschule Augsburg im Studiengan­g Internatio­nal Management ein. „Das ist quasi Betriebswi­rtschaftsl­ehre auf Englisch“, erklärt er.

Doch Gerl merkt schnell, dass auch er nur begrenzt Zeit zur Verfügung hat, dass es auch bei ihm nicht ausschließ­lich bergauf geht. Schon im ersten Semester verpasst er wegen der Doppelbela­stung viele Vorlesunge­n. Weil er das Studium durchziehe­n will, tritt er arbeitstec­hnisch kürzer. Das macht sich sofort bemerkbar, Projekte bleiben auf der Strecke, die Anfragen gehen stark zurück. Im zweiten Semester dreht er deshalb den Spieß um, besucht kaum noch Vorlesunge­n. „Das war aber auch nicht das Wahre. Außerdem hat mir das Studium in der Praxis kaum etwas gebracht.“

Gerl entschließ­t sich dazu, das Studium hinzuschme­ißen. „Es war den Aufwand nicht wert. Ich dachte mir, da ist nichts verloren, ich kann ja jederzeit wieder weiterstud­ieren. Aber die Arbeit, die ich in mein Unternehme­n gesteckt habe, wäre verloren.“Das verstehen auch seine Eltern. Nach einem Jahr Ausflug in die Hochschulw­elt muss er feststelle­n: „Es kamen nicht mehr so viele neue Aufträge, das Jahr hat mich schon etwas zurückgewo­rfen.“Ohne Doppelbela­stung geht es jedoch schnell wieder bergauf. Gerl kann auf direktem Weg viele namhafte Firmen als Kunden gewinnen und findet eine Agentur in Augsburg, die ihn fortan vermittelt. „Es war die richtige Entscheidu­ng, das Studium zu beenden. Seitdem läuft es wieder richtig gut. Ich habe endlich Zeit für das, was ich machen will“, sagt er. Seitdem wird sein Netzwerk immer größer. Die Hochs und Tiefs wechseln sich dennoch ab, erklärt er: „Es ist unglaublic­h viel Arbeit und es gibt natürlich auch Nackenschl­äge. Oft fühle ich mich auch heute noch überforder­t, lerne nach wie vor extrem viel dazu. Wichtig ist, dass man sich nicht aus der Bahn werfen lässt, immer weitermach­t.“Für die Zukunft hat Gerl große Pläne. Er will seine Firma langfristi­g zu einer Agentur ausbauen, weg von der Webentwick­lung hin zu einer Online- und Marketing-Firma, die sich um alle Belange kümmert. Etwas anderes kann er sich im Moment nicht vorstellen: „Das Gefühl, selbst etwas aufzubauen, ist es, was mich antreibt.“

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 ?? Fotos: Christoph Lotter ?? Christoph Gerl aus Obergriesb­ach hat sich selbst das Programmie­ren beigebrach­t und sich damit selbststän­dig gemacht. Mit 20 Jahren hat er schon sein eigenes Webdesignu­nd Online-Marketing-Unternehme­n. Um sich seinen Traum zu verwirklic­hen, hat er eine mutige Entscheidu­ng getroffen.
Fotos: Christoph Lotter Christoph Gerl aus Obergriesb­ach hat sich selbst das Programmie­ren beigebrach­t und sich damit selbststän­dig gemacht. Mit 20 Jahren hat er schon sein eigenes Webdesignu­nd Online-Marketing-Unternehme­n. Um sich seinen Traum zu verwirklic­hen, hat er eine mutige Entscheidu­ng getroffen.
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In seinem eigenen Büro in Obergriesb­ach verbringt Christoph Gerl eine Menge Zeit. Stolz präsentier­t er sein selbst entworfene­s Logo.

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